Ausstellung in Utting:Träume kann man nicht planen

Ausstellung in Utting: Cornelia Hesse im Raum B1 am Uttinger Bahnhof.

Cornelia Hesse im Raum B1 am Uttinger Bahnhof.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die Künstlerin Cornelia Hesse sammelt Tetra-Paks und visualisiert mit den Milch- und Safttüten nächtliche Fantasiewelten.

Von Katja Sebald, Utting

Man könnte sich lange mit der ungewöhnlichen Biografie der Künstlerin Cornelia Hesse aufhalten. Und natürlich könnte man eine Parallele ziehen zwischen ihrem Leben und dem Titel "Plans and Dreams", den sie für ihre allererste Einzelausstellung im Raum B1 in Utting gewählt hat. Man könnte auch die Titel der einzelnen Arbeiten unter diesem Aspekt betrachten, denn sie heißen "live the dream" oder "dream things true".

Man könnte aber auch zunächst einfach nur die Bilder und Objekte betrachten, mit denen Cornelia Hesse den kleinen Ausstellungsraum bestückt hat, der jetzt zum ersten Mal nach der Pandemie wieder eine richtige Galerie ist, die man auch betreten darf.

Hesse, so viel ist sicher, sammelt Tetra-Paks. Sie zieht ihnen ihre bunt bedruckte äußere Haut ab und besprüht sie dann mit gelber Farbe. Praktischerweise stehen die Milch- oder Safttüten dabei auf Leinwänden. Sobald die Farbe getrocknet ist, werden die Verpackungen auseinandergeschnitten und aufgefaltet. In ihrem Inneren sind sie mit einer silbrig glänzenden Metallfolie beschichtet, die zur Außenseite wird, wenn Cornelia Hesse sie zu kugelförmigen, aber durchbrochenen Objekten zusammenfügt und mit einigen wenigen Tackernadeln fixiert.

Die Öffnungen geben den Blick frei auf die leuchtend gelben Innenflächen, die metallische Außenseite aber wird zum Schluss noch an einigen Stellen eingedrückt, sodass sich auch noch Licht- und Schattenflächen ergeben. Die so entstandenen Objekte, wundersame Zwitter aus Raumstation und Mobile, schweben an unsichtbaren Nylonschnüren oder sind sachte auf hohen weißen Sockeln gelandet.

An den Wänden ringsum aber hängen die Leinwände, die bereits als Unterlage beim Besprühen der Tetra-Paks gedient haben. Natürlich hängen sie dort nicht einfach so, sondern sie sind zu gemalten Träumen weiterbearbeitet worden. Die Künstlerin verbindet in ihren stets abstrakten Bildkompositionen Gestisches und Zeichenhaftes, Farbiges und Schwarzes. Scheinbar Zufälliges wie die gesprühten Farbreste kontrastiert mit bewusst gesetzten Schriftfragmenten und malerischen Elementen.

Ausstellung in Utting: Cornelia Hesse mit ihren Skulpturen aus Tetra-Paks (im Vordergrund).

Cornelia Hesse mit ihren Skulpturen aus Tetra-Paks (im Vordergrund).

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Das Gesamtergebnis, in dieser Ausstellung konsequent auf Weiß und Schwarz mit gelben Farbakzenten reduziert, ist spannungsvoll, aber stets harmonisch und zuweilen auch dekorativ. Verbindendes Element zwischen den zweidimensionalen und den dreidimensionalen Arbeiten ist in Utting eine sich wiederholende unregelmäßige Punktform. Auf den plastischen Objekten ergibt sie sich durch die eingedrückten Dellen, auf den Leinwänden wird sie aufgemalt.

"Pläne sind analytisch, reine Kopfsache", schreibt die Künstlerin zu ihrer Ausstellung, sie seien an einem vorgefassten Ziel orientiert und von Effizienz geleitet. Ein Plan sei dann gut, wenn er realisiert werden kann und einen möglichst hohen Output liefert. Träume aber kann man nicht planen: "Der Traum dagegen ist schwer fassbar. Es ist weder steuerbar, ob er auftaucht noch wie. Er rührt aus unserem tiefsten Innern, dem Unterbewusstsein. Oft offenbart er sich uns nur schlaglichtartig, bleibt schemenhaft und vage in seiner unwirklichen Schattenwelt verhaftet. Aber manchmal wird ein Traum so drängend, dass er sich den Weg in die Tagwelt bahnt. Dann können aus Träumen Pläne geschmiedet werden."

Ausstellung in Utting: Hesses Werke sind mal gestisch, mal zeichenhaft, mal farbig, mal schwarz.

Hesses Werke sind mal gestisch, mal zeichenhaft, mal farbig, mal schwarz.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Und spätestens jetzt muss man doch auch auf die Biografie dieser Künstlerin blicken, die den perfekten Plan nicht nur geschmiedet, sondern auch umgesetzt hat. 1976 in Wolfratshausen geboren, absolvierte Cornelia Hesse ein Studium der Rechtswissenschaften mit Referendariat in München und anschließender Promotion. Und damit nicht genug: Fast zehn Jahre lang arbeitete sie als Juristin, zuletzt als Arbeitsrichterin. Nach der Geburt ihres Sohns im Jahr 2014 begann sie während der Elternzeit, sich intensiv mit Malerei, Zeichnung und Plastik auseinanderzusetzen.

Irgendwann musste sie eine Entscheidung treffen. Und sie entschied sich dafür, ihren Traum zu verwirklichen und Künstlerin zu werden. Aber jemand, der so zielstrebig durchs Leben geht wie Hesse, malt natürlich nicht einfach so vor sich hin. Sie nahm Unterricht, besuchte Seminare an der Akademie "EigenArt" in Bad Heilbrunn, an der privaten "Kunstakademie Kolbermoor" und an der "Freien Kunst Akademie Augsburg", wo sie schließlich einen zweijährigen Studiengang absolvierte. Ihr Atelier hat Hesse in Aufhausen. Dort "entdeckte" sie Harry Sternberg, der die Ausstellungen im Raum B1 in Utting kuratiert, als sie im vergangenen Herbst als Gastausstellerin an den Ateliertagen Berg/Icking teilnahm. Mittlerweile ist sie festes Mitglieder der Künstlergruppe am Ostufer des Starnberger Sees.

Die Ausstellung "Plans and Dreams" im Raum B1 am Bahnhofsplatz 1 in Utting ist noch bis zum 10. April jeden Sonntag von 14 bis 18 Uhr zu besichtigen.

Zur SZ-Startseite

SZ PlusKinos in der Krise
:"Deutschland ist eher eine Fernsehnation"

Noch immer haben sich viele Kinos nicht von den Corona-Folgen erholt. Die Menschen und die Filmbranche haben sich in der Pandemie verändert. Was bedeutet das für die Lichtspielhäuser? Ein Gespräch mit Kinobetreiber Mathias Helwig.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: