Tutzing:Wie ein Tutzinger Wirt zum Depardieu-Double wurde

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Das Kamerateam hatte vergessen, in Oberbayern die Cabrio-Szene zu drehen. Weil er "einen sehr ähnlichen Charakterzinken" hat wie der Schauspieler, durfte Fritz Häring einspringen.

Von Otto Fritscher, Tutzing

Fernseherfahrung hat Fritz Häring eigentlich ja mehr als genug. Schließlich hat der Wirt vom Tutzinger "Midgardhaus" schon in mehr als 260 TV-Sendungen als Koch, Moderator und Reiseleiter wie in seiner jüngsten Sendereihe "Appetit auf ..." vor der Kamera agiert. Und auch in seinem Lokal, direkt am Ufer des Starnberger Sees gelegen, schauen immer wieder mal Prominente vorbei, sei es aus der Nachbarschaft wie Peter Maffay und Leslie Mandoki, oder von weit her wie der südafrikanische Bischof Desmond Tutu. Da hat Häring, ein gebürtiger Niederbayer, ja schon so Einiges erlebt, ohne abgehoben zu sein.

Aber einen Weltstar doublen zu müssen, das war auch für Häring neu. Das kam so: Vor fast genau einem Jahr machte der französische Schauspieler Gerard Depardieu im Midgardhaus Station, zusammen mit dem Pariser Chefkoch Laurent Audiot. Grund des Aufenthalts: Die beiden, Depardieu als bekannter Gourmet, und der Chefkoch, sind die Protagonisten einer Fernsehreihe, die der Sender Arte dreht. Das Duo reist kreuz und quer durch Europa und erkundet Land und Leute, natürlich immer mit einem Schwerpunkt auf der Kulinarik. So war Depardieu am Samerberg bei Rosenheim bei den Züchtern von Simmentaler Rindern, kreuchte mit einem Pilzexperten durch die idyllische Herbstlandschaft, und ließ sich selbstgebrannten Obster kredenzen.

Doch was wäre eine kulinarische Entdeckungstour durch Bayern ohne Weißwürste. "Da bin ich schon ein bisschen stolz drauf, dass man diese Szenen bei mir gedreht hat", sagt Häring. Im Trailer ist nun zu sehen, wie Depardieu misstrauisch an einem Berg von Weißwürsten schnuppert, bevor er sie nicht mit Messer und Gabel verspeist, sondern an ihnen zutzelt, wie der Bayer das angeblich tut.

Noch interessanter vielleicht, was nicht im Fernsehen gezeigt wird. Da wäre zuerst die Tatsache, dass Häring Depardieu erst überzeugen musste, dass Weißwürste nun mal nicht gebraten werden, wie sich dies der Franzose gemeinhin von deutschen Würsten vorstellt. So wurden die Würste also fachgerecht in einem Kessel mit Wasser auf 75 Grad erhitzt. "Und dann noch der süße Senf, das war für Depardieu wirklich ungewohnt", sagt Häring und lacht. Und dann noch die Sache mit dem Weißbier. "Da ist doch kein Bier, hat der Depardieu gesagt, als er das Bier probiert hat", sagt Häring. Insgesamt sei der Weltstar aber ein angenehmer Gast gewesen. "Er hat gesagt, dass er die Weißwurst gut findet, so etwas aber nicht jeden Tag braucht", erinnert sich Häring an die Begegnung mit dem Schauspieler. Und fügt hinzu: "Aber ich glaub schon auch, dass der sehr unangenehm werden kann, wenn ihm was nicht passt", sagt Häring in seiner freimütigen Art, die auch das Markenzeichen seiner Moderation und seiner Fragen ist.

Der Franzose reiste aus Tutzing wieder ab, kaum waren die Dreharbeiten vorbei. Doch das Kamerateam stellte, oh Schreck, plötzlich fest, dass vergessen worden war, die Szenen zu drehen, in denen Depardieu in einem Cabrio durch die oberbayerische Landschaft fährt. "Da kam dem Regisseur eine Idee", erzählt Häring. "Er hat gesehen, dass ich einen sehr ähnlichen Charakterzinken habe wie Depardieu", sagt Häring über sein Riechorgan. Also wurde Häring flugs in eine Lederjacke gesteckt, in das Cabrio gesetzt - und vom Beifahrersitz aus dreht der Kameramann die Szenen, wobei Häring nur so im Profil zu sehen ist, dass er angeblich kaum von Depardieu zu unterscheiden ist. "Der hat sich die Szenen angeschaut und freigegeben", sagt der Wirt und Koch Häring.

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Depardieu sei eben "ein rustikaler Typ", sagt er. Und als es ums Essen ging, habe der stämmige Franzose gleich gesagt: "Bitte kein Chichi." Da war er beim Niederbayern genau richtig.

"Schlemmen mit Gerard Depardieu" wird am Donnerstag, 20. Oktober, 19.30 Uhr, auf Arte gesendet.

© SZ vom 17.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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