Süddeutsche Zeitung

Vater und Sohn:Familien-Musik

Das Ginzel-Duello überzeugt in Dießen

Von Reinhard Palmer, Dießen

Da ist wohl ziemlich viel gut gegangen, was das Familienleben betrifft. Dass Hans Henning Ginzel, 30, auch Cellist geworden wie sein Vater Reiner, der das Fach als Professor an der Musikhochschule lehrt, ist noch nicht alles: Beide gemeinsam bilden ein Duo - das Ginzel-Duello, das vor wenigen Monaten eine CD aufgenommen hat und sie nun im gut gefüllten Theatersaal des Dießener Augustinums vorstellte.

Aber Hans Henning Ginzel hat auch noch genug Eigenes. Als mehrfach preisgekrönter Komponist und Ensemblemitglied am Cello - abgesehen von Chor- und Orchesterleitung - widmet er sich erfolgreich der Neuen Musik, die vom Ginzel-Duello indes nicht zu hören ist. Gewiss kein Fehler, die Dinge sauber getrennt zu halten. Lediglich die Kunst des Arrangierens steuert der Junior fürs Duello bei, da es nur wenig Originalliteratur für diese Besetzung gibt.

So ein monoinstrumentales Duo ist wohl die spartanischste Form aller Ensembles. Umso mehr kommt es auf die Feinheiten an. Schon die kleinsten Charaktereigenheiten werden deutlich hörbar. Und natürlich der große Unterschied in der Erfahrung am Instrument, der hier generationenbedingt eben deutlich ausfiel. Für die Leichtigkeit und Gelassenheit von Reiner Ginzel braucht man schon ein paar Jahrzehnte Spielerfahrung und eine absolut treffsichere Spieltechnik, was den Ausdruck betrifft. Ausgeprägt wurde dies schon im spritzig leichtem Allegretto scherzando des Beethoven-Zeitgenossen Bernhard Romberg aus dessen Sonate C-Dur hörbar.

Sohn Ginzel ist eher der kraftvollere, ja bisweilen sogar ein recht wuchtiger Spieler. Im geschmeidig-galanten Andante pastorale trafen sich die beiden Charaktere in der Mitte, zumal der Satz auch satte Verdichtungen fordert. Vater Ginzel beherrscht vor allem die sensiblen Rücknahmen ausdrucksstärker. Sie gehen tiefer unter die Haut, sind beseelter, obgleich der Junior dabei nach außen mit einer weit deutlicheren Hingabe agierte, wie er vor allem im Schwan von Saint-Saëns beeindruckend vermitteln konnte.

Aber alle Stücke hatten auch ihre Moll-Verschattungen und kraftvoll-substanzvolle Intensivierungen, in denen Hans Henning Ginzel klar aufholte. Etwa im nordisch-elegischen "Solveigs Lied" von Grieg mit seiner legendenhaften Erzählung, die sich schließlich so wunderbar ins Träumerische auflöste. In der heiter-vergnüglichen, galanten Spielart zeigten sich entsprechende Auffassungsunterschiede, die auf eine stimmige Weise dennoch miteinander gut zu kommunizieren vermochten, wie im Friedrich August Kummers Bolero op. 103/4 mit beherzter Rhythmik. Ausgesprochen homogen agierte das Duo in der Barkarole von Tschaikowsky. Die warmtonige, dennoch schlanke Melodievariante kam mit Bachs berührender Air ins Spiel. Mit der humorigen Collage "Ein Haydn-Spaß" in musikkabarettistischen Manier ging das Programm zu Ende, doch folgten dem langen Applaus noch zwei Zugaben.

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Quelle:
SZ vom 30.04.2018
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