Süddeutsche Zeitung

Utting am Ammersee:Millionen für ein Refugium

Ein alter Bahnschuppen soll zu einem multifunktionalen Treffpunkt ausgebaut werden. Der Planer rechnet mit Kosten in Höhe von 3,1 Millionen Euro, der Eigenanteil der Gemeinde beträgt eine Million Euro.

Von Renate Greil, Utting

Was macht man mit einem alten, ungenutzten Eisenbahnschuppen? Die Gemeinde Utting am Ammersee hat da eine besondere Idee: Das Gebäude soll zu einem multifunktionalen Haus als Treffpunkt für alle Generationen der 4500 Einwohner zählenden Gemeinde ausgebaut werden. Der Preis für das ambitionierte Vorhaben: Rund 3,1 Millionen Euro. Uttings Eigenanteil für den angestrebten Ausbau des Lagerschuppens am Bahnhof ist auf rund eine Million Euro angestiegen. Auf Wunsch der Gemeinde, die sich mehr Sicherheit im Hinblick auf die erwarteten Kosten erhofft, präsentierte der planende Architekt Helgo von Meier bei der jüngsten Gemeinderatssitzung nun eine vertiefte Kostenschätzung und mögliche Einsparpotentiale.

Die Planung, in die auch Ideen und Anregungen aus der Bürgerschaft eingeflossen sind, erfuhr im Gremium große Wertschätzung. Doch es gab noch weitere Wünsche: Die Dachfläche soll ein "Solardach" werden, die Galerie im Obergeschoss des Anbaus mit abschließbarem Bereich für die Jugend ausgestattet werden, und auch ein kleines Büro für eine Betreuungsperson soll noch Platz finden.

Im Erdgeschoss ist eine "Toilette für alle" geplant

Insgesamt wird die Sanierung des nur 53 Quadratmeter großen historischen Lagerschuppens am Bahnhof inklusive Anbau und Tiefparterre rund 3,1 Millionen Euro kosten. Die förderfähigen Kosten des Projektes - laut Geschäftsleiter Matthias Graf etwa 2,5 Millionen Euro - sollen von der Regierung von Oberbayern mit 80 Prozent über die Städtebauförderung bezuschusst werden. Der Eigenanteil der Gemeinde würde demnach rund eine Million Euro betragen. Ausgangspunkt der Planung ist das alte Lagerhaus: Es diente einst zum Be- und Entladen der Waren, die per Güterzug angeliefert wurden. Das Bestandsgebäude soll um einen Zwischenbau - aus Lärmschutzgründen verglast - und einen Neubau erweitert werden, der flexibel nutzbare Veranstaltungsräume bietet. Im Tiefparterre inklusive Keller des alten Lagerhauses ist auf einer Grundfläche von 77 Quadratmetern ein Tanzraum mit Bühne geplant; hinzu kommen ein Lager und sanitäre Anlagen. Im Erdgeschoss sind eine Stube mit Küche, eine große Halle sowie eine von außen zugängliche öffentliche Toilettenanlage geplant, eine davon als "Toilette für alle".

"Die Jugend soll im Refugium ihren Platz finden", erläuterte Geschäftsleiter Graf auf Nachfrage. Allerdings sei das Gebäude nicht als reines Jugendhaus geplant: Auch Ausstellungen, Lesungen, Konzerte und Veranstaltungen der Vereine sollen hier stattfinden. Für die Jugend, für die es seit 2015 keine Angebote der offenen Jugendarbeit gibt, existiert derzeit lediglich ein luftiger Treffpunkt. Bereits im vergangenen Sommer war eine Pergola im Rahmen der Aktion "Bürgerbudget" mit den Jugendlichen als Provisorium neben dem Rathaus gebaut worden. Gemeinsam mit den Nachbargemeinden Schondorf und Dießen wollen die Uttinger einen Streetworker oder eine Streetworkerin einstellen. Einen eigenen gemeindlichen Jugendpfleger oder Jugendpflegerin gibt es in Utting derzeit nicht, ist aber laut Graf angedacht, sobald das "Refugium" fertiggestellt wäre.

Der Jugendreferent sieht im "Refugium" einen Topf voll Honig mit sauren Apfelstücken

In der Diskussion warb Bürgermeister Florian Hoffmann (LWG) für eine Umsetzung des Konzepts ohne Streichungen: Er bezeichnete es als "Türöffner bei der Städtebauförderung", zumal es in Utting an Veranstaltungsräumen mangelt. Ein Gemeinderat errechnete: Auch wenn diverse Posten gestrichen würden, spart die Gemeinde aufgrund der hohen Förderung maximal nur 80 000 Euro. Die Funktionalität des Gebäudes aber wäre an verschiedenen Stellen beeinträchtigt. Jugendreferent Jacob Kettler erkannte im geplanten Refugium "einen Topf voll Honig", der die sauren Apfelstücke, in den man jetzt beißen müsse, versüßen wird. Er plädierte dafür, nicht an der Funktionalität des Hauses zu sparen und lobte in diesem Zusammenhang das vorliegende Konzept der gemeinschaftlichen Nutzung mit Jugend und Kultur. Auf Vorschlag der Regierung von Oberbayern soll der Außenbereich inklusive Fahrradständer von einem Landschaftsplaner gestaltet werden, sagte Bürgermeister Hoffmann. Das Vorhaben müsste aber als eigenes zweites Projekt zur Förderung eingereicht werden.

Einstimmig entschied der Gemeinderat, das Projekt "Refugium" wie in der Entwurfsplanung des Architekten mit den drei zusätzlichen Wünschen zu verwirklichen. Wann das Bauvorhaben starten könnte, weiß Geschäftsleiter Graf noch nicht. Der Bedarf wurde zwar bereits vorab angemeldet, der konkrete Förderantrag soll noch in diesem Jahr bei der Regierung von Oberbayern gestellt werden.

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