Tutzing:Englische Zurückhaltung

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Barockkonzert in stimmiger Kulisse: Manfred Pferinger, Helene von Rechenberg, Yolanda Schwager, Cornelia Beck-Kapphan und Annette Baumann (von links) musizierten in der Tutzinger Kirche St. Peter und Paul. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Bei einem Kammerkonzert in Tutzing werden Purcells Verhaltenheit und Händels Strahlkraft deutlich

Von Reinhard Palmer, Tutzing

Sinnenfreude ist für barocke Musik die entscheidende Qualität. In der englischen Musik der Epoche kommt aber noch eine besondere Atmosphäre und Differenziertheit im Ausdruck dazu. Dies machte auch den besonderen Reiz des Konzerts in der Tutzinger Kirche St. Peter und Paul aus, zumal sich die Musiker der historischen Aufführungspraxis verschrieben haben. Cornelia Beck-Kapphan (Sopran), Yolanda Schwager (Traversflöte), Annette Baumann (Barockvioline), Manfred Pferinger (Barockcello) und Helene von Rechenberg (Cembalo) sind vertraut mit den historischen Spiel-und Gesangstechniken. Vereinfacht ausgedrückt geht es dabei um vibratoloses, plastisches Formen der Töne und die Umspielung der Stimmverläufe mit diversen Verzierungen sowie das arpeggieren der Akkorde. Dazu brachten Komponisten Einflüsse aus ganz Europa auf die Insel: Allen voran Händel, der nach dem Tod von Purcell die englische Musik der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts prägen sollte.

Die Beziehung zwischen den beiden Komponisten wurde im Programm deutlich. Purcells "If Music is the Food of Love" kam heiter in Form eines volkstümlichen Kontratanzes daher, zumal Beck-Kapphan die sprachliche Aussage emphatisch darbot. Noch blühender erklang "An Evening Hymn" mit einem beschwingt rhythmisierten Halleluja-Nachsatz. Dazu vergleichbar folgte zum Schluss in Vollbesetzung Händels "As when the dove" aus "Acis und Galatea" in ebenso verspieltem Wiegen. Mit deutlich mehr Strahlkraft im Ensemblesatz machten die Musiker den Unterschied zu Purcells Verhaltenheit deutlich. Für die ausgeprägt melancholische, englische Instrumentalmusik stand John Stanleys Sonate e-Moll für Traversflöte und Cembalo aus op. 4: Sie fesselte mit sinnierender Melodik in den langsamen Sätzen, wirbelte indes straff rhythmisiert im Allegro, setzte schließlich einen Schlusspunkt mit tänzerischer Beherztheit. Eine großartige Musik, in der das Duo Schwager und von Rechenberg mit virtuoser Präzision beeindruckte.

Selbst Händels Triosonate h-Moll op. 2/1 konnte Stanleys Werk in Sachen Kraft kaum standhalten. Händels galante Beschwingtheit und pointierte Rhythmik kennzeichnete auch die Musik des Italieners unter den Londoner Komponisten, Giacomo Cervetto. Ihm war eine interessante Synthese aus italienisch-extrovertierter Lebensart und britischer Zurückhaltung gelungen. Seine Sonate D-Dur für Violoncello und Cembalo op. 2/10 zeugte zudem davon, dass er ein Meister am Cello gewesen sein muss. Vor allem der schnelle Mittelsatz faszinierte im Kontrast zur feierlich schreitenden Adagio-Einleitung mit fein ziselierter Bravour. Reinste Spielfreude gewann Pferinger aus dem vergnügten Schlusssatz, der reizvoll zwischen Dur und Moll changierend auf die Klassik vorauswies. Händels Glanzstück an Schönmusikalität "Lascia ch'io pianga" in Komplettbesetzung der Zugabe belohnte reich ausgestaltet die Begeisterung des zahlreichen Publikums.

© SZ vom 25.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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