Süddeutsche Zeitung

Aktion "Rettet die Bienen":Landwirte kritisieren Details des Volksbegehrens

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Bauern im Landkreis werfen den Initiatoren Populismus vor. Imker und Förster unterstützen den Gesetzentwurf gegen das Artensterben. Wo die Eintragungslisten ausliegen:

Von Armin Greune, Starnberg

Am Donnerstag beginnt die zweiwöchige Eintragungsfrist zum Volksbegehren für eine Verankerung von Artenvielfalt und Naturschönheit im Bayerischen Naturschutzgesetz. Auch im Fünfseenland hat sich ein breites Aktionsbündnis aus Parteien, Naturschutzverbänden, Vereinen, Kirchengemeinden und Kommunen formiert, die das ursprünglich von der ÖDP angeregte Anliegen unterstützen.

Doch nicht überall findet es Zustimmung: Starnbergs Kreisbauernobmann Georg Zankl etwa ist zwar grundsätzlich für den Schutz von Bienen, Insekten und eine vielseitige Vegetation. Aber der Gesetzentwurf zum Volksbegehren sei "zu einseitig und populistisch gegen die Landwirte gerichtet". Zum Teil fehle es auch an fachliche Grundlagen: So wäre das Verbot, Grünland nach dem 15. März zu walzen, praxisfremd: "Das hängt doch vom Wetter ab, dazu muss der Boden trocken und gut befahrbar sein, ein fixer Termin ist da unsinnig." Stattdessen wäre die Höhe des Bewuchses ein besserer Maßstab, um die Bodenbrüter zu schützen. Und ein generelles Verbot, auf Dauergrünland Pflanzenschutzmittel einzusetzen, lehnt Zankl auch ab: Dann könnte man keine Herbizide mehr gegen giftige Pflanzen auf Futterwiesen ausbringen.

Der Gilchinger findet, dass seine Kollegen im Fünfseenland schon viel für den Artenschutz getan und "riesige Blühflächen" angelegt haben: "Das Umdenken bei Landwirten hat längst eingesetzt." Doch im Gesetzentwurf würden nur die Bauern eingeschränkt, während Rasenwüsten und Bodenversiegelung in Privatgärten oder auf öffentlichen Flächen nicht zur Sprache kämen. Auch Georg Scheitz meint, "die bayrische Landwirtschaft ist auf einem guten Weg." Der Andechser Biobauer ist Vizelandrat und gehört dem CSU-Kreisvorstand an. Dass im Gesetzentwurf gefordert wird, in Bayern den Flächenanteil der ökologischen Landwirtschaft bis 2030 auf 30 Prozent zu erhöhen, habe ihn schon gefreut. "Aber mir wär's lieber, wenn festgeschrieben würde, dass sich 30 Prozent biologisch ernähren. Wenn der Absatz da ist, folgt auch der Markt." Scheitz wehrt sich dagegen, wenn konventionelle und Biobetriebe gegeneinander ausgespielt werden: "Der Artenschutz ist beiden wichtig." Ob Scheitz das Bürgerbegehren unterzeichnen wird? "Das lass ich mir noch offen."

Wilhelm Seerieder will hingegen für den Bürgerentscheid unterschreiben: "Es ist höchste Zeit für einen Wandel im Umgang mit der Natur", sagt der Chef des Staatsforstbetriebs München und Vorsitzende der Pöckinger Ortsgruppe im Bund Naturschutz. Sein Unternehmen soll im Gesetzentwurf in die Pflicht genommen werden, die biologische Vielfalt im Wald als vorrangiges Ziel zu verfolgen. Dazu sei der Staatsforstbetrieb München schon in Vorleistung gegangen und habe 2018 beispielsweise in jedem der zehn Reviere auf Wiesen Blühkomplexe auf Offenland angelegt, sagt Seerieder.

Für Kerstin Täubner-Benicke, Mitinitiatorin des Aktionsbündnisses auf Kreisebene, ist es Ehrensache, am 31. um 7.30 Uhr im Starnberger Rathaus auf der Matte zu stehen, um zu den Erstunterzeichnern zu gehören - selbst wenn die Grünen-Kreischefin gerade mit Erkältung im Bett liegt. Die Kritik der Landwirte am Entwurf greife aus ihrer Sicht zu kurz: "Viele Bauern sind selbst mit der Art der Bewirtschaftung nicht mehr einverstanden." Weil im Bürgerbegehren keine "haushaltswirksamen Leistungen" enthalten sein dürfen, seien absichtlich relativ vage Ziele formuliert worden: Um etwa die Flächenvorgabe für Biolandwirtschaft zu erreichen, "muss die Regierung überlegen, wie sie das erreicht". Und finanzielle Anreize schaffen, von denen die Bauern nur profitieren könnten, meint Täubner-Benicke.

Auch Hubert Dietrich wird das Bürgerbegehren unterzeichnen: "Damit kann es nur besser werden", sagt der Starnberger Kreisvorsitzende der Bienenzüchter. Doch er gibt auch Zankl recht: "Die Landwirte allein sind es nicht." Während viele Kommunen wie Starnberg bereits Blühstreifen an Verkehrswegen anlegen, bleibe man etwa entlang von Autobahnen untätig. Dass von Gegnern des Volksbegehrens ins Feld geführt wird, die Zahl der Bienen und Völker habe sich zuletzt vermehrt, ist für Dietrich nicht relevant: "Es geht nicht um ein Honigbienensterben, sondern um das Insektensterben." Schon über die 560 Wildbienenarten in Bayern sei viel zu wenig bekannt. "Bienenfreundliche Landwirtschaft" steht am Donnerstag auch im Fokus des Starnberger Imkergesprächs, das um 18 Uhr in der Schlossberghalle beginnt. Auch der Kreisbauerntag am Samstagvormittag im Gilchinger Gasthof Widmann wird sich mit dem Volksbegehren befassen.

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SZ vom 30.01.2019
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