Unternehmer:Eine Gilchinger Erfolgsgeschichte wie aus Amerika

Peter Reisenthel, 2017

6,5 Millionen Mal ist der Carrybag von Peter Reisenthel in den vergangenen 13 Jahren verkauft worden.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Peter Reisenthel hat Millionenumsätze mit dem Einkaufskorb "Carrybag" gemacht. Verkaufsgedanken? Niemals.

Von Otto Fritscher, Starnberg

Er ist groß, leicht und belastbar. Das macht ihn so begehrenswert. Peter Reisenthel, 73, weiß das. Er hat schon Preise deswegen bekommen. Natürlich ging und geht es dabei vor allem um den Carrybag. 2003 hat der Unternehmer den Korb mit Aluminiumrahmen auf den Markt gebracht, seitdem wurde er millionenfach verkauft. Das Interesse anderer Firmen ist dementsprechend groß, aber der Erfinder wehrt sich. "Wir haben die Prozesse gewonnen, da wir den Carrybag mit weitreichenden Patenten schützen konnten", sagt Reisenthel.

Es ist eine Erfolgsgeschichte, die man auch locker in Amerika verorten könnte, aber sie spielt in einem Gewerbegebiet in Gilching, im Landkreis Starnberg. Hier hat Reisenthel die Firmenzentrale der "Reisenthel Accessoires GmbH" angesiedelt, hier gibt es ein Warenlager für 5000 Euro-Paletten, hier arbeiten 80 Mitarbeiter. Dreh- und Angelpunkt des Geschäfts sind "Behältnisse", wie Reisenthel sagt, allen voran der Carrybag, ein Einkaufskorb aus Stoff mit einem Aluminiumrahmen.

6,5 Millionen Mal ist der Carrybag in den vergangenen 13 Jahren verkauft worden, hat den Händlern einen Umsatz von rund 250 Millionen Euro beschert - und Reisenthel natürlich einen hübschen Gewinn über die Jahre. "Wir haben uns schon immer auf Produkte konzentriert, die den Alltag einfacher machen, dabei aber formschön und auch bezahlbar sein sollen", erklärt Reisenthel seine Geschäftsphilosophie.

Rund 100 Produkte - von der Kosmetiktasche über die zusammenfaltbare Einkaufstasche Minimax bis hin zu Wäschekörben umfasst die aktuelle Verkaufspalette. Im Verlauf der vergangenen mehr als 40 Jahre sind es rund 600 Produkte in 2000 Dekors geworden. Gefertigt wird in China und Vietnam, wobei Reisenthel Wert legt auf langfristige Beziehungen, was auch für die Einzelhändler und Handelspartner in 45 Ländern weltweit gilt, mit denen die Firma Geschäftsbeziehungen unterhält, bis nach Namibia und in die Mongolei.

Reisenthel hat in den bald fünf Jahrzehnten seiner Unternehmer-Karriere natürlich auch schon Flops hingelegt. Produktideen, die er toll fand, der Verbraucher aber nicht. Lieber spricht er über die Erfolgsgeschichte seines Unternehmens, das den Familiennamen "Reisenthel" trägt, und das in der Tat immer noch ein Familienunternehmen ist, geführt von Reisenthel selbst, seiner Ehefrau Rita und Sohn Patrick. Verkaufsgedanken? Niemals.

Preise und Auszeichnungen hat die Firma indes schon eine ganze Menge eingeheimst. Mehrfach etwa den bekannten Red-Dot-Award für gutes Design, für das seit 25 Jahren Designchefin Katja Horst verantwortlich ist. Reisenthel ist kürzlich als "Unternehmer des Jahres" ausgezeichnet worden, zwar von der Mittelstands-Union der CSU im Landkreis Starnberg, aber zur Laudatio reiste immerhin Finanzminister Markus Söder an.

Angefangen hat Reisenthel, ein gebürtiger Gautinger, mit einer Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann, er war Sachbearbeiter in einem Handelsunternehmen. Doch dort wurde es dem ehrgeizigen jungen Mann bald zu eng und auch zu fad. "Ich habe immer gewusst, dass ich mein eigener Chef sein will", sagt Reisenthel. So übernahm er eine Handelsvertretung für Modeschmuck, dann kam ihm die Idee, Uhrenarmbänder und Gürtel zu verkaufen. Er besorgte sich das Leder in Metzingen, die Farbe - "ein schönes Mahagoni" - trieb er in den USA auf.

Reisenthel, den man mit Fug und Recht als Prototyp eines Selfmademan bezeichnen könnte, erinnert sich gerne an diese Zeit: "Das Leder habe ich selbst geschnitten", sagt er. Dann ging es Schlag auf Schlag. Die Gürtel und vor allem die Schlüsselanhänger, die mit einem Buchstaben als Anhänger versehen waren, "die haben das Geschäft richtig nach oben geschossen".

"Ich habe immer noch viele Ideen"

Wenn man sich mit Reisenthel unterhält, merkt man schnell, dass "richtig" eines seiner Lieblingswörter ist. Dieser Mann macht keine halben Sachen, sondern das, was er anpackt, macht er "richtig".

Zusammen mit seinem Bruder eröffnete Reisenthel ein kleines Geschäft am Altheimer Eck 6 in München, Monatsmiete 350 Mark. "Dann hat uns der Nachbar seinen Schaukasten in der Neuhauser Straße angeboten, für 500 Mark im Monat, den haben wir gemietet und das ging richtig los." Richtig eben. Ein Großauftrag für die personalisierten Schlüsselanhänger kam von einem Weingut, das fast eine Million Stück für Werbeaktionen orderte.

Ans Aufhören denkt Reisenthel nicht. "Ich habe immer noch viele Ideen", sagt er. Allerdings möchte er sich etwas mehr Zeit für sein großes Hobby, das Golfspielen, nehmen. "Neulich habe ich eine Runde mit einem 87-Jährigen gespielt", sagt Peter Reisenthel und lacht. Offenbar will er weder die Führung des Unternehmens noch den Golfschläger so schnell aus der Hand geben. "Richtig", sagt Reisenthel und lacht.

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