Süddeutsche Zeitung

Tutzing:Wirbel um Kustermannpark

Der Förderkreis, der sich um das Kleinod kümmert, fühlt sich von der Gemeinde im Stich gelassen. Seine Vorsitzende kritisiert, dass die Anlage stellenweise verwildert

Von Manuela Warkocz, Tutzing

Kaputte Zäune, nicht fachgerecht gepflegte Pflanzen, ein zum großen Teil unansehnliches Alpinum - im Kustermannpark an Tutzings südlichem Seeufer liege einiges im Argen, kritisiert der Förderkreis Kustermann-Villa &-Park. Die Vorsitzende Anja Behringer wirft der Gemeinde vor, Absprachen nicht einzuhalten. Dem Landratsamt hält sie vor, den Bereich des Alpinum, der in seine Zuständigkeit fällt, verwahrlosen zu lassen. "Ich bin enttäuscht und verzweifelt", so Behringer zur SZ. "Man kann nicht alles auf uns Ehrenamtliche vom Förderkreis abschieben."

Einen weitläufigen und repräsentativen Park in englischem Stil hatte sich der vermögende Münchner Unternehmer Max Kustermann einst rund um seine Villa in Tutzing schaffen lassen. Der reiche Fabrikbesitzer hatte 1865 zwischen Johannishügel und Seeufer 28 Tagwerk erworben, etwa 95 000 Quadratmeter. Auf dem hügeligen und von Bachläufen durchzogenen Gelände ließ er vom Königlich Bayerischen Hofgartendirektor Karl von Effner eine Parklandschaft mit spektakulären Sichtachsen und Exoten wie einem Tulpenbaum schaffen. Wo früher nur die Unternehmerfamilie und ihre Gäste flanierten, kann sich heute jedermann erholen: Die Gemeinde Tutzing erwarb 1972 die denkmalgeschützte Villa samt 68 000 Quadratmeter Parkfläche. Den lange Zeit völlig verwilderten Park zu rekonstruieren und in seiner Einzigartigkeit zu erhalten, hat sich in Zusammenarbeit mit der Gemeinde seit 1998 der Förderkreis Kustermann-Villa &-Park zum Ziel gesetzt.

Viel ist geschafft worden, überwucherte Sichtachsen wurden frei geschnitten, Rasenflächen freigelegt, historische Bänke rekonstruiert, vergangenen November auch das alte Gewächshaus und das Bootshaus unter Denkmalschutz gestellt. Der Förderkreis rekonstruierte das etwa 40 Quadratmeter große Herzstück des historischen Alpinums und pflegt es. "Dafür bekommen wir viel Lob von Spaziergängern, auch unsere Führungen sind beliebt", sagt die Vereinsvorsitzende. Die Erweiterung des Alpengartens, die die Untere Naturschutzbehörde 2016 anlegen ließ, sieht allerdings dürftig aus: Wo anfangs Rittersporn, Pfingstnelken, Enzian, Alpenveilchen, Hauswurz und Laucharten standen, sieht man jetzt fast nur noch nackte Kalktuffsteine, ein paar Brombeerranken, Brennnessel und Ilex.

Als "einzigen Jammer" bezeichnet Behringer den Zustand einer einstmals stattlichen, 150 Jahre alten Magnolie. Ihr Stamm ist ausgehöhlt, bisweilen klettern Kinder auf dem zusammengestutzten Bäumchen herum. Dieses Frühjahr habe sie nicht eine Blüte mehr gehabt, bedauert Behringer. Falsche Pflege kreidet sie dabei der Gemeinde an, gleiches gelte für einen vormals üppigen Rhododendron hinter dem Alpinum. Als "unzumutbar" bezeichnet sie die Toilette am Kustermannpark.

Ihren Vorstoß begründet Behringer damit, dass es Anfang dieses Jahres zwei Gespräche im Rathaus mit Bürgermeisterin Marlene Greinwald gab. Zusicherungen seien aber nicht umgesetzt worden, etwa den Holzzaun, aus dem immer wieder Latten gerissen werden, in Absprache mit Denkmalschützern stellenweise durch einen grünen Maschendrahtzaun zu ersetzen.

Die Bürgermeisterin zeigt sich verwundert über Behringers Vorgehen, sich in Sachen Kustermannpark an die Öffentlichkeit zu wenden. "Eigentlich ist sie in alle Vorgänge gut eingebunden", betonte Greinwald auf Nachfrage. Sie unterstrich, dass die Gemeinde stolz auf den öffentlichen Park sei. Sie lobte auch ausdrücklich den Förderkreis, der sich sehr kümmere. Allerdings bat sie auch um Verständnis, dass die Gemeinde nur nach und nach abarbeiten könne, was abzuarbeiten sei. Angesprochen auf die einzelnen Punkte, die Behringer konkret kritisiert, wie mangelhafte Baumpflege oder den Zaun wollte Greinwald zum jetzigen Zeitpunkt keine näheren Angaben machen. Sie verwies auf die zuständigen Mitarbeiter im Rathaus, die derzeit aber in Urlaub seien. Das Toilettenproblem ist ihr allerdings bekannt. Ein Dixi-Klo sei ganz neu am Park aufgestellt, aber schon umgeworfen worden. Eine öffentliche Toilettenanlage könne die Gemeinde aber nicht errichten. Greinwald verweist auf die nächste öffentliche Toilette am gemeindlichen Südbad.

Geradezu zerknirscht reagierte das Landratsamt, konfrontiert mit der Kritik an seinem dürftigen Alpinum. Mit der Pflege laufe es "leider nicht optimal", gibt die Untere Naturschutzbehörde zu. Immer wieder würden zwar neue Pflanzen nachgesetzt. "Diese werden dann aber oft geklaut", machen die amtlichen Naturschützer auch rabiate Parkbesucher in einer schriftlichen Stellungnahme verantwortlich. Ein weiteres Problem sei das Gießen. Die Untere Naturschutzbehörde wolle deshalb Kontakt mit der Gemeinde Tutzing aufnehmen, kündigt sie an.

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Quelle:
SZ vom 22.08.2019
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