Auf bloße Appelle setzte Tutzing noch vergangenes Jahr, jetzt wird ein generelles Verbot verhängt: Auf öffentlichen Plätzen und in den Parks ist Silvester-Feuerwerk heuer verboten. Im Corona-Jahr sollen damit große Menschenansammlungen unterbunden werden - insbesondere im Kustermannpark, an der Brahmspromenade und auf der Lindl-Wiese vor dem Rathaus böllern Tutzinger sonst gern um Mitternacht. Tutzing folgt damit Krailling, das auf drei großen Freiflächen das Zünden von Feuerwerkskörpern untersagt. In weiteren Landkreis-Gemeinden steht das Feuerwerks-Verbot auf der Tagesordnung. Bei der Debatte am Dienstag im Tutzinger Gemeinderat gab es aber auch kritische Stimmen der Allgemeinverfügung, die die Bürgermeisterin erlassen wird.
"Es ist einfach gefährlich Menschenansammlungen in dieser Zeit zu ermöglichen", begründete Rathauschefin Marlene Greinwald (Freie Wähler) den Vorstoß der Verwaltung und empfahl "dringend", das Verbot zu beschließen. Denn auch wenn immer nur zwei Haushalte gemäß Corona-Regeln an Silvester gemeinsam zum Johannishügel zögen, käme halt dort dann rasch eine Großgruppe zusammen. "Aus reiner Gesundheitsvorsorge für unsere Bürger" müsse das verhindert werden. Greinwald betonte auch, dass die Gemeinde weiterhin keinen Einfluss habe, was auf Privatgrund geschieht. Dort könnte also praktisch jeder Raketen abschießen und Böller zünden, wie er mag. Auch Straßen sind von der Verfügung nicht betroffen. Dass sich das Verbot auf öffentlichen Plätzen und in Parks nicht umfassend kontrollieren lässt, ist Greinwald bewusst. Sie setzt aber auf Vernunft und Einsicht.

"Sehr vernünftig, das macht Sinn", hieß es denn auch von Seiten der Tutzinger CSU. Gemeinderat Ernst Lindl verglich die Verfügung mit einem Tempolimit. Man könne davon ausgehen, dass sich die Mehrheit daran halte. Die Frage sei eh, ob "Raketenschießen ein berechtigter Grund ist, sich draußen aufzuhalten". Bernd Pfitzner (Grüne) erinnerte daran, dass die Mehrheit schon vor zwölf Monaten appelliert habe, aus Natur- und Tierschutzgründen und wegen der Feinstaubbelastung auf Feuerwerk zu verzichten. Dazu komme die Verletzungsgefahr und damit Stress für Rettungsdienste und Krankenhäuser. Mal ein Jahr zu verzichten hält Caroline Krug (ÖDP) für alle zumutbar. Stattdessen könne man spenden, etwa an das Projekt "Sichere Häfen", das Tutzing unterstützt. Die Bürgermeisterin grätschte bei dieser Argumentation ein - ihr gehe es beim Verbot ausschließlich um Gesundheitsschutz.
Für Christine Nimbach (Grüne) nicht nachvollziehbar. Die Krankenschwester attestiert dem Böller-Verbot nur "Symbol-Charakter". Das Verbot sei wieder "eine Einschränkung, wo wir uns aufhalten dürfen". Der Mediziner und FDP-Gemeinderat Joachim Weber-Guskar pflichtete Nimbach bei. Corona werde jetzt als Vorwand genommen für etwas, was man letztes Jahr schon am liebsten verboten hätte. Sein liberaler Kollege Georg Schuster stimmte ebenfalls gegen die Allgemeinverfügung.
Verlagern könnte sich das Silvester-Geschehen nun noch stärker auf die Ilkahöhe. Dort genießen seit je her Viele den Jahreswechsel. Die Zufahrt ist öffentlich, die Wiesen sind Privatgrund. Eigentümer Hermann Wendelstadt zeigt sich auf SZ-Anfrage bereit, mit der Gemeinde über eine Sperrung zu reden.