Aufruf zur Solidarität:Hoffen auf die Gläubigen

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Aufruf zur Solidarität: Sie hoffen auf Gelder für die neue Christuskirche (v.l.): Regionalbischof Christian Kopp, das Pfarrerspaar Jochen und Alexandra Eberhardt sowie der Uttinger Bürgermeister Florian Hoffmann.

Sie hoffen auf Gelder für die neue Christuskirche (v.l.): Regionalbischof Christian Kopp, das Pfarrerspaar Jochen und Alexandra Eberhardt sowie der Uttinger Bürgermeister Florian Hoffmann.

(Foto: Nila Thiel)

Vor anderthalb Jahren zerstört ein Feuer die evangelische Christuskirche in Utting am Ammersee. Nun sollen Spenden die Finanzierungslücke für den Neubau abdecken.

Von Renate Greil, Utting

Für den Wiederaufbau der im August 2021 abgebrannten Christuskirche Utting und des Gemeindesaals ruft die Evangelische Gemeinde Ammersee-West nach Unterstützung. "Wir sind Utting", heißt die oberbayernweite Spendenaktion, mithilfe derer nun eine Finanzierungslücke geschlossen werden soll. Das erklärte Ziel: 150 000 Euro an Spendengeldern.

Es sei "eine in Oberbayern einzigartige Situation", sagt Christian Kopp, Regionalbischof im Kirchenkreis München und Oberbayern zum Auftakt der von ihm initiierten Aktion. Dass die Kirche wiederaufgebaut werden muss, sei für ihn schon beim Gedenkgottesdienst kurz nach dem Brand klar gewesen, sagt er. Die Teilnehmenden hätten von ihrer engen Verbundenheit mit der Christuskirche erzählt, so Kopp. Der Brand hatte nicht nur die fast hundert Jahre alte Holzknüppelkirche zerstört, sondern auch den angrenzenden Gemeindesaal. Die Brandschutzmauer zum Gemeindezentrum hielt aber stand.

Aufruf zur Solidarität: Im August 2021 brannte die Uttinger Christuskirche aus. Über hundert Einsatzkräfte waren vor Ort.

Im August 2021 brannte die Uttinger Christuskirche aus. Über hundert Einsatzkräfte waren vor Ort.

(Foto: Feuerwehr Utting)

Mittlerweile sind die Brandreste schon lange entfernt, die ehemalige Bodenplatte zeigt noch an, wo das in Bayern einzigartige Holzbauwerk stand. Seinen Ursprung hatte es in einem 1927 errichteten Betsaal. Über die Jahrzehnte wurde es zu einer Kirche mit Glockenturm und Gemeindesaal aus- und umgebaut. Knapp eineinhalb Jahre nach dem Inferno treffen sich die 40 Jugendlichen der Gemeinde nun im Flur des Gemeindezentrums. "Das ist derzeit der größte Raum", sagt Pfarrerin Alexandra Eberhardt.

Sie teilt sich eine Pfarrstelle mit ihrem Mann Jochen Eberhardt für den ersten der drei Sprengel im Gemeindegebiet. Zur Evangelischen Kirchengemeinde Ammersee-West gehören etwa 4000 Gläubige, das Gemeindegebiet erstreckt sich mit den Zentren Dießen und Utting am gesamten Westufer des Ammersees entlang. Gemeinsam improvisieren sie nun, da Kirche und Saal fehlen.

Aufruf zur Solidarität: Der ausgebrannte Turm musste abgebaut werden.

Der ausgebrannte Turm musste abgebaut werden.

