Lokale WirtschaftSchulhefte für drei Generationen

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Rudolfine Schroeren in ihrem Schreibwarenladen in Utting. Seit 50 Jahren verkauft sie dort Schulhefte und Zeitungen.
Rudolfine Schroeren in ihrem Schreibwarenladen in Utting. Seit 50 Jahren verkauft sie dort Schulhefte und Zeitungen. (Foto: Georgine Treybal)

Rudolfine Schroeren betreibt seit 50 Jahren einen kleinen Schreibwarenladen in Utting. Auch schwierige Zeiten hat sie mit ihrem Geschäft schon überstanden.

Von Renate Greil, Utting

Es ist Anfang November, und für Rudolfine Schroeren fühlt sich jeder Tag gerade ein bisschen wie Weihnachten an, denn fast täglich kommen Pakete mit Adventskalendern in ihrem Laden in Utting an. Im März hatte sie schon bestellt, wenn die Lieferungen ankommen, ist es dennoch immer eine kleine Überraschung. Begeistert zeigt sie zum Beispiel ein Exemplar mit einer winterlichen Ansicht von Salzburg. „Die Adventskalender liebe ich alle“, sagt Schroeren. Sie seien auch bei ihren Stammkundinnen sehr beliebt und würden gerne verschenkt oder an Söhne und Töchter verschickt, die weit weg wohnen. Sie weiß, was gefragt ist, denn seit 50 Jahren verkauft sie in ihrem Laden an der Bahnhofstraße Zeitungen, Schreibwaren, Zigaretten und Bücher.

Schroeren stammt aus Wien, hat dort eine kaufmännische Lehre absolviert und hat dort noch Familie, die sie regelmäßig besucht. Meist nur übers Wochenende, denn Betriebsurlaub macht sie nicht, der Laden ist ihr wichtig. Über Privates redet sie nicht gerne, und ihr Alter will sie nur ungefähr angeben: „Ich bin über 70“.

Als junge Frau war sie Ende der Sechzigerjahre nach München gekommen. Auf den kleinen Laden in Utting wurde sie durch eine Anzeige aufmerksam, erzählt die Geschäftsfrau, die damals noch verheiratet war. Die Vorgängerin hatte dort Malerbedarf, ein paar Schreibwaren und Zeitungen angeboten. In dem nur etwa 55 Quadratmeter großen Laden wurde ein neuer Fußboden verlegt und eine neue Heizung installiert. Den Kamin, der zu Beginn kahl mitten im Raum stand, hat sie verkleidet. Die von der Vormieterin übernommenen stabilen Wandregale stehen heute noch. „Sie schauen noch schön aus“, findet Schroeren, die Sachen lieber aufhebt als entsorgt.

So zeigt sie mehr als 50 Jahre alte Schulhefte aus ihrem Fundus, die noch von ihrer Vorgängerin stammen. Mit Fadenheftung und weißem Rand, in einem schlichten blauen Einband wirken die Hefte immer noch wie neu, sehen im Vergleich aber altbacken aus. Früher gab es zum Schulanfang lange Schlangen vor dem Geschäft, das ist vorbei. Die Einkaufslisten der Schulen werden abgegeben, und sie stellt dann die Waren zusammen. Manche kommen gleich zum Schuljahresende mit der Liste, manche erst auf den letzten Drücker, weiß Schroeren. Mittlerweile komme schon die dritte Generation in den Laden. Seit einem knappen Jahr ist ihr Schreibwarenladen der einzige in Utting; in Dießen und Inning haben Schreibwarenläden geschlossen. Das bemerkt Rudolfine Schroeren deutlich an der Nachfrage nach Schulbedarf.

An der Bahnhofstraße in Utting ist der kleine Schreibwarenladen zu finden.
An der Bahnhofstraße in Utting ist der kleine Schreibwarenladen zu finden. (Foto: Georgine Treybal)
Zum Sortiment zählen Hefte, Order und Federmäppchen, so dass Schüler alles finden, was sie für den Unterricht brauchen.
Zum Sortiment zählen Hefte, Order und Federmäppchen, so dass Schüler alles finden, was sie für den Unterricht brauchen. (Foto: Georgine Treybal)

Zwei Jahre nach der Eröffnung ihres Ladens wurde in Utting die Nachfolge für die Lotto-Annahmestelle gesucht. Schroeren bekam den Zuschlag unter mehreren Bewerbern. „Das Lotto war eine tolle Sache“, berichtet sie. Damals gab es nur eine Auslosung am Samstag. Sie musste die gesammelten Lottoscheine am Freitag nach Landsberg fahren, egal bei welchem Wetter. „Das war eine richtige Prozedur, da durfte kein Schein fehlen“, erzählt sie. Natürlich läuft das Lottogeschäft schon lange automatisiert. Seit einer Woche steht die neueste Maschine der Lottogesellschaft im Laden, die Sechste inzwischen.

In der einst belebten Bahnhofstraße von Utting sind nur mehr wenige Geschäfte zu finden. Übrig geblieben sind in der Nähe eine Apotheke und ein Spielwarenladen. Schroeren erzählt, dass sie sich durch schwierige Zeiten gekämpft habe und selbst den ganzen Tag im Laden stehe. Dazu beschäftigt sie Aushilfen, die zum Beispiel den Lieferdienst übernehmen. „Ich bin gerne für die Leute da“, sagt Schroeren und hört älteren Stammkunden zu, die auch nur mal zum Reden in den Laden kommen.

In dem kleinen Geschäft gibt es eine Geschenkpapier-Ecke mit Bändern und Karten, Bürobedarf, Buntstifte und Tabak. Ein besonderes Augenmerk legt sie auf die Bücherabteilung. Sie hält sich da auf dem Laufenden und bestellt auch aktuelle Titel wie den Roman „Hey guten Morgen, wie geht es dir?“ von Martina Hefter, der mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet wurde.

Stammkunden schicken Ansichtskarten aus dem Urlaub

Diverse Zeitungen gibt es ebenfalls in dem Laden. Sonderwünsche von Gästen, die nicht auf die gewohnte Zeitung von daheim verzichten wollen, werden auch erfüllt, wenn möglich. Zum Dank bekommt sie manchmal Ansichtskarten von Urlaubern, die teilweise seit Jahrzehnten an den Ammersee reisen, oder Urlaubsgrüße von Stammkunden.

Viel hat sich nicht verändert in dem Schreibwarenladen im Lauf der Jahrzehnte. Die Inhaberin nutzt ihre Mittagspause gerne mal, um auf der Bank vor dem Haus zu sitzen, meistens aber steht Rudolfine Schroeren hinter dem Tresen an der Kasse, begrüßt Kunden mit ihrem Namen und lächelt freundlich. Vielleicht ist das ihr Erfolgsrezept, dass ihr die Arbeit nach 50 Jahren immer noch Spaß macht.

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