Bundestagswahl:Warum die Wahlbeteiligung rund um München so hoch ist

Bundestagswahl Wahlkabine Herrsching

Die Landkreise rund um München verzeichnen Rekord-Wahlbeteiligungen.

(Foto: Nila Thiel)

Die Wahlkreise München-Land und Starnberg-Landsberg rangieren mit fast 85 Prozent bundesweit an der Spitze. Das hat laut Experten mit der besonderen Zusammensetzung der Bevölkerung zu tun.

Von Sabine Bader

Die Bürger im Wahlkreis wollen mitreden und sie wollen auch mitentscheiden. 84,3 Prozent der Wahlberechtigten haben bei der Bundestagswahl von ihrem Stimmrecht gebraucht gemacht. Damit liegt der Wahlkreis Starnberg, Landsberg, Germering im bundesweiten Vergleich an dritter Stelle - gleich hinter den Wahlkreisen München-Land mit 84,8 und Köln II mit 84,5 Prozent. Vor vier Jahren machten rund um Starnberg noch 82,9 Prozent der Wahlberechtigten ihr Kreuzchen.

"Ja, auf seine Wahlbeteiligung kann der Wahlkreis tatsächlich stolz sein", findet auch die Direktorin der Akademie für Politische Bildung in Tutzing, Ursula Münch. Für die Politikwissenschaftsprofessorin zeigt dies das große Interesse, aber auch das verantwortungsvolle Verhalten der Bürger. "Offenbar wurde die allseits verbreitete und richtige Botschaft verstanden, dass Wählen eine zumutbare Form der Partizipation ist", sagt sie. Und erfreulich findet sie es auch, dass insgesamt "die breite politische Mitte gestärkt worden ist und die extremen Ränder nicht auf Anklang stoßen".

Für Münch ist klar, dass sich hinter dem Andrang an den Urnen die Erkenntnis aus der Wahlforschung verbirgt, dass "bildungsmäßig und materiell besser gestellte Schichten" eher zur Wahl gehen als sozial Schwächere. Das gelte auch für die Beteiligung an der Politik überhaupt. "Von diesen ressourcenstarken Bürgerinnen und Bürgern gibt es im Wahlkreis überdurchschnittlich viele."

Bundestagswahl: Professorin Ursula Münch leitet die Akademie für Politische Bildung in Tutzing.

Professorin Ursula Münch leitet die Akademie für Politische Bildung in Tutzing.

(Foto: privat)

Das überdurchschnittliche Plus der Grünen um fünf Punkte auf 18,1 Prozent bei den Zweitstimmen führt Münch auf das besonders hohe Interesse an grünen Themen zurück. Dies habe sich schon beim Volksbegehren "Artenvielfalt - Rettet die Bienen!" gezeigt. Hinzu kommt nach ihrem Dafürhalten, dass die Grünen aus den gleichen Gründen profitieren, die auch die Wahlbeteiligung steigen lassen. "Sie sind nach wie vor keine Volkspartei, sondern kommen vor allem bei formal höher Gebildeten und besser Verdienenden an", meint die Politologin. Und von dieser Gruppe gebe es im Wahlkreis eben mehr.

Angetan von der außergewöhnlich hohen Wahlbeteiligung in Starnberg und im Wahlkreis München-Land ist auch der Direktor des Centrums für angewandte Politikforschung der Ludwig-Maximilians-Universität in München, Werner Weidenfeld. "Das ist ein positives Zeichen", findet er. "Offenbar ist den Leuten die Alternative deutlich geworden. Man wendet sich nicht ab, sondern will die Zukunft liebens- und lebenswürdig halten." Mit einen Grund dafür sieht Weidenfeld in der wachsenden Zukunftsangst. Sobald der Wahlkampf Hinweise auf Problemlösungen in dieser Hinsicht biete, gingen die Leute auch zur Wahl und wollten so dazu beitragen, dass ihre Zukunftsangst geringer werde.

Und bezogen auf die Altersstruktur im Raum Starnberg sagt der Professor: "Gerade ältere Menschen sind besonders besorgt, weil sie ein Gespür dafür haben, was alles verloren gehen kann." Der Wahlkreis sei in "vielen Komponenten in einem besonders guten Zustand, somit hätten die Leute hier auch besonders viel zu verlieren". Unter besonders "gutem Zustand" versteht Weidenfeld nicht nur die schöne Landschaft, sondern auch die ökonomischen Verhältnisse. "Und das will man nicht verlieren." Weidenfeld lebt in Neuried, kennt den Starnberger See sehr gut und ist Stammgast im Midgardhaus in Tutzing. Dort schätzt er, wie er sagt, besonders die Kombination aus guter Küche und malerischem Ambiente.

Auf der anderen Seeseite, in Berg, lebt der Politologe, Publizist und SPD-Stratege Johano Strasser. Er freut sich über das gute Abschneiden seiner Partei bei der Bundestagswahl. Aber es bereitet ihm auch Sorge, dass die Sozialdemokraten mit den Grünen und der FDP gleich zwei Koalitionspartner benötigen. "Und die FDP wird ihre Schlüsselrolle gnadenlos ausnutzen", davon ist er überzeugt. An die Wiederauflage der Großen Koalition glaubt Strasser nicht: "Sie wird es nicht geben. Das wäre auch blöd." Strasser kennt Olaf Scholz noch aus den Anfangsjahren beider in der Partei. Damals sei man sich inhaltlich nicht immer einig gewesen, heute sei man aber "auf relativ freundlichem Fuß".

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