Bürgerkino in Tutzing :„Etwas ganz Besonderes“

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In bester Laune waren sie am Donnerstag bei der Eröffnung des Bürgerkinos mit dabei (von links): Filmhistoriker Friedemann Beyer, Initiatorin Lucie Vorlíčková , Kinoleiterin Nadja Kramer-Martin, Ehrengast Marianne Koch, Landrat Stefan Frey und Bürgermeister Ludwig Horn. (Foto: Georgine Treybal)

Landrat Stefan Frey und Bürgermeister Ludwig Horn eröffnen im voll besetzten Saal das „Kulturtheater“. Gelobt wird das ehrenamtliche Engagement, das dieses Projekt mit vielen Anstrengungen erst möglich machte.

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Tutzing

Vor dem Eingang des ehemaligen Kurtheaters in Tutzing steht ein alter Filmprojektor. Er soll wohl darauf hinweisen, dass hier, im gerade wiedereröffneten „Kulturtheater“, hauptsächlich klassische Filme gezeigt werden. Und das kommt an bei den Tutzingern. Zur offiziellen Eröffnung am Donnerstag war der an die gute alte Zeit erinnernde Kinosaal aus dem Jahr 1953 voll besetzt. Viel ehrenamtliches Engagement, Spenden und Unterstützung waren notwendig, damit das Kino erhalten werden konnte. „Es war eine Risikoschwangerschaft, dann eine schwere Geburt und zum Schluss ein Kaiserschnitt“, fasste Lucie Vorlíčková, die Vorsitzende des Vereins „Kulturtheater Tutzing“, die Anstrengungen zusammen, bis das in die Jahre gekommene Kino mit seinen plüschigen Polstersesseln wiedereröffnet werden konnte.

Etwa 420 Mitglieder konnten der „Kinoengel“, wie Bürgermeister Ludwig Horn Vorlíčková bezeichnete, für den Verein anwerben. Zusammen mit anderen Unterstützern und Spendern haben sich rund 500 Bürgerinnen und Bürger finanziell beteiligt, um den Fortbestand des Kinos zu sichern. Wie Horn vorrechnete, könnte die Anzahl der Unterstützer schon jetzt fünf Kinosäle füllen. Durch die „Transformation vom Kurtheater zum Kulturtheater“ werde Kultur in Tutzing gefördert und gelebt, sagte er.

Laut Vorlíčková sind insgesamt 80 000 Euro an Spenden zusammengekommen. Dadurch habe man die Reparaturarbeiten und den Betrieb zahlen können. Aber das reiche noch nicht, um die Finanzierung des Kinos auch für die Zukunft abzusichern. Es sei notwendig, noch viele weitere Mitglieder anzuwerben, sagte die Vorsitzende, da das jährliche Defizit durch die Beiträge ausgeglichen werden soll.

Vorlíčková und ihr Team ernteten viel Lob für ihren Einsatz, auch von Landrat Stefan Frey. „Da packt jemand an, das verdient Respekt.“ In Zeiten von Netflix sei es schon etwas Besonderes, ein Kino weiterzuführen, betonte er. Und wenn das ehrenamtlich geleistet werde, sei es „etwas ganz Besonderes“. Zumal sich Vorlíčková laut Frey nicht nur selbst ehrenamtlich engagiert, sondern das Kino auch als „Akzeptanzpartner“ für Ehrenamtliche zur Verfügung stellt. Das heißt, den Inhabern von Ehrenamtskarten wird ermäßigter Eintritt gewährt. Junge Menschen bekommen ebenfalls Vergünstigungen.

Vor dem Eingang steht ein alter Filmprojektor. Es ist ein Hinweis darauf, dass im „Kulturtheater“ vor allem klassische Streifen gezeigt werden. (Foto: Georgine Treybal)

Zwar ist bereits in der vergangenen Woche ein Film gezeigt worden. Doch als besonderes Angebot wurde die Filmreihe „Tutzinger Filmerkundungen“ ins Leben gerufen. Kuratiert wird die Veranstaltung von dem Filmhistoriker Friedemann Beyer, der in Berlin lebt und dort das Stummfilmfestival leitet. Beyer hat familiäre Beziehungen nach Tutzing und ist auch Vorstandsmitglied im Verein „Kulturtheater Tutzing“. Die Idee unter dem Motto „Filmgeschichte ist Zeitgeschichte“ sei entstanden, weil am Starnberger See mit Johannes Heesters, Heinz Rühmann, Leni Riefenstahl oder Hans Albers sehr viele Filmschaffende gelebt hätten, erklärte Beyer. Daher will er einmal im Monat einen historischen Film zeigen und anschließend in einem Filmgespräch die Hintergründe erläutern.

Die Filmreihe startete am Donnerstag mit dem Film „Die Landärztin“ von 1958 mit der Schauspielerin, Ärztin und Tutzinger Ehrenbürgerin Marianne Koch, die auch Ehrengast der Veranstaltung war. Wie der Filmhistoriker erläuterte, wurde der Heimatfilm von Ilse Kubaschewski produziert, die ebenfalls am Starnberger See gelebt und in Starnberg eine Stiftung gegründet hat. Laut Beyer war Kubaschewski eine der erfolgreichsten Filmproduzentinnen ihrer Zeit. Im November soll der Film „Ein Mann auf Abwegen“ mit Hans Albers folgen. Der Schauspieler lebte in Feldafing und der Film ist in seiner Villa direkt am Seeufer in Garatshausen gedreht worden. Diese steht heute unter Denkmalschutz.

Weitere Informationen unter www.kulturtheater-tutzing.de

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