Sie war eine gefeierte Pianistin, aber auch eine glühende Hitler-Verehrerin und Antisemitin: Elly Ney. Die Künstlerin lebte 31 Jahre lang bis zu ihrem Tod 1968 in Tutzing, wo eine Straße nach ihr benannt und ihr zu Ehren eine Büste an der Brahmspromenade aufgestellt ist. Seit 2009 befindet sich dort eine Hinweistafel, auf der sich die Gemeinde von Neys nationalsozialistischer Gesinnung distanziert. Doch nun geht Tutzing noch einen Schritt weiter: Denn nach Antrag des Jugendbeirats wird die Elly-Ney-Straße in „Am Pfaffenberg“ umbenannt. Zudem soll die Büste der Konzertpianistin entfernt und durch eine Informationssäule ersetzt werden. Das hat der Tutzinger Gemeinderat mit großer Mehrheit beschlossen.
Überdies wurde das Rathaus beauftragt, gemeinsam mit dem Jugendbeirat und dem ortsgeschichtlichen Arbeitskreis eine passende Form der historischen Aufarbeitung zur Person Elly Ney zu entwickeln. Denn Erinnerung und Mahnung seien wichtig, betont Tutzings Bürgermeister Ludwig Horn (CSU), der für den Antrag des Jugendbeirats gestimmt hat. Er halte es „für sehr bemerkenswert, wie tief sich die jungen Menschen in dieses Thema eingearbeitet und positioniert haben“. Dem zolle er Respekt, auch wenn es dazu andere Meinungen gebe, sagt Horn.
Der Jugendbeirat hat sich intensiv mit Elly Ney und ihrer Rolle im Dritten Reich auseinandergesetzt. Sie sei keine bloße Mitläuferin, sondern eine „aktive Unterstützerin und glühende Anhängerin des Nationalsozialismus“ gewesen, erklärte Paul Friedrich vom Jugendbeirat abermals in seinem Vortrag vor dem Gemeinderat. Der frühere FDP-Bundestagskandidat berief sich dabei auf das Urteil der Münchner Expertenkommission und auf Aussagen anderer Historiker, wonach die Künstlerin Ney „unheilvoll in das Nazi-Regime verstrickt gewesen“ sei. Und trotzdem sei in Tutzing eine Straße nach ihr benannt worden, was der Jugendbeirat für einen Fehler halte, den es zu korrigieren gelte.
Denn der Beirat führt an, dass eine Straßenbenennung dem Zweck diene, einer Persönlichkeit als Vorbild für künftige Generationen eine Ehre zu erteilen, was im Fall Ney nicht begründet sei. Daher habe die Kommission eine Umbenennung der Straße empfohlen, der man folgen sollte. Mit den Anwohnern der betroffenen Straße habe der Jugendbeirat im Vorfeld gesprochen, einige hätten eine Umbenennung aktiv unterstützt. „Denn in einer Straße zu wohnen, die nach einer Hitler-Anhängerin benannt ist, kann auch belastend sein“, erklärte Friedrich. Zudem wurde vorgeschlagen, dass sich der Jugendbeirat „redaktionell und finanziell“ an einer Hinweissäule beteiligen würde, die an die Historie von Büste, Straße und an die Person Elly Ney erinnern solle.

Der Schondorfer Bürgermeister Alexander Herrmann (Grüne) begrüßt die Entscheidung von Tutzing. Er hatte sich schon vor drei Jahren in seiner Gemeinde am Ammersee dafür eingesetzt, die Pfitznerstraße umzubenennen. Denn der Komponist Hans Pfitzner, der von 1919 bis 1929 in Unterschondorf lebte, hatte ebenfalls eine nationalsozialistische Gesinnung. Auf ihrer Homepage verweist die Gemeinde Schondorf auf entsprechende Belege zum Gedankengut Pfitzners im Dienste der NS-Propaganda. Die Umwidmung der Pfitznerstraße scheiterte unter anderem an finanziellen Einwänden von Anliegern. Wegen größerer Beschädigungen war das Pfitzner-Denkmal in der Seeanlage abmontiert worden und soll jetzt im Zuge eines Künstlerwettbewerbs in ein Mahnmal umgewandelt werden.
Die Debatte um Straßennamen von Personen, die als Profiteure des Nazi-Regimes gelten, ist auch in Herrsching bekannt. Dort sollen die Erich-Holthaus- und die Madeleine-Ruoff-Straße umgetauft werden. Das sei zumindest das Ziel, sagt Bürgermeister Christian Schiller (parteilos). Am kommenden Montag will der Gemeinderat darüber diskutieren. Für die Erich-Holthaus-Straße wird als Ersatz „Gachenaustraße“ vorgeschlagen, die Madeleine-Ruoff-Straße könnte unter anderem später Keramikstraße, Schreinerstraße oder Panoramastraße heißen. Auf der Kandidatenliste steht aber auch Henry Dunant, Friedensnobelpreisträger und Gründer des Roten Kreuzes, denn in der Nähe befindet sich ein BRK-Heim. Die ausgewählten Namen würden danach den rund 300 Anliegern der zwei Straßen vorgeschlagen, so Schiller.

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Nicht kommentieren will der Gilchinger Bürgermeister Manfred Walter (SPD) die Entscheidung in Tutzing im Fall Ney. Da habe „jede Gemeinde ihren eigenen Weg“, sagt er. In Gilching gibt es die Dornierstraße, benannt nach dem Flugzeugbauer Claude Dornier. Der war auch Wehrwirtschaftsführer und hatte in seinen Werken Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge schuften lassen, wie Nachforschungen ergaben. Die Gemeindearchivarin erarbeitete QR-Codes für die entsprechenden Straßenschilder, erläutert Walter – auch im Fall des Dichters Ludwig Thoma, nach dem in Gilching ebenso eine Straße benannt ist.


