Bayerisches Brauchtum:Diebstahl am helllichten Tag

Bayerisches Brauchtum: Triumphaler Einzug ins Dorf: Die Burschenschaft aus Unterbrunn mit ihrem insgesamt 69. Maibaum - zum zweiten Mal aus Sendling-Westpark.

Triumphaler Einzug ins Dorf: Die Burschenschaft aus Unterbrunn mit ihrem insgesamt 69. Maibaum - zum zweiten Mal aus Sendling-Westpark.

(Foto: Burschenschaft)

Die Unterbrunner Burschen haben wieder zugeschlagen: Sie holen in Sendling den Maibaum, der auf dem Luise-Kiesselbach-Platz aufgestellt wird. Dort hatten sie schon einmal zugeschlagen.

Von Michael Berzl, Gauting

Diesmal haben die Maibaumdiebe in Unterbrunn ein besonders prominentes Exemplar entführt: Nummer 69 ist ein prachtvoller 28-Meter-Mast, der in gut zwei Wochen auf dem Luise-Kiesselbach-Platz in München aufgestellt werden soll. Der dreitägige Ausflug aufs Land ist nun aber beendet: Am Mittwochabend, so die Vereinbarung, sollte der Baum zurückgehen. Nach unkomplizierten und erfolgreichen Verhandlungen am Telefon hat die Unterbrunner Burschenschaft unter Führung von Hannes Göschl vereinbart, ihre Beute zurückzubringen gegen das Versprechen, zu gegebener Zeit mit hundert Liter Bier und ausreichend Brotzeit bewirtet zu werden. Otto Seidl, Vorsitzender des Maibaumvereins Sendling-Westpark, hatte von sich aus vorgeschlagen, es solle Steckerlfisch geben.

Das spricht für ein ungetrübtes Verhältnis der Beteiligten, obwohl die beiden Brauchtumsvereine vor allem ein weiterer Diebstahl und eine angemessene Auslöse miteinander verbindet. Es ist nämlich nicht der erste Kontakt: Vor fünf Jahren hatten die Unterbrunner schon einmal am Stadtrand zugeschlagen. Unter Federführung des ehemaligen CSU-Stadtrats Otto Seidl war extra ein Verein gegründet worden, um 2018 auf dem neuen Luise-Kiesselbach-Platz einen Maibaum aufzustellen. Der wurde zur Premiere gleich zweimal gestohlen: erst von den Unterbrunnern und dann auch noch von den Inningern.

Für die Rekord-Diebe aus Unterbrunn war es bereits der 69. Coup. Am Ostermontag war einem ihrer Spähtrupps aufgefallen, dass der halb hergerichtete Baum auf einem Lagerplatz in Sendling unbewacht war: Es war einfach niemand da, der aufpasste. In Windeseile wurden 40 Mann mobilisiert - und die schleppten das knapp zwei Tonnen schwere Trumm zur Straße und verzurrten es auf ihrem von einem Unimog gezogenen Spezialanhänger. Für Mittwochabend wurde der knapp 20 Kilometer weite Rücktransport vereinbart.

Zur Erleichterung des Ex-Stadtrats und Vereinsvorsitzenden Seidl: "Ist doch schön, ist doch der Brauch. Da fehlt sich nix". Aber Eile war geboten, denn die Sendlinger haben noch einiges zu tun bis zum Maifeiertag. Die zweite Grundierung muss noch auf den Baum und weiße Farbe, und passend gemacht werden muss er auch noch. Die Unterbrunner dagegen haben noch ein wenig Zeit, die Augen offen zu halten, ob sie heuer auch den 70. Diebstahl noch hinkriegen. "Wenn uns einer vor die Füße fällt", sagt der stellvertretende Oberbursch Ludwig Göschl, "nehmen wir den mit". In einem gar nicht so kleinen Radius rund um den Gautinger Ortsteil Unterbrunn ist das jedoch durchaus als Drohung für alle übrigen Maibaumwächter zu verstehen.

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