(Foto: Evang. Kirchengemeinde Ammersee-West)

Manchen Ortes, wo Kirchen geschlossen werden, sei die Entwicklung derzeit anders herum, merkt Jochen Eberhardt an. Im Winterhalbjahr wird für Gottesdienste der Pfarrsaal der katholischen Gemeinde Utting genutzt. Mehr gefragt sind die Gottesdienste auf der Kirchenwiese im Sommerhalbjahr vor der Kirche, da viele Kirchgänger besonders mit dem Platz verbunden seien. Es gibt ein Streaming-Angebot, dafür sei bereits moderne Technik angeschafft worden, erzählt die Pfarrerin. Monitore sollen auch in der neuen Kirche einziehen, die aus Vollholz gebaut werden wird.

Noch in diesem Jahr soll es mit dem Bau losgehen - hoffentlich zumindest

Die warme Willkommensatmosphäre soll sich auch in der neuen Kirche wiedereinstellen, das ist den Eberhardts wichtig. Ein Baubeginn noch in diesem Jahr wird angepeilt, eine genaue Zeitangabe will das Pfarrerpaar nicht mehr nennen, da schon manches länger gedauert habe als gedacht. Die Solidarität ist groß: Auch die Gemeinde hat versprochen, noch einen Teil beizutragen. Zur Höhe hielt sich Uttings Bürgermeister Florian Hoffmann noch bedeckt. Er hat bereits angeboten, beim Einweihungsgottesdienst die neuen Glocken zu läuten, die wie bisher von Hand geläutet werden. Das evangelische Gemeindezentrum sei ein Begegnungsort für alle in der Gemeinde gewesen, stellte Hoffmann fest. Neben kulturellen Veranstaltungen fanden dort vom Corona-Testzentrum bis zum Sportkurs viele Angebote statt.

Damit der Wiederaufbau gelingen kann, sind noch einige Hürden aus dem Weg zu räumen. Eine davon ist die Finanzierung. Bisher gibt es nur eine grobe Kostenschätzung, demnächst soll eine genauere Kostenplanung vorliegen. Die Pfarrerin berichtet, dass man sich mit der Brandversicherung bisher nur auf einen Fixpreis für den Bau geeinigt habe. Diese zahle dafür 1,5 Millionen Euro - ohne Inventar, das gänzlich verbrannt ist. Dafür stehen noch weitere Verhandlungen an.

Die Glocken und die Turmspitze sind zwar noch erhalten, können aber nicht mehr verwendet werden. Zudem sind einige Mehrausgaben zu stemmen, denn es muss in einem höheren energetischen Standard gebaut und neue Vorgaben wie beim Brandschutz beachtet werden. Die neue Kirche werde ein bisschen größer, so Pfarrer Eberhardt. Allein die Kostenschätzung von den Architekten Wolf-Eckart Lüps und Mauritz Lüps sieht zwei Millionen Euro nur für den Rohbau vor. Deshalb steht die Evangelische Kirchengemeinde Ammersee-West, die die Bauherrin ist, mit einer großen Finanzierungslücke da.

Alexandra Eberhardt rechnet damit, dass die Landeskirche ein Drittel der nicht von der Versicherung gedeckten Kosten übernimmt. Weitere Mittel kommen aus dem Dekanat Weilheim und aus Spenden. Sie hätten schon eine "unglaubliche Solidarität" erlebt, berichtet das Pfarrerehepaar. In den ersten Monaten nach dem Brand gingen bereits über 300 000 Euro überwiegend von Spenderinnen und Spendern aus Utting auf das Spendenkonto ein. Ein eigener Förderverein hat sich gegründet. "Viele sind auf uns zugekommen und haben ihre Begabung zur Verfügung gestellt", so die Pfarrerin.

In Murnau sammele beispielsweise die kleinste der drei Glocken in der dortigen Christuskirche seit einem Jahr schon Spenden für Utting, erzählt Jochen Eberhardt. Auch in Herrsching und Kaufering wurde schon gesammelt. Nun wendet sich Regionalbischof Kopp an die 150 Kirchengemeinden in Oberbayern. Wenn überall jeweils 1000 Euro zusammenkämen, wäre das "ein starkes Zeichen der Solidarität".

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