Wasser im Fünfseenland:Ein kostbares Gut

Obwohl der Verbrauch sinkt, ruft der Chef des Versorgers AWA-Ammersee zum sparsamen Umgang auf. Haushalte sollten etwa mehr Regentonnen zum Gießen nutzen - denn die Trockenperioden häufen sich

Interview von Christine Setzwein, Herrsching

Im Durchschnitt 125 Liter Wasser verbraucht jeder Deutsche pro Tag. Nur etwa fünf Liter davon werden zum Trinken und Kochen verwendet. Dass Wasser bei uns knapp werden könnte, ist momentan nicht zu befürchten. Trotzdem kommt so mancher ins Grübeln ob der sich häufenden Trockenperioden. Hermann Doblinger, 59, beschäftigt sich seit 1996 mit dem Thema Wasser. 2001 wurde er Geschäftsführer des Zweckverbands zur Abwasserbeseitigung Ammersee-Ost, der 2006 in das gemeinsame Kommunalunternehmen Wasser- und Abwasserbetriebe AWA-Ammersee umgewandelt wurde. Seitdem ist Doblinger Vorstand. Ein Gespräch über das kostbare Gut Wasser im Fünfseenland.

SZ: Die AWA hat 2018 gut verdient mit dem trockenen Sommer. Die Einnahmen aus dem Wasserverbrauch sind gestiegen. Eigentlich könnten Sie sich freuen, wenn die Kunden mehr Wasser verbrauchen. Oder?

Hermann Doblinger: Als kommunaler Wasserversorger arbeiten wir kostendeckend und nicht gewinnorientiert. Im Vorjahr hatten wir eine Kostenunterdeckung, in diesem Jahr eine Überdeckung, Ziel ist und bleibt eine sogenannte schwarze Null - auch um den Bürgern weiterhin niedrige Gebühren bieten zu können.

Das ist die wirtschaftliche Seite...

... die andere ist die ökologische Sicht: Je mehr Wasser verbraucht wird, desto mehr müssen wir pumpen und anschließend in der Kläranlage entsorgen. Das kostet viel Energie. Auch darum ist ein geringer Verbrauch anzustreben.

Wie hoch ist der Wasserverbrauch im AWA-Gebiet? Und wie ist die Entwicklung?

Im Jahr 2018 wurden etwa 2,35 Millionen Kubikmeter Wasser an die AWA-Mitgliedsgemeinden Andechs, Herrsching, Inning, Pähl, Seefeld und Wörthsee geliefert und abgerechnet. Tendenziell sinkt der Wasserverbrauch pro Einwohner geringfügig.

Trinkwasser

Leitungswasser als Durstlöscher wird immer beliebter. Und kann im Fünfseenland bedenkenlos getrunken werden.

(Foto: Oliver Berg/dpa)

Wie das? Der Landkreis Starnberg ist doch immer noch Zuzugsgebiet.

Das liegt zum großen Teil an den Gewerbebetrieben. Sie sorgen schon aus Kostengründen dafür, dass in ihren Unternehmen weniger Wasser verbraucht wird. Und auch beim Bürger steigt das Gefühl für die Wertigkeit von Trinkwasser. Wir raten den AWA-Kunden einen sorgsamen Umgang mit dem kostbaren Gut Trinkwasser. Tipps zum Wassersparen geben wir unter anderem auch auf unseren Internetseiten.

Ist eigentlich bekannt, wie hoch das Grundwasservorkommen im AWA-Land ist?

Nein, eine derartige Kennzahl gibt es bisher nicht. Zudem ist nicht das gesamte Grundwasservorkommen als Trinkwasser verwendbar, denn Trinkwasser muss durch ausgewiesene Wasserschutzgebiete dauerhaft geschützt werden. Aber neue Wassergewinnungsbetriebe auszuweisen, ist im Landkreis Starnberg fast nicht mehr möglich. Es gibt zu viele konkurrierende Nutzungen wie Gewerbe, Verkehr, Landwirtschaft, Siedlungen oder Kiesabbau.

Man spricht von "Wasserstress", wenn mehr als 20 Prozent des verfügbaren Trinkwassers entnommen werden. Wie sieht es im Fünfseenland aus?

Das Wasserdargebot, wie wir es nennen, ist aus heutiger Sicht ausreichend. Die Brunnen werden so betrieben, dass sie keinem Wasserstress ausgesetzt sind. So fördert man immer nur einen Teil der zur Verfügung stehenden Menge. Darüber hinaus sind die AWA-Ammersee mit ihren gemeindlichen Brunnen in Verbindung mit den Gewinnungsgebieten der "Wassergewinnung Vierseenland" gut aufgestellt, um auch künftig die Trinkwasserversorgung sicherzustellen. Hier zeigt sich schon jetzt der Vorteil und die Erfordernis von interkommunaler Zusammenarbeit.

Herrsching AWA Vorstand Hermann Doblinger

Für Hermann Doblinger, Vorstand der AWA-Ammersee, ist der Schutz des Trinkwassers die wichtigste Aufgabe.

(Foto: Nila Thiel)

Was ein trockener Sommer ausmacht, war im vergangenen Jahr zu erleben. In Starnberg sind wassergekühlte Klimaanlagen ausgefallen, weil der Grundwasserspiegel so niedrig war. Müssen wir uns in Zukunft öfter auf solche Phänomene einstellen?

