Tutzing:Reiche Klangausbeute

Bremer Klarinetten Quartett

Musiker mit viel Sinn für Humor und Ironie: das Bremer Klarinetten Quartett posiert mal anders.

(Foto: oh)

Das "Bremer Klarinetten Quartett" mit Bearbeitungen und Originalwerken im alten Schloss

Von Reinhard Palmer, Tutzing

Die herausragende Fähigkeit der Klarinette liegt wohl in der reichen Klangfarbigkeit, zumal wenn alle Instrumente der Klarinettenfamilie im Spiel sind, wie beim "Bremer Klarinetten Quartett" mit verschiedenen Klarinetten, Bassetthorn und Bassklarinette. Dass kaum ältere Originalliteratur für diese Besetzung existiert, liegt schlicht daran, dass die Klarinette erst Ende des 18. Jahrhunderts zu dem feinsinnigen Instrument geworden ist, das heutzutage so geschätzt wird.

Ein Instrument, das im gesamten Umfang sauber zu intonieren ist und einen entschiedenen und breit gefächert nuancierten Klangcharakter hat. Das im Schloss der Evangelischen Akademie auf Einladung der Musikfreunde Tutzing vorgestellte Repertoire reichte dennoch weit zurück, denn das Quartett griff bisweilen auf Bearbeitungen aus den eigenen Reihen zurück - das Werk des Bassklarinettisten Christian Dawid.

So etwa in den Vier Sonaten von Domenico Scarlatti, die gleich zu Beginn für viel Energie und Kraft sorgten. Dabei wurde sogleich spürbar, zu welcher klanglichen Vielfalt ein Klarinettenensemble in der Lage ist. Da waren die humoristisch-spritzigen Sätze, die für Laune sorgten. Auch die satten Klangfluten in dichten Legato-Bögen sind zweifelsohne eine Domäne dieser Besetzung. Den bezauberndsten Klang entwickelten die Bremer jedoch vor allem in den langsamen Sätze mit ihrer samtenen Charakteristik. Gerade mit dieser Qualität hatte einst Mozart das Instrument überhaupt für die Kammermusik gewonnen.

Aber auch sonst scheint Mozarts Musik mit dem Klang der Klarinetten und Bassetthörner überaus kompatibel zu sein. Das von Dawid zusammengestellte Divertimento mit Arien aus den Opern "Don Giovanni" und "Le Nozze di Figaro" nutzte denn auch die Eigenheiten der Instrumente in voller Bandbreite: von ausgeprägt pointierter Humoristik über sangliche Lyrik bis hin zu einer galanten Variante fließend-melodiöser Poesie. Vergnügte tänzerische Volkstümlichkeit machte schließlich eine Leporello-Arie möglich, die den Reigen mit einem mitreißenden Kehraus abschloss. Bachs Goldbergvariationen in einer kontrastierenden Auswahl zeigten sich im Klarinettenquartett indes von einer anderen Seite: gestalterisch reicher, auch intensiver in der Klangsubstanz, vitaler in der Wirkung.

Trotz dieses Reichtums musikalischer Ausprägungen in der älteren Literatur boten die Originalwerke des 20. Jahrhunderts - wenn auch weitgehend in historisierender Stilistik - doch noch viele neue Töne. Vor allem in den Extremlagen, etwa mit schrillen Höhen oder röhrenden Tiefen. Dabei gerne im kontrastierenden Wechsel der Klangqualität, der schon eine Menge Ereignisse im musikalischen Geschehen hervorzubringen vermochte. Selbst die geradezu höfisch anmutenden "Cinq Mouvements" der französischen Komponistin Claude Arrieu gaben den Bremern ein ganzes Spektrum an Charakteren an die Hand. Eine besondere Qualität im "Petit Quatuor" von Jean Françaix war indes die Ironie. Zwischen den vergnüglichen Rahmensätzen ließ es sich der einstige Schüler der Komponistin Nadia Boulanger dennoch nicht nehmen, eine seelentiefe, dunkle Cantiléne ins Zentrum zu stellen, die das Bremer Klarinetten Quartett im Legendenton erzählte.

Durchaus wider Erwarten zeigten sich auch die Variationen über ein Thema von Paganini aus der Feder des in Wien geborenen britischen Komponisten Joseph Horovitz von einer eher ernsten und komplexen Seite - bis auf eine jazzig swingende Variation. Die Violinbrillanz des Originals machte im Ensemblesatz Platz für substanzielle Überlegungen von hohem Anspruch. Eine spaßige Zugabe aus "Bach goes to town" von Alec Templeton, unterbrochen von einer rhythmischen Rezitation im Kanon ("Ach, könnt ich doch 'ne Fuge schreiben wie der alte Bach"), belohnte den frenetischen Applaus im alten Tutzinger Schloss.

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