Uttinger Gasteigerhaus:Den Markt immer im Blick

Utting Holzhausen, Künstlerhaus Gasteiger

Eine neue Ausstellung im Gasteigerhaus im Uttinger Ortsteil Holzhausen dreht sich um das Wirken des früheren Hausherrn Matthias Gasteigen.

(Foto: Georgine Treybal)

Die neue Sonderausstellung im Künstlerhaus zeigt auch, wie geschäftstüchtig der Bildhauer Matthias Gasteiger war

Von Armin Greune, Utting

In den vergangenen Jahren stand im Künstlerhaus stets das Werk der Malerin Anna Sophie Gasteiger im Vordergrund - heuer rückt die Schlösser- und Seenverwaltung Arbeiten und Arbeitsweise ihres Mannes Matthias Gasteiger (1871 bis 1934) in den Blickpunkt. Dem schon zu Lebzeiten höchst erfolgreichen Bildhauer und gewieften Geschäftsmann ist die Sonderausstellung gewidmet, die vom kommenden Sonntag an in der malerischen Villa im Uttinger Ortsteil Holzhausen zu sehen ist.

Mit nur 1300 bis 1600 Besuchern pro Saison zählt das direkt am Ammersee gelegene Anwesen zu den am schwächsten frequentierten Museen, die das bayerische Finanzministerium verwaltet. Dass sich der Publikumszuspruch in Grenzen hält, liegt vor allem daran, dass die Türen des Künstlerhauses ausschließlich sonntagnachmittags und lediglich von April bis Oktober geöffnet werden. Die Parkanalage zieht freilich das ganze Jahr über unzählige Besucher und die kleine Villa ist auch außerhalb der Öffnungszeiten bei Hochzeitsgesellschaften begehrt: Fast 100 Paare geben sich darin jährlich das Jawort, für 2017 liegen bereits wieder 90 Anmeldungen vor.

Im Gegensatz zu manch anderen Jahren ist 2016 bei den Gasteigers baulich nichts Wesentliches ergänzt oder restauriert worden. Vom etwa 35 000 Euro umfassenden Budget der Schlösserverwaltung für ihre beiden Uttinger Besitztümer habe im vergangenen Jahr die "Alte Villa" wegen des Pächterwechsels den Löwenanteil beansprucht, sagt Baureferent Christoph Straßer von der Bauabteilung. Doch vordringliche Reparaturen waren auch am Gasteiger-Haus zu erledigen: So hatten Tuffsteine an einer Brücke Schaden genommen, als bei einem Sturm ein Baum darauf stürzte.

Die diesjährige Sonderausstellung "Matthias Gasteiger im Atelier: Von der Idee zur Ausführung" hat Maria Bücklein kuratiert. Ihr ging es darum, den Arbeitsprozess des Bildhauers darzustellen: Auf erste Ideensammlungen folgten Skizzen auf Papier und schließlich eingefärbte Gipsmodelle im Miniaturmaßstab, sogenannte Bozzetti. Das Endprodukt konnten Kunden dann in der gewünschten Ausfertigung bestellen: Ob aus Bronze, Silber, Terrakotta oder Marmor blieb Geschmack und Geldbeutel des Käufers überlassen. Auch im Badezimmer und im Salon des Künstlerhauses finden sich Skulpturen, deren Entstehung sich in der Sonderausstellung im vormals als Atelier genutzten Anbau nachvollziehen lässt. Besonders stolz ist Bücklein auf die Statuette "Nach dem Sündenfall": Die Schlösserverwaltung konnte den Bronzeguss, der Adam und Eva eng umschlungen zeigt, im vergangenen Jahr von einem privaten Sammler aus Norddeutschland erwerben. Er war von Gasteiger 1911 wohl als Weihnachtsgeschenk gefertigt worden.

Eine Zeichnung und drei Fotos von Frauenakten illustrieren, wie der Bildhauer sie als Vorlagen verwendete um daraus etwa die Statuette "Centifolie" (benannt nach einer Rosengruppe) zu fertigen. Historische Werkstattfotos in der Ausstellung belegen, wie Gasteiger seine Wohnanwesen und Ateliers immer auch fürs Marketing nutzte: Nicht nur auf Schloss Deutenhausen und im Ausstellungsgebäude in der Münchner Waisenhausstraße, sondern auch in Holzhausen fanden Verkaufsveranstaltungen statt. Früh setzte der Künstler auch die Fotografie ein, um damit seine Werke in gedruckten Broschüren anzubieten.

Den neuen Leiter der Außenstelle Ammersee bei der Schlösserverwaltung, Karl-Heinz Mückl, hat überrascht, wie geschäftstüchtig Gasteiger war. Dessen Werken ist deutlich anzumerken, wie er auf die Nachfrage am Markt reagierte: Nackedeis gingen immer, Kriegshelden und -propaganda aber hatten nur vorübergehend Konjunktur. So ist im Gasteiger-Atelier ein Bozzetto eines Matrosen mit der Aufschrift "Getreu bis in den Tod" ausgestellt: Die Statuette wurde 1914/1915 für 15 Reichsmark angeboten und sicher hundertfach verkauft. Die gleiche hysterisch-heroische Aufbruchstimmung strahlt die Gipsfigur "Englands Schmerz" aus, die den englischen Löwen im Falleisen des Deutschen Reiches wiedergibt: Gasteiger hatte sie nach einem "Simplicissimus"-Titelbild von 1914 geformt, für die ein anderer Holzhauser Künstler verantwortlich zeichnete: Thomas Theodor Heine.

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