Lindenallee in Seeshaupt:Wie der ´fünfte Beatle` Bäume retten will

Lindenallee in Seeshaupt: Setzt sich für den Erhalt der Lindenallee ein: Der 81-jährige Klaus Voormann mit einem Zeitungsartikel vor den bereits dezimierten Baumreihen.

Setzt sich für den Erhalt der Lindenallee ein: Der 81-jährige Klaus Voormann mit einem Zeitungsartikel vor den bereits dezimierten Baumreihen.

(Foto: Christina Voormann)

Der Tutzinger Musiker Klaus Voormann kritisiert die umstrittene Fällaktion von zehn Linden bei Seeseiten.

Von Blanche Mamer

Schon vor Jahren hat er sein Herz für Bäume entdeckt: So hat er im Frühjahr 2001 zusammen mit George Harrison auf dessen Anwesen Friar Park einen Baum gepflanzt. Das war ein halbes Jahr vor Harrisons Tod und markiert einen Einschnitt für Klaus Voormann, den Grafiker, Musiker und alten Beatles-Freund, der bei zahlreichen ihrer Solo-Alben mitspielte sowie als Designer des Covers für das legendäre Beatles-Album "Revolver" mit einem Grammy ausgezeichnet wurde.

Jetzt ist er zusammen mit seiner Frau Christina Voormann prominentester Kämpfer für die Lindenallee von Seeshaupt nach Schloss Seeseiten. Dank der finanziellen Unterstützung von Klaus Voormann konnte der Bund Naturschutz eine Gegenexpertise zum ersten Gutachten in Auftrag geben. Die erste Untersuchung, die von den Eigentümern, der Familie von Finck und der Gemeinde Seeshaupt, in Auftrag gegeben worden war, hatte 28 Bäume als so morsch eingestuft, dass sie sofort gefällt werden sollten. Die zweite hatte dagegen den Erhalt der Bäume befürwortet und keine akute Gefahr festgestellt.

Trotzdem hatten die Baumfreunde das Nachsehen. Denn von den 33 Linden stehen mittlerweile nur noch 15; auch wenn es Nachpflanzungen geben soll, ist die Allee erst einmal zerstört. Dabei hätte es durchaus noch Chancen gegeben, die zehn zuletzt gefällten Bäume zu erhalten, kritisiert Christina Voormann vom Bayern- Netz-Natur-Projekt "Bernrieder Vorsprung - Baumriesen, Naturerbe und Artenvielfalt am Starnberger See", das 2016 mit dem Bayerischen Umweltpreis ausgezeichnet worden war.

Um die Lindenallee tobt seit Monaten ein erbitterter Kampf. Ein Kahlschlag konnte zwar abgewehrt werden, nachdem selbst die Untere Naturschutzbehörde am Landratsamt Weilheim die Fällung aller Linden für "nicht vertretbar" hielt. Im März wurden jedoch acht Bäume geschlagen. Bei einem Gespräch im Landratsamt Weilheim-Schongau am 9. April sollte über die Fällung von zehn weiteren Linden beraten werden. Klaus Voormann hatte seine nach einem Unfall gehbehinderte Frau zu dem Treffen begleitet. Er zeigte sich danach fassungslos: "Ich musste entsetzt beobachten, dass sich da zwei Gegenparteien gegenüber saßen und nicht zwei Gruppen im Dienste des Arten- und Naturschutzes auf der Suche nach einer praktikablen Lösung zum Erhalt der Bäume und gleichzeitiger Wiederherstellung der Verkehrssicherheit", schreibt Voormann in einer Stellungnahme, die der SZ vorliegt.

"Die Vorschläge vom BN-Vertreter und meiner Frau, alle Fällkandidaten noch einmal auf unsere Kosten vom vereidigten und zertifizierten Sachverständigen Erk Brudi mit einer von ihm entwickelten Spezialsoftware untersuchen zu lassen, hat Landrätin Andrea Jochner-Weiß mehrfach vehement abgelehnt". Neben der Landrätin und dem Fachgebietsleiter der Unteren Naturschutzbehörde, Hubert Wagner, nahmen neben den Voormanns ihre Mitstreiter Helmut Hermann vom Bund Naturschutz und Volker Rausch, ehemaliger Leiter des Forstamtes Weilheim, an dem Treffen teil.

"Ich glaube, dass die Entscheidung, die Linden zu fällen, zum Zeitpunkt der Einladung bereits feststand", vermutet Voormann. Die Landrätin und der Vertreter der Unteren Naturschutzbehörde hätten sich auf die Gefahreneinschätzung eines von den Eigentümern beauftragten Baumpflegers berufen - wohl wissend, dass dessen Beurteilung eingeschränkt war, da er die vertraglich geforderte Gewährleistungsgarantie nicht übernehmen konnte. "Seine Aussage war entscheidend für die aktuelle Fällgenehmigung - im Gegensatz zu den konträren Aussagen und Empfehlungen hoch qualifizierter Sachverständiger", schreibt Voormann.

Schon drei Tage nach dem Gespräch wurden die Bäume gefällt - mit Unterstützung durch die Naturschutzbehörde. "Und das trotz der gesetzlichen Alleeschutzfrist auf Grund des Bienen-Volksbegehren-Katalogs, der demnächst in Kraft tritt", sagt Christina Voormann. Schließlich gehören Linden zu den wichtigsten Nektarquellen für Insekten und müssten schon allein deswegen geschützt werden. Klaus Voormann: "Das Vorgehen entspricht nicht der Umsetzung der bayerischen und nationalen Biodiversitätsstrategie."

Die Familie Voormann, die in Tutzing lebt, hat eine besondere Beziehung zu der Allee. "Als die Kinder noch jünger waren und wir noch in Bernried wohnten, sind wir immer durch die Allee zum Eisessen geradelt", erzählt Christina Voormann.

Sie ist die treibende Kraft beim Naturprojekt "Bernrieder Vorsprung", arbeitet seit vielen Jahren voller Energie für den Erhalt von alten Bäumen und hat bereits zahlreiche Baumriesen gerettet. Ihr Mann habe sie immer unterstützt und die Projekte gefördert, sagt sie. Derzeit ist er wegen verschiedener eigener Projekte und der Vorbereitung einer Ausstellung unterwegs, fand aber doch Zeit, sie ins Landratsamt zu fahren und an Ostern die Baumstümpfe der Allee in Seeshaupt in Augenschein zu nehmen.

Erk Brudi hatte ausdrücklich den Erhalt der etwa 130 Jahre alten Allee empfohlen - jedoch geraten, an 16 Bäumen Totholz über dem Verkehrsraum zu entfernen und an vier Bäumen die Kronen zu sichern. Die Allee habe eine wichtige landschaftsprägende Funktion und werde "sofern sie belassen werde, in den nächsten Jahrzehnten lokal zur Erhaltung der Biodiversität beitragen."

Auch wenn die Freunde der alten Allee traurig sind, wollen sie nicht klein beigeben. "Wir haben Akteneinsicht beantragt, denn wir wollen wissen, wie die Entscheidung zustande gekommen ist", sagt Christina Voormann.

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