Verkehr:Problem-Umfahrung

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Starnberg will die Umweltverträglichkeit einer durch FFH-Gebiet führenden Würmtal-Trasse prüfen lassen. Die Stadt müsste sich auf Kosten von 70 Millionen Euro einstellen

Von Peter Haacke, Starnberg

"Tunnel bauen, Umfahrung prüfen", lautete im Februar 2017 der Mehrheitsbeschluss des Stadtrats, der damit einen vorläufigen Schlussstrich unter den jahrzehntelangen Streit zur Lösung des Starnberger Verkehrsproblems zog. Etwa zweieinhalb Jahre später befasste sich am Montag erstmals der Verkehrsausschuss wieder mit der Umfahrung, die es jedoch nur ergänzend, nicht aber anstelle eines Tunnels geben kann. Der Sachstand ist zwar weiterhin der gleiche wie im Frühjahr 2017, nun aber sollen endlich die erforderlichen Voruntersuchungen für eine Umweltverträglichkeitsstudie beauftragt werden.

51 Millionen Euro - so eine erste grobe Schätzung des Ingenieurbüros Vössinger - betragen allein die Baukosten für die Umfahrung. Hinzu kämen 1,5 Millionen Euro für Grunderwerb, auf weitere sieben Millionen Euro wurden die Einrichtung des Baugrunds und Kosten für Ausgleichsmaßnahmen taxiert. Die Zahlen sind aber allesamt mit Vorsicht zu genießen. Bürgermeisterin Eva John räumte ein, dass man sich auf 70 Millionen Euro einstellen müsse. Diese Summe müsste die Stadt selbst aufbringen. Das Staatliche Bauamt hatte gegenüber der Stadt klargestellt, dass sich weder Bund noch Freistaat nach aktuellem Stand am Bau der Umfahrung beteiligen. Zweite große Hürde für eine Umfahrung durch FFH-Gebiet (Flora, Fauna, Habitat), das wesentlich strengeren Kriterien unterliegt als ein Landschaftsschutzgebiet, ist eine Umweltverträglichkeitsstudie.

Stadtplaner Christian Ufer (Büro Terrabiota) erläuterte dem Gremium, welche Voruntersuchungen verbindlich sind: Abgesehen von einer artenschutzrechtlichen Prüfung - hier wird das Vorkommen schützenswerter Tierarten wie Haselmaus, Feldlerche, Rotmilan, Zauneidechse, Schleiereule, Feldhamster oder Quellenschnecke untersucht - müssen die hydrogeologischen Bedingungen im Bereich der Würm mit ihren Kalktuffquellen geprüft werden. In die Betrachtung einbezogen werden neben Flora und Fauna auch die Lärmentwicklung und die Anschlussmöglichkeit der Trasse an die Autobahn A 95. "Untersuchen Sie das genau", riet Ufer dem Stadtrat. Die Trasse könne zwar geplant werden, aber daran scheitern, dass die Regierung zu anderen Ergebnissen kommt.

Nach derzeitigem Stand ist der Bau einer 8,3 Kilometer langen und elf Meter breiten Straße geplant, die von der Autobahn über gemeindefreies und städtisches Gebiet bis zur ehemaligen Kiesgrube Hanfeld führen soll. Neben einer Bahnunterführung und einer Brücke übers Würmtal müssten noch acht kleinere Brücken gebaut werden. Abgesehen von notwendigen Rodungen müssten Erdmassen auf- oder abgetragen werden. Für die artenschutzrechtliche Prüfung sei beidseits der geplanten Trasse ein jeweils 400 Meter breiter Streifen über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr, besser aber über zwei Jahre zu untersuchen, sagte Ufer. Nur im besten Fall mit Ausschreibung bis Dezember sei frühestens im Frühjahr 2021 mit ersten Ergebnissen zu rechnen. Die Straße dürften dann aber auch nicht mehr als 5000 Fahrzeuge pro Tag befahren. "Alles darüber wäre eine schwere Belastung", sagte Ufer - ein K.o.-Kriterium für die Nordost-Umfahrung. Abgesehen davon ist aber aller Voraussicht nach auch mit massivem Widerstand gegen den Bau der Trasse durch den Bund Naturschutz und betroffene Grundstücksbesitzer zu rechnen.

Gerd Weger (CSU) zeigte sich ebenso wie Christiane Falk (SPD) verwundert darüber, dass der Planungsstand der gleiche sei wie vor zwei Jahren und die Verwaltung noch nicht weiter sei. Klaus Rieskamp (Parteifreie) monierte, die Untersuchungen seien schon 2007 und 2017 beantragt worden. Thomas Beigel (CSU) hegte angesichts vieler Unwägbarkeiten Zweifel an den Kosten. Gegen die Empfehlung des Verkehrsausschusses an den Stadtrat, der über die Beauftragung noch abstimmen muss, votierte einzig Annette von Czettritz (Grüne).

© SZ vom 23.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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