Das spätsommerliche Badewetter beschert Tutzing in diesen Tagen wieder jede Menge Besucher. Alle wollen an den See - und zwar möglichst nah ran mit dem Auto. Also sind Zufahrtsstraßen und die Hauptstraße bis in den letzten Winkel zugeparkt. Das Chaos an schönen Tagen dürfte man im Rathaus allerdings mit einem lachenden Auge sehen. Denn seit genau einem Jahr sind die beliebtesten Parkzonen am See nicht mehr kostenlos. Zum 10. September 2015 trat die erste Parkgebührenverordnung Tutzings in Kraft.
Kurz darauf stellte die Gemeinde am Nordbad, am Midgardhaus sowie im Bereich Südbad, Yachtclub und Tennisplätze insgesamt sechs Parkautomaten auf. Sie sind mit einem - wenn auch maßvollen - Obolus zu füttern: Eine Stunde kostet 50 Cent, ein Ganztagsticket drei Euro. Für Vereine wurden Sonderregelungen getroffen.
Mittlerweile ist beschlossen, das Konzept auszudehnen. Straßen rund um den Bahnhof sollen in Kürze mit Parkautomaten bestückt werden. Dann wird das Parken an der Westseite der Kirchenstraße - vom Kino bis zur Bahnhofstraße und an der Nordseite der Bahnhofstraße von der Hauptstraße bis zur Kirchenstraße - kostenpflichtig. Statt 50 Cent wie andernorts in Tutzing wird an den neuen Standorten jedoch ein Euro pro Stunde verlangt. Das entspricht der Gebühr, die Besucher des nahe gelegenen Parkplatzes am Krankenhaus zahlen müssen. Dem will die Gemeinde nicht mit Dumpingpreisen Konkurrenz machen. Am Kinoparkplatz kann für vier Euro ein Tagesticket gelöst werden.
Mit den bisherigen Ergebnissen zeigt sich die Vizebürgermeisterin Elisabeth Dörrenberg, die derzeit die Geschäfte im Rathaus führt, durchaus zufrieden. "Die Automaten werden gut gefüttert", sagt sie. "Die Zahlmoral ist absolut ok." Wie viel die Gemeinde im ersten Jahr konkret eingenommen hat, sei noch unklar. Derzeit lägen noch keine konkreten Abrechnungen vor, sie würden gerade erstellt. Über die Summe sollen dann vor der Öffentlichkeit auch erst die Gemeinderäte in einer der nächsten Sitzungen des Umwelt- und Verkehrsausschusses in Kenntnis gesetzt werden. Sie ist aber davon überzeugt, dass die Investitionskosten von 30 000 Euro für die Automaten übertroffen wurden. Sie verteidigt die Höhe der Gebühren: "Drei Euro am Tag ist wirklich nicht zu viel. Utting, Herrsching, Starnberg am Wasserpark - überall ist es teurer." Und wer häufig an den See komme, sei mit dem Jahresticket für 95 Euro gut bedient. Von den Parkgebühren an der Bahnhofstraße verspreche sich die Gemeinde eine größere Fluktuation. Denn vor allem Pendler aus dem südlichen Umland bis Weilheim blockierten dort tagsüber die meisten Plätze.
Die öffentliche Erregung, die das Thema Parkraumbewirtschaftung in Dauerdiskussionen des Gemeinderats seit 2009 begleitet hat, scheint sich unterdessen weitgehend gelegt zu haben. Tutzing galt sowieso als einer der letzten Orte dieser Größe, der Parkgebühren einführte. Langfristig wird ein flächendeckendes Parkraumkonzept verfolgt. Die Wählervereinigung "Tutzinger Liste" will dabei unter anderem eine "Semmeltaste" für 15 Freiminuten ins Gespräch bringen. "Ebenso werden wir bei weiteren Festlegungen an Einheimische und Touristen denken, die für mehrere Stunden eine große Seerundfahrt unternehmen wollen", kündigt der Gemeinderat der "Tutzinger Liste", Wolfgang Behrens-Ramberg, an. Als große Lösung ist unter anderem ein Parkhaus in der Greinwaldstraße im Gespräch. Es soll Parkplätze kompensieren, die im Zuge der Umgestaltung der Hauptstraße wegfallen. Zu den Überlegungen zählt die Tutzinger Liste auch an der Westseite des Bahnhofs ein doppelstöckiges Parkdeck wie in Percha und eine teils öffentliche Tiefgarage bei den geplanten Gebäuden Ecke Bräuhaus/Bahnhofstraße.