Süddeutsche Zeitung

Maislabyrinth am Ammersee:Wie kommt die Maus ins Feld?

Der Uttinger Landwirt Uli Ernst und seine Frau haben die ersten Motive ihres Irrgartens noch manuell auf den Acker übertragen. Mittlerweile helfen ihnen ein Professor und seine Studenten mit Satellitentechnik.

Von Laura Höring

"Jetzt laufen wir durch die Schnurrhaare, rechts geht es zu den Augen, und da hinten ist der Rüssel vom Elefanten", erklärt Uli Ernst bei der Führung durchs Labyrinth am Ammersee-Westufer. Das Muster kennt er in- und auswendig, worüber sich auch eine Schar von Kindern freut, die ihm durch die Gänge folgt.

Am Eröffnungstag ging es für viele Besucher in Gummistiefeln durch das 1,8 Hektar große Areal, das anlässlich des 50. Geburtstags der "Sendung mit der Maus" das berühmte orange Nagetier mit Elefant und Ente abbildet. Seit 1999 zieren die unterschiedlichsten Motive die Wiese am Uttinger Ortsausgang. Mit dabei waren schon Asterix und Obelix, die Titanic und Albert Einstein.

Die Idee für ein Labyrinth mit komplexen Formen kam den Betreibern Uli und Corinne Ernst beim Radfahren im Urlaub. "Wir sind einem Wegweiser begegnet, der zu einem Labyrinth im Maisfeld geführt hat. Die Idee fanden wir sofort interessant und haben überlegt, wie man das noch spannender umsetzen kann", sagt der Landwirt. Das Ergebnis: Sie mähten nicht wahllos Linien, sondern richtige Bilder in den Acker. In den ersten drei Jahren noch ohne moderne Technik. Nachdem das Motiv gezeichnet war, teilten sie das Feld im Februar in Kästchen ein und übertrugen das Muster mit Rastermethode auf den Acker. Der "magische Moment" kam erst beim Überflug mit dem Flugzeug im Sommer: Dann wusste das Team, ob es alles richtig gemacht hatte - oder nicht.

Mit zunehmender Komplexität der Bilder wurden auch die Methode immer schwieriger. 2002 klingelte dann das Telefon. Am anderen Ende: Professor Gerd Merkel von der Fakultät für Geoinformation der Hochschule München. "Ich bin damals zufällig am Labyrinth vorbei gefahren und dachte, da muss ein professioneller Vermesser am Werk gewesen sein. Dass der Uli das selbst macht, hat mich beeindruckt", so Merkel, der zuvor bereits Messungen mit Satellitentechnik in der Antarktis gemacht hatte.

Die zwei Tüftler kamen ins Gespräch. Merkel verwies darauf, dass sich die Bilder mittels GPS noch viel präziser anfertigen ließen. Und so beschlossen sie, das Projekt künftig mit Merkels Studenten von der Hochschule München durchzuführen, die Kooperation besteht bis heute. "Für die Studierenden ist es natürlich auch deutlich spannender, ein Labyrinth auszumessen als beispielsweise eine Straße", sagt Ernst und lacht. Jedes Jahr trifft sich eine Gruppe von etwa 15 Studierenden auf dem dann noch tristen und kahlen Acker. Die Messung dauert etwa einen Tag und wird mit vier mobilen Sonden durchgeführt. Die Teilnehmer laufen das Feld ab und setzen etwa alle 20 bis 100 Zentimeter eine Markierung. Dann beginnen die Pflanzen langsam zu wachsen, und die Wege werden ausgemäht. Auch wenn es mittlerweile möglich ist, den Prozess mittels Drohne von oben zu beobachten, bleibt der Überflug über das "fertig gewachsene" Labyrinth laut Ernst immer noch etwas Besonderes.

Eine Herzensangelegenheit ist es auch für Merkel: Zwar ist er inzwischen im Ruhestand und hat die Projektbetreuung an seinen Kollegen Manfred Wurzer abgegeben, Teil des Teams ist er aber immer noch: "Dem Labyrinth bin ich treu geblieben." Auch viele der Besucher sind nicht zum ersten Mal hier. So freute sich der sechsjährige Noah aus Eresing schon seit Wochen auf den Besuch. Beim Betreten erwarten ihn unterschiedliche Maus-Suchspiele. Er hat die Wahl: Will er Tierforscher, Alltagsforscher oder Erdballforscher sein?

Das Labyrinth ist bis 26. September geöffnet. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

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Quelle:
SZ vom 16.07.2021
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