TV-Pfarrer Fliege zieht vor Gericht:Das fehlende Stück zum Glück

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Ein Grundstück von 599 Quadratmeter hat Jürgen Fliege am Starnberger See gekauft - genau einen zu wenig, um bauen zu dürfen. Nun verklagt der TV-Pfarrer den Verkäufer.

E. Müller-Jentsch

"Tutzing ist weit schöner, als wir uns neulich vorstellen konnten", stellte schon 1873 der Komponist Johannes Brahms in einem Brief an einen Freund fest. Auch heutige Prominente sehen das so und wollen gerne in der alten Fischergemeinde am westlichen Ufer des Starnberger Sees leben. Zum Beispiel TV-Pfarrer Jürgen Fliege, der sich dort ein Millionen-Grundstück mit Seeblick gegönnt hat - mit dem er aber alles andere als glücklich ist. Den Verkäufer hat er verklagt und den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten: Das Areal ist nämlich um eine Winzigkeit zu klein, um bebaut werden zu dürfen.

Streitet vor Gericht um ein Grundstück am See: TV-Pfarrer Jürgen Fliege. (Foto: dpa/dpaweb)

Das sah auch das Landgericht MünchenII so und gab ihm im Februar recht. Über die Berufung des verurteilten Verkäufers wurde nun am Dienstag vor dem Oberlandesgericht München verhandelt. Das umstrittene Grundstück liegt keine 200 Meter von Seeufer entfernt. Der ursprüngliche Eigentümer hatte es vor dem Verkauf geteilt, um den unteren Teil selbst zu bebauen. Das wurde ihm von der Gemeinde zunächst jedoch verwehrt: Der Bebauungsplan für diese Gegend sieht nämlich Baurecht erst ab 600 Quadratmetern vor - dieses Grundstück hatte aber nur 599. Daraufhin zwackte der Besitzer den fehlenden Quadratmeter einfach vom dem oberen Grundstück ab, das er an Fliege und dessen Lebensgefährtin verkauft hat.

Genau dieser eine Quadratmeter große Flecken Erde fehlt nun dem Fernsehpastor, der für besagten oberen Teil 1,08 Millionen Euro bezahlt und dafür exakt 599Quadratmeter Grund erhalten hat. Damit sei ihr Grundstück tatsächlich völlig wertlos, meinen die beiden Käufer nun und haben den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten. Dazu kommt noch, dass die Wohnfläche des bestehenden Hauses auf dem Fliege-Grundstück nur 160 und nicht die versprochenen 340 Quadratmeter haben soll. Denn das Gebäude sei teilweise ohne Genehmigung renoviert worden, sodass es sich möglicherweise teilweise um einen Schwarzbau handle, meinte Fliege.

Der Verkäufer bestritt das und behauptete, der gezahlte Kaufpreis sei angemessen. Das vorhandene Gebäude genieße doch Bestandsschutz, ein Ersatzbau sei daher unproblematisch. Zudem bot er Fliege an, dass er den fehlenden Quadratmeter "gegen angemessenes Entgelt" nachkaufen könne. Überhaupt sei es Sache des Käufers, sich um die Bebaubarkeit des Grundstücks zu kümmern. Der Richter stellte dagegen fest, dass der Kaufvertrag "von Anfang an als nichtig anzusehen ist''. Der Verkäufer habe das Problem gekannt. Auch bei einem bereits bebauten Grundstück sei es ein "wesentlicher wertbildender Faktor", was dort künftig noch hingebaut werden dürfte, sagte der Richter. Wenn hier wichtige Tatsachen verschwiegen werden, "stellt das eine Täuschung dar".

Vor dem Oberlandesgericht schoben sich beide Parteien erneut gegenseitig die Schuld zu. Auf dringendes Anraten des 28.Zivilsenats verpflichteten sie sich aber, den Kaufvertrag für "von Anfang an unwirksam" zu erklären. Nach langem Gefeilsche war Fliege bereit, 40000 Euro Abstandssumme zu bezahlen. Ihre jeweiligen Kosten - Bankzinsen, Notar- und Maklergebühren sowie Anwaltskosten - tragen beide Seiten selbst. Sie versicherten auch, sich gegenseitig künftig keinerlei Vorwürfe wegen des gescheiterten Deals zu machen - man sei einfach nur "im Irrtum" über wesentliche Merkmale der Immobilie gewesen.

© SZ vom 11.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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