Umfahrungs-Zwist:Es wird geholzt

Die Rodungsarbeiten für die Weßlinger Umfahrung haben begonnen. Die Naturschützer schicken Protestbriefe und Mails an Bürgermeister Muther. Die Befürworter der Straße sind empört und keilen zurück

Von Wolfgang Prochaska, Weßling

Der Bürgermeister ist genervt, die Naturschützer empört, die Umfahrungsfreunde sauer: In Weßling ist wieder einmal die Stimmung nicht die beste. Was ist passiert? Die Rodungsarbeiten für den Bau der Umfahrungsstraße haben in dieser Woche begonnen und der Bund Naturschutz Weßling (BN) hatte am vergangenen Wochenende dazu aufgerufen, Bürgermeister Michael Muther Protestbriefe und Protest-Mails zu schicken. Und diese landeten zuhauf im Rathausbriefkasten beziehungsweise unter seiner Mail-Adresse.

Muther reagierte auch, allerdings auf seine Weise. Auf der Homepage der Gemeinde ließ er mitteilen: "Ich bin mir sicher, dass alle, die immer noch versuchen wollen, die Verkehrsentlastung unserer Hauptstraße in Weßling zu verhindern, die Sach- und Rechtslage zur Umfahrung sehr gut kennen. Dies nochmals schriftlich zu erläutern, führt zu weit." Das ist deutlich. Weiter heißt es: "Wir alle nehmen die Vorteile der Demokratie - Versammlungsfreiheit, Pressefreiheit, Recht auf freie Meinungsäußerung - als selbstverständlich hin. Wir alle, auch diejenigen, die unseren Bürgern im Ortsteil Weßling keine Entlastung vergönnen, sollten lernen, demokratische Prozesse - auch wenn sie nicht den Wunschvorstellungen aller entsprechen - zu akzeptieren." Die Stellungnahme von Muther und die Protestbriefe stellen den vorläufigen Höhepunkt einer immer absurder werdenden Auseinandersetzung um die Umgehungsstraße dar.

40-Jahrfeier der Nachbarschaftshilfe Weßling

Rief zur Protestbrief-Aktion an Bürgermeister Michael Muther auf: Die Weßlinger BN-Vorsitzende Gerhild Schenck-Heuck.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Tatsache ist: Die Straße ist genehmigt. Auch eine Klage des Bunds Naturschutz (BN) gegen das Projekt beziehungsweise gegen den Planfeststellungsbeschluss führte nicht zum Erfolg. Der BN verlor vor Gericht. Selbst der Bürgerentscheid zur Vorfinanzierung der Umfahrung durch die Gemeinde endete mit einem deutlichen Votum für den Bau der Straße. Da half es auch nicht, dass sich die Nachbargemeinde Wörthsee weigerte, ein Grundstück an Weßling für den Straßenbau zu verkaufen. Weßling stellte den Antrag zur Enteignung, Wörthsee legte Widerspruch ein, drang aber beim Verwaltungsgericht mit seiner Rechtsauffassung nicht durch.

An weiterer Vehemenz gewann die Auseinandersetzung, als bekannt wurde, dass die Rodungsarbeiten Mitte Januar beginnen sollten. Daraufhin organisierten die beiden BN-Ortsgruppen von Weßling und Wörthsee mit den Grünen am Dreikönigstag eine Demo auf der geplanten Trasse. Etwa 200 Leute, darunter auch die Bürgermeisterin von Wörthsee, kamen. Unter großem Applaus wurden weitere Aktionen angekündigt. Zu dieser gehören auch die Protestbriefe. Angekündigt war für Dienstagabend auch eine Demonstration vor dem Weßlinger Rathaus vor Beginn der Sitzung des Bauausschusses.

michael Muther foto: oh

Die Stellungnahme von Muther und die Protestbriefe stellen den vorläufigen Höhepunkt einer immer absurder werdenden Auseinandersetzung dar.

(Foto: oh)

Nun ist Weßling eine Gemeinde, in der sich die Bürger gerne engagieren und diskutieren, was auch mit dem Kampf um besseren Lärmschutz am Sonderflughafen Oberpfaffenhofen zusammenhängt. Proteste haben in der Gemeinde schon eine gewisse Tradition, man denke auch an die Demonstrationen der Friedensbewegung in den 80er Jahren vor dem Dornier-Werkstor. Dennoch bedeutet der Bau der Umfahrung für so manch Einheimische eine Zäsur, da es sich um einen tiefen Eingriff in die Natur handelt. Das leugnet nicht einmal Bürgermeister Muther, der deshalb kein großer Freund der Straße ist, aber dem Bürgerwillen nachkommen will. Für den Verein Verkehrsberuhigung sind die Proteste nicht mehr nachvollziehbar. Die Vorsitzende Felizitas Leitner schreibt in einer Stellungnahme: "Wenn die Gegner der Straße sowohl alle rechtlichen, fachlichen und demokratisch getroffenen Entscheidungen nicht akzeptieren können oder wollen, (...), stellt sich die Frage, in welcher Staatsform sie eigentlich leben möchten." Es ist davon auszugehen, dass sich die Gemüter so schnell nicht beruhigen werden.

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