Süddeutsche Zeitung

Verkehr:Lindauer Autobahn: "Wie eine Trompete"

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Obwohl die Grenzwerte eingehalten werden, stellen Anlieger nach dem Trassen-Ausbau eine erhöhte Geräuschkulisse fest.

Von Christian Deussing, Gilching

Seit 14 Monaten ist die Lindauer Autobahn A 96 zwischen Oberpfaffenhofen und Germering sechsspurig ausgebaut, damit der Verkehr auf dieser Strecke entlastet wird. Bei der Freigabe sprach der damalige Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) noch von einem "Premium-Lärmschutz", denn es wurden für Gilching eine 523 Meter und bei Germering eine fast doppelt solange Galerie für insgesamt 39 Millionen Euro gebaut, zudem ein Flüsterasphalt aufgebracht - um angrenzende Siedlungsgebiete vor dem Lärmpegel zu schützen. Kommunalpolitiker stimmten ein Loblied auf die neue Trasse und den Lärmschutz an. Doch nun macht sich Ernüchterung breit.

Denn die Beschwerden von Bürgern über "den Krach und die zu laute Autobahn" - besonders bei Wind aus südwestlicher Richtung - reißen nicht ab. Die Gemeinde Gilching hat reagiert und ein Ingenieurbüro aus Greifenberg beauftragt, an drei geeigneten Standorten Lärmmessungen vorzunehmen: im Ortsteil Geisenbrunn, 600 Meter von der Autobahn entfernt sowie in der Waldkolonie mit dem Abstand von etwa 150 Metern und in Neugilching mit einem Messpunkt 350 Meter von der A 96 entfernt.

Nun präsentierte Projektleiter Jörg-Michael Czogalla dem Gilchinger Gemeinderat die Ergebnisse der dreiwöchigen Messungen im vergangenen Oktober. Demnach würden tagsüber und auch nachts insgesamt die Grenzwerte von 59 und 49 Dezibel eingehalten, sagte der Experte und betonte, dass bei den Messungen auch die Windstärken und Windrichtungen stets berücksichtigt worden seien.

Mobilitätsreferent Oliver Fiegert (BfG) merkte aber kritisch an, dass die gesetzlichen Grenzwerte "nicht besonders bürgerfreundlich" seien, und man sonst bei den Mess-Standorten über den Grenzwerten liegen würde. Ernüchtert zeigt sich auch Vize-Bürgermeister Martin Fink (CSU), der in Geisenbrunn wohnt. Die Autobahn sei trotz des Lärmschutzes, für den Millionen ausgegeben worden seien, lauter geworden. Das belaste am stärksten die Geisenbrunner, erklärte der Kommunalpolitiker, der anfangs noch die Geräuschdämmungen an der verbreiterten Lindauer Autobahn gelobt hatte. Jetzt wirke aber die offene Galerie bei Germering "wie eine Trompete bis nach Geisenbrunn hinauf", sagte Fink. Das wiederum hält Experte Czogalla für wenig wahrscheinlich: Der Lärmpegel sei durch die nächstliegende Verkehrsachse und nicht durch die Galerie der Nachbargemeinde beeinflusst, stellte der Diplom-Ingenieur klar.

Aber die Gemeinde will nicht locker lassen und wohl in einer anderen Phase wieder Messpunkte aufstellen. Zudem sollte die Geschwindigkeit von Lastern kontrolliert werden, die häufig ihr Tempolimit überschritten, wie ein Gemeinderat monierte.

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Quelle:
SZ vom 27.01.2022
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