Süddeutsche Zeitung

Tutzing:Brücke voller Tücke

Noch ist unklar, wer bei der Planung für die neue Tutzinger Hauptstraße geschlampt hat

Von Manuela Warkocz, Tutzing

Wie kann es sein, dass eine unscheinbare Brücke wie die über den Schluchtweg an der Kirchenstraße in Tutzing plötzlich das jahrelang vorgeplante Zehn-Millionen-Projekt der Hauptstraßensanierung durcheinander wirbelt, weil die Statik nicht trägt? Wer hat da seine Hausaufgaben nicht gemacht und die rechtzeitige Prüfung verschlampt? Weil bei der Großbaustelle drei Partner zusammenwirken - Gemeinde Tutzing, Abwasserverband Starnberg und federführend das Staatliche Bauamt Weilheim - ist die Suche nach Verantwortlichen nicht leicht.

Klar ist jedenfalls, dass das 100 Jahre alte und zuletzt in den 90er Jahren instand gesetzte Brücklein erst saniert oder gar neu gebaut werden muss, zumindest aber eine provisorisch Haltbarkeit braucht. Der ursprünglich für Herbst 2021 geplante Ausbau der Hauptstraße in der Ortsmitte ist gestoppt. Stattdessen soll überraschend der Nordabschnitt der Ortsdurchfahrt vorgezogen werden. "Was ist neu passiert?", hakte Thomas von Mitschke-Collande (CSU) im Hauptausschuss nach, nachdem Bürgermeisterin Marlene Greinwald tags zuvor in der Bürgerversammlung das Brücken-Desaster öffentlich gemacht hatte. Greinwald schob den Schwarzen Peter dem Abwasserverband Starnberg zu. Für dessen Kanalbauarbeiten rund um den Schlösserweg sei eine Komplettsperrung der Hauptstraße nötig.

Bis dato war man von einer halbseitigen Sperrung ausgegangen. Nun aber muss der gesamte Verkehr für den zweiten Bauabschnitt über die Kirchenstraße und damit über die Schluchtweg-Brücke umgeleitet werden. Dazu muss sie bis zu 40 Tonnen tragen können. "Das war so nicht vorgesehen", stellte Greinwald fest. Die Erkenntnis habe es vor einem Jahr noch nicht gegeben.

Norbert Impelmann, Geschäftsführer des Abwasserverbands, weist die Verantwortung von sich. "Ich kann das nicht bestätigen, dass wir der Auslöser sind", sagt er auf Nachfrage. Die Brücke werde für die gesamte Baustelle benötigt. Dafür versuche man, eine "vernünftige Umleitung" hinzukriegen.

Um Verständnis wirbt Silke Schweigler, Abteilungsgleiterin im Straßenbauamt Weilheim und zuständig für die Tutzinger Hauptstraßensanierung. Es passiere häufig, dass erst in der Phase der Feinabstimmung einer Baumaßnahme Unvorhergesehenes gelöst werden müsse. In diesem Fall habe sich herausgestellt, dass für die Kanalarbeiten wegen sehr tief liegender Rohre mehr Seitenraum benötigt werde, um sicheres Arbeiten zu gewährleisten. Daher sei die Vollsperrung nötig. Die Umleitung über die Kirchenstraße müsse dann auch den innerörtliche Lieferverkehr bewältigen, Lkw von Müllabfuhr und Feuerwehr sowie teilweise Baustellenfahrzeuge. "Die Ertüchtigung liegt in der Verantwortung der Gemeinde", betont Schweigler.

Das allerdings könnte dauern. Denn es liegen keine Pläne der Brücke vor, wie das Rathaus feststellte. Und dass selbst so eine kleine Brücke über einen Graben eine große Verzögerung bedeuten kann, erfuhr man bei der Brücke über den Grünholzgraben-Stockergraben an der Diemendorfer Straße in Unterzeismering. Mehr als ein Jahr dauerte es, sie für die jetzige Umleitung im Süden Tutzings zu ertüchtigen.

"Zeitlich haut's nicht hin", ist auch Schweigler überzeugt, weshalb die Koordinatorin den dritten Bauabschnitt vorantreiben will. Dafür müsse "jeder jetzt seine Hausaufgaben machen". Eventuell könne man in der nördlichen Hauptstraße im Herbsts 2021 die Spartenarbeiten in den Seitenbereichen vorziehen, was den Verkehr kaum beeinträchtigen würde. Die Straßenarbeiten könnten dann von Frühjahr 2022 an erfolgen. Der Abschnitt sei nicht so kompliziert in der Abstimmung wie der in der Ortsmitte. "Und die Geschäftsleute sind vielleicht auch ganz froh, wenn sie noch eine Weile nicht direkt vor ihrer Tür tangiert sind", versucht Schweigler dem Unvorhergesehenen Positives abzugewinnen. Nächste Woche ist eine detaillierte Information aller drei Beteiligten angekündigt.

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Quelle:
SZ vom 17.10.2020
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