Tutzing:Bürgermeister Stephan Wanner abgewählt

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Außenseiter Rudolf Krug (ÖDP) geht mit großem Vorsprung in die Stichwahl gegen die Tutzinger CSU-Kandidatin Stefanie von Winning.

Von Gerhard Summer

Mit einer Stichwahl hatten die meisten Beobachter gerechnet, mit einer solchen Sensation aber die wenigsten: Außenseiter Rudolf Krug (ÖDP, Freie Wähler) ist der Überraschungssieger der Bürgermeisterwahl in Tutzing. Er kam auf 46,15 Prozent der Stimmen. Krug geht nun mit großem Vorsprung in die Stichwahl gegen die CSU-Kandidatin Stefanie von Winning (29,73 Prozent). Für den noch amtierenden Rathauschef Stephan Wanner (parteifrei) endete der gestrige Abend mit einer Katastrophe: Er erreichte nur 24,12 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag mit 62,48 Prozent um einiges niedriger als vor sechs Jahren (66,8 Prozent).

Die Gründe für Wanners Scheitern sind vielfältig: Der 57-jährige Jurist stand wegen seiner Amtsführung immer wieder in der Kritik. Zuletzt hatte er fast den kompletten Gemeinderat gegen sich - und offenbar auch drei Viertel der Bevölkerung, wie sich nun zeigte. Außerdem verfügte er über keine eigene Hausmacht. Seine Abwahl zeichnete sich bereits um 18.51 Uhr ab: Zu diesem Zeitpunkt waren elf von 16 Stimmbezirken ausgezählt. Neun Minuten später war die Sensation perfekt: Krug, der bereits 2008 als Bürgermeisterkandidat der ÖDP angetreten war, kam in mehreren Bezirken deutlich über die 50-Prozent-Marke. Im Bezirk 2 (Volksschule) waren es sogar 58, 37 Prozent. Insgesamt gewann er 15 von 16 Bezirken. Winning lag einzig in Traubing vorne. Wanner erreichte sein bestes Resultat in Diemendorf: 45,22 Prozent. Doch selbst in diesem Ortsteil überflügelte ihn Krug.

Im Tutzinger Keller, wo ÖDP und Freie Wähler feierten, herrschte entsprechend gute Stimmung. Als Krug gegen 19.40 Uhr im dunklen Anzug zur Tür hereinkam, brandete Applaus auf. Der 57 Jahre alte Diplom-Informatiker und Gemeinderat konnte seinen Coup selbst noch nicht fassen. Er sei "äußerst angenehm überrascht" von dem Ergebnis, mit dem er nicht gerechnet habe. Seine Erklärung: "Wir haben einen tollen Wahlkampf mit unseren Themen gemacht". In der Filmtaverne sollte die CSU-Party steigen, dort ging es dann aber eher gedämpft zu. Winning erklärte, das Wahlergebnis sei aus ihrer Sicht "überraschend", sie könne es sich auch nicht richtig erklären. Es sei nun aber "keineswegs so, dass wir den Kopf hängen lassen, es geht die nächsten 14 Tage voll weiter". Die Frage sei schließlich: "Was machen die Wanner-Wähler?" Der geschlagene Bürgermeister, der am heutigen Montag 58 Jahre alt wird, war am Abend nicht im Rathaus; er wollte zu Hause feiern. Wie sehr ihn das Ergebnis traf, lässt sich schon daran erahnen, dass er gestern kein Stellungnahme abgeben wollte.

2008 war Wanner noch der Überraschungssieger und die erfolgsverwöhnte CSU die große Verliererin gewesen. Der von der SPD unterstützte Parteifreie hatte 34,03 Prozent der Stimmen geholt und sich zwei Wochen später in der Stichwahl klar gegen den CSU-Bewerber Armin Heil durchgesetzt. Damit endeten 62 Jahre CSU-Vorherrschaft. Auf Rudolf Krug waren vor sechs Jahren 12,95 Prozent der Stimmen entfallen. Damals hatte es für die anderen Parteien und Gruppierungen nur ein Ziel gegeben: CSU verhindern. Sechs Jahre später hieß die Parole: Wanner verhindern. Dabei war der Wahlkampf gar nicht so sehr auf Touren gekommen. In den drei Podiumsdebatten gingen die Bewerber nett und freundlich miteinander um, grobe Attacken gab es nicht, offenbar weil die Strategen eingesehen haben, dass der Wähler hohe Aggressivität nicht schätzt. Zumindest im Internet wogte es hin und her. Der Bürgermeister führte in seinem Blog eine Art Tagebuch des leidenden Rathauschefs. Krug hielt mit Sachthemen und dezenten Spitzen dagegen. Zusätzlich attackierten die FW in ihren Faltblättern "Betrifft Tutzing" den "derzeitigen Bürgermeister". Die CSU blendete sich vornehm aus. Offenbar sind die Christsozialen der Ansicht, dass die Wahl an der Haustür entschieden wird. Winning absolvierte deshalb wie Krug viele Hausbesuche.

© SZ vom 17.03.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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