Tutzing:Steine von Herzen

Tutzing: August Thalmayer koordiniert das Schulprojekt in Namibia und stellt es gemeinsam mit Marlene Greinwald (re.) und Elisabeth Dörrenberg vor.

August Thalmayer koordiniert das Schulprojekt in Namibia und stellt es gemeinsam mit Marlene Greinwald (re.) und Elisabeth Dörrenberg vor.

(Foto: Arlet Ulfers)

Die Gemeinden Tutzing und Bernried starten ein gemeinsames Entwicklungshilfeprojekt und sind Paten für den Bau einer Schule in Namibia. 60 000 Euro will man bis zum Jahresende beisammen haben

Von Manuela Warkocz

Auf bunte Holzkisten stoßen Kunden seit einigen Tagen in vielen Tutzinger Geschäften. Kleine Ziegelsteine liegen darin. Für zehn Euro kann man einen "Stein von Herzen" erwerben - und damit den Bau einer Schule in Namibia unterstützen. Die nötigen 60 000 Euro für die Schule in Otjomuru bis Jahresende zusammen zu kriegen - das ist das Ziel des ersten Entwicklungshilfeprojektes, für das die Gemeinde Tutzing gemeinsam mit Bernried offiziell die Patenschaft übernommen hat. Die beiden Nachbarkommunen schließen sich damit der bundesweiten Initiative "1000 Schulen für unsere Welt" an. Unter der Schirmherrschaft von Bundesentwicklungsminister Gerd Müller unterstützen der Deutsche Städtetag, der Deutsche Landkreistag und der Deutsche Städte- und Gemeindebund das Projekt.

Für Tutzing und Bernried koordiniert August Thalmayer die Aktion mit Hilfe eines Förderkreises. Der 82-jährige Bernrieder ist als Bergführer in Nepal bekannt geworden, sowie als Gründungsmitglied der seit 1995 erfolgreichen Stiftung "Kinderhaus Kathmandu". Bei einer Pressekonferenz im Tutzinger Rathaus schilderte Thalmayer mit großer Leidenschaft das neue ambitionierte Vorhaben. Bürgermeisterin Marlene Greinwald (Freie Wähler) und ihrer Stellvertreterin Elisabeth Dörrenberg (CSU) sekundierten.

Thalmayer rechnete vor, dass im Jahr 2050 schätzungsweise neun Milliarden Menschen die Welt bevölkern. In Afrika werde sich die Einwohnerzahl von 1,2 auf 2,4 Milliarden verdoppeln. Bildung gilt als der zentrale Schlüssel, die Kinderzahl in den Familien zu reduzieren, Chancen auf Arbeit zu gewährleisten und den Verbleib in der Heimat zu fördern. "Wer Bildung vermittelt, schafft Perspektiven, damit sich Menschen vor Ort was aufbauen können", ist Thalmayer überzeugt.

Allerdings fehlt es in Namibia an Schulen. Elisabeth Dörrenberg hat das bei einer dreiwöchigen Autoreise durch das südafrikanische Land, das mehr als doppelt so groß ist wie die Bundesrepublik, selbst mitbekommen. Kinder würden schon mit sechs Jahren in Internate geschickt, weil es kaum wohnortnahe Schulen gebe - in Gegenden, in denen man 600 Kilometer auf Sandpisten in die nächste Stadt zum Einkaufen fahre. Dörrenberg sieht Deutschland in besonderer Verantwortung für Namibia. In der früheren Kolonie Deutsch-Südwestakfrika haben Deutsche grausame Massaker an Einheimischen verübt.

Für Rathauschefin Greinwald ist das kommunale Entwicklungshilfeprojekt "die logische Konsequenz" aus der Hilfsbereitschaft, mit der Tutzinger 2015 bei der Flüchtlingskrise anpackten. Jetzt müsse etwas getan werden, damit Menschen gar nicht erst fliehen müssen.

Die Schule soll für 70 Kinder im nördlichen Bergland Namibias, in der Region Kaokoveld errichtet werden. Außer dem etwa 110 Quadratmeter großen Schulhaus ist an ein Hostel und eventuell eine Küche gedacht. Als Partner vor Ort fungiere die Stiftung Fly & Help, so Thalmayer. Die fertige Schule werde für 30 Jahre der jeweiligen Gemeinde überschrieben, um zu gewährleisten, "dass sich nicht jemand das Gebäude unter den Nagel reißt". Ein Grundstock von 7000 Euro existiere bereits. Die erste Spende von 500 Euro habe das Gymnasium Tutzing nach einer Theateraufführung beigesteuert. Das "Charité Turnier" im Golfclub Tutzing am 23. Juni soll die gewünschte Summe erheblich näher bringen. Zudem hofft Initiator Thalmayer auf namhafte lokale Sponsoren. Neben knapp einem Dutzend Geschäftsleuten in Tutzing, die noch mehr werden sollen, beteiligen sich in Bernried Läden und die große Kunstausstellung im Sommer.

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