Wir können es zumindest nicht ausschließen. Niedrigwasserperioden kommen in immer kürzeren Abständen. 1976 zum Beispiel war eine solche Periode, die nächste folgte 2003, dann 2011, 2015 und 2018.

Das Fünfseenland hat einige Golfplätze, es gibt große Gärten, die gegossen werden wollen, die Versiegelung wächst. Aber das Wasser kommt ja zuverlässig aus der Leitung ...

Wir brauchen Grünflächen für die sogenannte Wasserneubildungsrate, versiegelte Flächen sind kontraproduktiv.

Damit meinen Sie aber nicht die Golfplätze?

Nein. Ich meine Wiesen, auf denen das Wasser versickern kann. Aber die werden auch immer weniger.

Trockenheit könnte irgendwann auch den Landwirten zu schaffen machen. Es könnte zu einem Konflikt kommen zwischen Landwirtschaft, Verbrauchern und Natur. Gibt es dazu schon Überlegungen bei den Wasserversorgern?

Statistisch wird bislang in Bayern rund ein Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche bewässert, im gesamten Bundesgebiet sind es etwa drei Prozent. Eine Bewässerung von landwirtschaftlich genutzten Flächen im größeren Umfang ist jedenfalls nicht durch die öffentliche Wasserversorgung zu leisten.

AWA-Ammersee

150 Quadratkilometer groß ist das Verbandsgebiet der Wasser- und Abwasserbetriebe AWA-Ammersee. Etwa 35 000 Menschen leben in den sieben Mitgliedsgemeinden mit ihren 32 Ortsteilen. Das Trinkwasserleitungsnetz ist insgesamt 467 Kilometer lang. Dazu kommen sieben Brunnen, eine Quelle, fünf Hochbehälter und vier Druckerhöhungsanlagen, für die die AWA zuständig und verantwortlich ist. Durch ein 260 Kilometer langes Schmutzwasserkanalnetz befördern 19 Groß- und viele Kleinpumpanlagen jährlich mehr als 3,5 Millionen Kubikmeter Abwasser in die Kläranlage in Eching, die zusammen mit dem Zweckverband zur Abwasserbeseitigung Ammersee-West betrieben wird. Das "Wasserhaus", die energetisch sanierte Geschäftsstelle der AWA, steht in Herrsching. Seit 2014 bildet die AWA aus. csn

Es hat den Anschein, als ob Regenwasser immer noch zu wenig genutzt wird. Was kann die AWA tun?

Ja es stimmt, Regenwasser wird noch immer zu wenig genutzt. Wir als AWA empfehlen schon seit Langem unseren Kunden den Bau von Regenwasserzisternen oder zumindest die Nutzung von Regenwassertonnen zur Gartenbewässerung. Das ist ein großes Anliegen von uns und sollte zum Selbstverständnis werden bei Neubauvorhaben. Warum kostbares Trinkwasser zum Gießen nutzen, wenn ich das Regenwasser nutzen kann?

Trockenheit ist das eine, Starkregen das andere. Immer öfter sind ganze Straßen und zahlreiche Keller überflutet. Haben Sie dafür eine Lösung?

Man muss zwischen Sturzfluten und Starkregenereignissen unterscheiden. Für Sturzfluten muss ein Sturzflutmanagement erstellt werden. Diese Konzepte werden aktuell vom bayerischen Umweltministerium gefördert. Für intensive Niederschläge muss das Regenwasserkanalnetz angepasst werden; immer mehr versiegelte Flächen verstärken die Problematik. Bei der Optimierung der Regenwasserkanalnetze werden die AWA ihre Mitgliedsgemeinden voraussichtlich unterstützen.

Heißt?

Dass wir voraussichtlich die Regenwasserkanalnetze übernehmen werden. Absichtserklärungen der Kommunen gibt es schon.

Was sind die größten Gefahren fürs Trinkwasser?

Da gibt es viele. Motoröl auf den Straßen zum Beispiel, Lecks in Tanks oder undichte Kanäle, Nitrate aus Dünger oder Gülle, Pflanzenschutzmittel, illegale Müllbeseitigung, Rauch und Abgase aus Heizungen, die sich in Luft und Wolken anreichern und mit den Niederschlägen in den Boden gelangen, ausufernde Ausweisung von Baugebieten, Kiesabbau und Intensivlandwirtschaft. Wobei ich ausdrücklich darauf hinweisen will, dass wir hier mit der bäuerlichen Landwirtschaft sehr konstruktiv und erfolgreich zusammenarbeiten. Die regelmäßig durchgeführten Wasseruntersuchungen belegen das. Wir verfügen über Trinkwasser in ausgezeichneter Qualität, es bedarf keiner Aufarbeitung. Was wir hier haben, ist ein Geschenk des Himmels.

Was ist zu tun, damit es so bleibt?

Jeder einzelne kann durch Reduzierung von Umweltbelastung zum Schutz des Grundwassers beitragen. Die AWA werden den eingeschlagenen Weg zum Schutz des Grundwassers in den Wassergewinnungsgebiete weiter intensivieren. Die AWA-Verwaltungsräte haben schon 2009 den Schutz der Biodiversität als Ziel beschlossen. Nur eine intakte Umwelt sichert ein sauberes Trinkwasser.

Wenn Sie in die Zukunft des Fünfseenlands schauen: mit Sorgenfalten oder gelassener Miene?

Wir sind zuversichtlich bei den Themen, die wir selbst gestalten und beeinflussen können, sehen uns aber auch als Leidtragende der zunehmenden Umweltbelastungen und des Klimawandels.

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