Tutzing:Notbremse im Gehweg-Streit

Tutzing: Dieser Gehsteigstreifen in der Oskar-Schüler-Straße bleibt Privatbesitz. Tutzing will ihn nicht zu marktüblichen Immobilienpreisen kaufen.

Dieser Gehsteigstreifen in der Oskar-Schüler-Straße bleibt Privatbesitz. Tutzing will ihn nicht zu marktüblichen Immobilienpreisen kaufen.

(Foto: Arlet Ulfers)

Gemeinde Tutzing zieht Enteignungsantrag für Grundstück in der Oskar-Schüler-Straße zurück

Von Manuela Warkocz, Tutzing

Das Gezerre um ein Stück Bürgersteig an der Oskar-Schüler-Straße in Tutzing hat ein Ende. Zumindest, wenn es nach dem Gemeinderat geht. Er hat in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen, den Enteignungsantrag für das 65 Quadratmeter große Grundstück zurückzuziehen. Damit bleibt der Streifen Privatbesitz und als solcher wohl auch weiterhin gesperrt. Pikant war der jahrelange juristische Gehweg-Streit, weil Tutzings Ex-Bürgermeister Stephan Wanner involviert war. Amtsinhaberin Marlene Greinwald zeigt sich erleichtert über den Schlussstrich. Sie wollte keinen Präzedenzfall am Ort schaffen.

Wanner, Rechtsanwalt von Beruf, focht im Namen seiner Frau und Grundstückseigentümerin Beatrice Rösch-Wanner mit der Gemeinde. Das Rathaus machte geltend, dass der Gehweg entlang der Oskar-Schüler- Straße seit seiner Herstellung vor über fünfzig Jahren öffentlich genutzt wurde. Wanners pochten auf eine angemessene Entschädigung für den Privatgrund. Unter Wanners Nachfolger, dem inzwischen verstorbenen Bürgermeister Rudolf Krug, verhandelte man seit 2014 über einen Erwerb des Grundstücks. "Ohne Erfolg", wie die Gemeinde in einer Pressemitteilung das jahrelange Hickhack zusammenfasst. Zum 1. September 2015 hatten Wanners dann überraschend den Gehweg abgeriegelt, was seitdem Fußgänger zum Wechseln auf die andere Straßenseite zwingt und allgemeines Kopfschütteln hervorrief. Daraufhin strengte die Gemeinde am 15. September 2016 ein Enteignungsverfahren an. Zusätzlich wurde am 22. November 2016 die vorzeitige Besitzeinweisung beantragt. Die wies das Landratsamt Starnberg jedoch am 30. Juni 2017 ab. Im Enteignungsverfahren "konnte die Gemeinde Tutzing einen positiven Abschluss erwarten", heißt es in der von Kämmerin Manuela Goldate unterzeichneten Mitteilung. Die Gemeinde habe aber zur Kenntnis nehmen müssen, dass aller Voraussicht nach in einem Enteignungsbeschluss die Entschädigung für das Wegegrundstück nach Baulandpreisen von heute festgesetzt werden würde. Damit wäre ein Kaufpreis von etwa 1000 Euro pro Quadratmeter fällig . 65 000 Euro für einen Gehsteig - das war den Gemeinderäten allesamt zu viel. Sie zogen in der Sitzung am 12.

März den Schlussstrich. Wie viel die Auseinandersetzung die Gemeinde schon gekostet hat, vermag Bürgermeisterin Greinwald nicht zu sagen. 50 000 Euro, von denen in Tutzing die Rede ist, wollte sie weder bestätigen noch dementieren. "Das haben wir noch nicht zusammengerechnet." Sie habe sich ein anderes Ergebnis gewünscht, sagt Greinwald. Jetzt steht zu befürchten, dass Privatleute künftig bei Gehweg-Abtretungen marktübliche Preise forderten. Es müsse im Landtag entschieden werden, ob es in teuren Gegenden wie in Tutzing in Zukunft noch Gehwege und Fußverbindungen geben solle.

Beatrice Rösch Wanner äußert sich in einer Mitteilung ihres Mannes erleichtert. "Ich bin sehr froh, dass der Spuk mit dem Enteignungsverfahren endlich vorbei ist und ich mein Grundstück behalten kann." Sie freue sich, dass ihr Grundrecht auf Eigentum schließlich respektiert worden sei. "Bedauerlich ist allerdings, dass meine Verfahrensvertreter der Gemeinde Tutzing im Enteignungsverfahren den Respekt vor meinem Eigentumsrecht erst beibringen mussten." Trotz offenkundig verschwindender Erfolgsaussichten habe die Gemeinde verbissen am Enteignungsverfahren festgehalten.

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