Tutzing:Neuer Vorstoß für Seehof

Gemeinderat signalisiert Abkehr von Hotel für wesentlich kleinere Wohnbebauung

Von Manuela Warkocz, Tutzing

27 Jahre Seehof-Desaster, fünf Gemeinderatsperioden, fünf Bürgermeister, zwei Bürgerentscheide, sechs Eigentümer - ob Marlene Greinwald das unrühmlichste Kapitel in Tutzings jüngerer Geschichte zu einem einigermaßen passablen Ende bringen kann? Zumindest will die erst im Januar frisch gewählte Bürgermeisterin der Freien Wähler mit den jetzigen Eigentümern, der Schlosshotel Tutzing GmbH, einen Kompromiss für das 7000-Quadratmeter-Areal am See ausloten. Für Verhandlungen nach zwei Jahren kompletten Stillstands holte sie sich am Dienstag die Zustimmung des Gemeinderats. Der signalisierte, dass man von der Forderung nach einem Hotel zugunsten von Eigentumswohnungen abrücken könnte. Allerdings nur, wenn der Eigentümer auf einen Großteil des ihm zustehenden Baurechts von 5700 Quadratmeter Geschossfläche verzichte, drei oder vier kleinere Gebäude im Nordwesten so situiere, dass Sichtachsen entlang des Schlosses zum See erhalten bleiben und im Erdgeschoss Läden oder ähnliches ermögliche.

Greinwald reagiert mit ihrem Vorstoß auf einen Antrag der Eigentümer. Sie wollen ein Boarding-House in den Maßen des alten Seehofs bauen. Damit wäre zwar der ausgewiesenen Sondernutzung als Hotel Genüge getan. Pläne für ein Boarding-House hatten die Gemeinderäte aber immer wieder verworfen. Zu leicht ließen sich daraus lukrative Eigentumswohnungen machen, so die Befürchtung. Daher rechnet Greinwald mit einer Ablehnung in der Sitzung am 11. September. Die Folge: Ein langwieriges Gerichtsverfahren.

Was als Kompromiss denkbar und städtebaulich vertretbar wäre, machte Gemeindeplaner Professor Florian Burgstaller mit eindrucksvollen Visualisierungen anschaulich. Er zeigte, wie sich ein Klotz in den Maßen des alten Seehofs dominant im Tutzinger Zentrum ausnehmen und den Blick zum See versperren würde. Dagegen stellte er Skizzen mit einem lang gestreckten Gebäude und mit kleinteiligerer Bebauung. Am besten kam ein Vorschlag mit vier dreigeschossigen Häusern an, etwa 2600 Quadratmeter Geschossfläche und der Möglichkeit, im Süden einen kleinen öffentlichen Platz zu schaffen.

Dieter Reiter (Freie Wähler) befand sogar 2000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche für genug. Er rechnete vor, dass derzeit ein Quadratmeter in Bestlage am See zwischen 15- und 20 000 Euro verkauft werde. Selbst bei durchschnittlich 13 000 Euro Verkaufspreis (26 Millionen) und edler Ausführung mit 5000 Euro Baukosten pro Quadratmeter (10 Millionen) bliebe eine "supergroße schwarze Null". Um weiteren Begehrlichkeiten einen Riegel vorzuschieben, solle die Gemeinde den vorderen Bereich mit der Mariensäule kaufen und als öffentliche Grünanlage zugängig machen.

Das Hotel "mit Tränen in den Augen aufgeben", so Stefan Feldhütter (FW), wollen auch Grüne, FDP und sogar die CSU, die dereinst einen Komplex mit 7350 Quadratmeter Geschossfläche und 116 Zimmern befürwortete. Das hatte Wolfgang Marchner (Bürger für Tutzing) 1998 mit seiner Initiative "Kein Koloß am Schloß" und einem Bürgerbegehren verhindert. Heute plädiert er für ein kleineres Hotel, das auch der Tourismusverein und Tourismusexperte Klaus Götzl in Tutzing wünschenswert finden. Marchner verdeutlichte, wie emotionsgeladen die Debatte um den Seehof ist. Er stürmte plötzlich ("Mir reicht's!") aus der Sitzung.

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