Tutzing:Codename "Sasha"

In einer Geheimoperation drehte US-Regisseur Oliver Stone in der Evangelischen Akademie Tutzing Szenen für seinen Film "Snowden". Der startet diesen Donnerstag weltweit in den Kinos

Von Manuela Warkocz, Tutzing

Bis kurz vor dem Filmstart von "Snowden" an diesem Donnerstag musste alles ganz geheim gehalten werden. Auch der Dreh, den US-Regisseur Oliver Stone für den Film über den US-amerikanischen Whistleblower mit großem Aufwand in der Evangelischen Akademie Tutzing inszeniert hat. Schloss und Park fungierten als Set für einen Empfang des US-amerikanischen Botschafters, wie er tatsächlich in dessen Residenz in Genf stattgefunden hatte. Als Kulisse für einen internationalen Kinofilm macht die Akademie damit in ihrer fast 70-jährigen Geschichte erstmals Furore. Schauplatz nationaler Fernsehproduktionen wie "Der Bulle von Tölz" und "Forsthaus Falkenau" war das malerische Anwesen schon öfter.

"Alles begann mit dem Anruf eines Locationscouts", erinnert sich Akademiedirektor Udo Hahn an den Beginn der filmischen Geheimoperation. Nach ersten Kontakten im Herbst 2014 folgten diverse Besuche. Schließlich sagte sich Hollywood-Regisseur Oliver Stone persönlich an, erst allein, dann mit großer Film-Entourage, darunter Kameramann Anthony Dod Mantle, Oscar-Preiträger für "Slumdog Millionaire". Er wolle einen Film über den Whistleblower und ehemaligen CIA- und NSA-Mitarbeiter Edward Snowden drehen, wurde Hahn mitgeteilt. Das Vorhaben laufe unter dem Codenamen "Sasha". Produzent Moritz Bormann verriet, es habe bis zuletzt die Sorge bestanden, der Dreh könne von der NSA überwacht und ausspioniert werden. Mit der Geheimhaltung ist es freilich so eine Sache. Denn nach einem Besuch in der Akademie ließ sich Oliver Stone öffentlichkeitswirksam von Fernsehkoch Fritz Häring im Midgardhaus verwöhnen. Es blieb auch nicht verborgen, dass der dreifache Oscar-Preisträger in den Bavaria-Filmstudios zugange war.

Tutzing Udo Hahn Evangelische Akademie Tutzing Regisseur Oliver Stone

US-Regisseur Oliver Stone (li.) drehte bei Udo Hahn in der Evangelischen Akademie Tutzing für "Snowden".

(Foto: EAT-Archiv)

Der Dreh in Tutzing war kurz vor Ostern 2015 angesetzt. Nicht gerade der günstigste Zeitpunkt, um einen Sommerempfang im Musiksaal des Schlosses und im Park zu drehen. Am Südbad in Tutzing hatte der Tross - 100 Leute vom Produktionsteam, dazu mehr als 100 Schauspieler und Komparsen - Quartier bezogen. Hausherr Hahn durfte in eine Komparsenrolle schlüpfen und einen General mimen. Vom enormen Aufwand zeigt er sich beeindruckt: "Selbst in meiner Komparsenrolle als deutscher General, der am Empfang des US-amerikanischen Botschafters teilnimmt, war es zwingend, Laufwege, Körperbewegungen, Gesten einzustudieren." Für großes internationales Kino ziehen sich eben selbst die Proben und Aufnahmen einer 15-Sekunden-Sequenz hin, gerade wenn eine Vielzahl von Personen sich - wie bei einem Empfang - begegnet. Für einen Schauspiel-Eleven wie Hahn natürlich auch ein Erlebnis, Hollywood-Schauspieler Joseph Leonard Gordon-Levitt, der Edward Snowden spielt, aus der Nähe zu erleben. Mehr noch haben ihn Oliver Stone fasziniert und Kameramann Anthony Dod Mantle: "Beide zeigten sich bei uns als akribische Arbeiter, die einen Ameisenhaufen souverän zu dirigieren verstanden - unterstützt von einer Vielzahl von Assistenten an den Schnittstellen, um die entsprechenden Kommandos zu geben."

"Snowden" im Kino

Whistleblower im Überwachungsstaat: Joseph Gordon-Levitt als Edward Snowden.

(Foto: dpa)

Dass die Produktion "Snowden" zwei Tage in der Evangelischen Akademie zu Gast war, passt für den Direktor auch inhaltlich. Der Film greife gesellschaftlich relevante Lebens- und Zukunftsfragen auf, wie sie an dem Ort intensiv diskutiert werden. "Geheimnisverrat" ist dabei nicht einmal das wichtigste Thema. Inzwischen hat auch ein deutscher Regisseur für einen Kinofilm im Tutzinger Schloss gedreht. Wer? Kein Whistleblower verrät das Geheimnis.

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