SZ-Kolumne: Nepomuk:Katharina die Große geht putzen

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Katharina die Große bei der Generalsanierung der Riedbahn im Juli. Jetzt ist der Gleisumbauzug am Westufer des Ammersees im Einsatz (Foto: Noi Crew/Deutsche Bahn AG)

Als Eisenbahn-Fan reist der Seegeist ans Westufer des Ammersees, um dort einer wahren Wuchtbrumme auf Schienen zu begegnen.

Von eurem Nepomuk, Utting

Ich weiß nicht, ob ich es schon mal ausgeplaudert habe, aber ich bin ein großer Eisenbahn-Fan. Lange stand bei mir im Keller eine wundervolle Modellanlage. Wer mir an Weihnachten ein Lächeln auf die Lippen zaubern wollte, brauchte bloß den Bahnhof Feldafing, den „Betonmast mit Kurzausleger für Neubaustrecken“, das „Deko-Set Grabmale aus Steinkunst“ oder die „Frau mit Nudelholz, bewegt“ in Geschenkpapier einwickeln. Alles im H0-Format versteht sich.

Bevor jetzt alle loswiehern, wie kindisch der Nepomuk doch ist, sei darauf hingewiesen, dass Modellbahnbau durchaus auch ein seriöses Hobby für Amts- und Würdenträger ist. Feuerwehrkommandant und Bürgermeister Florian Hoffmann etwa stellt alle Jahre wieder im Uttinger Spritzenhaus seine H0-Anlage zur Schau. Meine eigene Bahnlandschaft hätte damit fast konkurrieren können. Sie ist aber ohnehin längst in Kisten und Kartons verstaut, weil meine gute Nepomuka den Kellerraum dringend für ihre Sauerkonserven braucht.

Man glaubt es nicht, aber der Nepomuk ist ein echter Eisenbahn-Fan. (Foto: Bernd Schifferdecker)

Da bleibt daher nur noch der 1:1-Maßstab, um meiner Bahnleidenschaft zu frönen. Leider gibt der Zugverkehr hier am Starnberger See für Trainspotter wie mich nicht viel her. Derzeit sind ja streckenweise nicht mal mehr die S-Bahnen in Betrieb und auch die Werdenfelsbahn von München fährt nicht mehr in Starnberg ein. Aber selbst, wenn Fahrpläne je wieder ernst zu nehmen sein sollten: Höhepunkt wären gerade mal die vier ICEs, die samstags und sonntags kurz in Tutzing halten.

Da bietet die Strecke am Ammersee-Westufer mehr: Im Mai und Juli waren dort wieder Dampfloks mit Museumszügen unterwegs. Leider mussten die geplanten Nostalgiefahrten für August und Oktober entfallen, weil die Ammerseebahn wegen Gleisbauarbeiten bis Jahresende gesperrt ist. Doch aufgepasst, Geheimtipp! Dort gibt es gerade ein wahres Schmankerl für jeden Eisenbahnfreund zu bestaunen: Niemand Geringeres als die einzigartige „Katharina die Große“ wirkt dort auf den Schienen. 800 Tonnen schwer und mit Anhängern bis zu 700 Meter lang arbeitet sie mit einem Tempo von 100 Metern pro Stunde „unter rollendem Rad“. Sie, auch unter der profanen Bezeichnung RPM RS 900 bekannt, ist seit 51 Jahren der ganze Stolz der Berliner Gleisbaufirma Spitzke.

Ob das Ungetüm aber den Namen der einzigen Frau verdient hat, die es in die Liste der Großen der Weltgeschichte geschafft hat, möchte man dann doch bezweifeln. Schließlich steht RPM für Planumssanierungs- und Reinigungsmaschine. Die Herrscherin des Zarenreichs dürfte über die Gleichsetzung mit einer Putzfrau kaum amüsiert gewesen sein, und mag die noch so monströse Ausmaße erreichen. Der Firma aber, die auch eine „Universal-Stopfmaschine“ im Einsatz hat, möchte man wünschen, dass sie ihre Katharina auch wieder findet. Laut Spitzke-Homepage wird sie gerade zwischen „Schorndorf“ und „Uttingen“ vermutet – also zwischen dem Raum Stuttgart und dem geografischen Nirgendwo.

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