Tutzing:"Betonteil" oder "Bürohaus"

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Auf dem ehemaligen Firmengelände an der Ecke Bahnhofstraße/Bräuhausstraße entstehen mehrere neue Gewerbeimmobilien. Simulation: FixVisuals/ehret+klein/oh (Foto: N/A)

Gemeinderat genehmigt Bebauungsplan für Roche-Gelände / Grüne üben Kritik

Von Manuela Warkocz, Tutzing

Was auf dem ehemaligen Roche-Gelände mitten in Tutzing entsteht, gefällt nicht jedem. Christine Nimbach (Grüne) äußerte deutlich ihren Unmut über die großstädtische Architektur, als der Gemeinderat kürzlich abschließend über den Bebauungsplan für die drei Gewerbegebäude GE3-5 im Bereich Bahnhofstraße/Bräuhausstraße befand. Sie sprach von einem "Betonteil, wo Fenster drin sind". Die Spannung zur Wohnbebauung mit alten Häusern gegenüber sei enorm. "Ich bin sehr enttäuscht", ereiferte sich die Gemeinderätin, die sich als Mitglied im Bauausschuss immer wieder kritisch zu dem massiven Bauvorhaben geäußert hat. Die Mehrheit, auch der neuen Gemeinderäte, sieht das freilich anders. Sie stimmte dem Entwurf zu, der bereits im Juli 2019 abgewogen worden war und in den mehrere Änderungen einfließen mussten.

Auch Ortsplaner Professor Florian Burgstaller hält das Konzept nun für stimmig, das der Starnberger Projektentwickler Ehret+Klein vorgelegt hat: den einzelnen Gebäuden, etwa durch individuelle Farb- und Formengebung Charakter zu verleihen und so eine "Gesamt-Identität" zu schaffen. Zuletzt hatte das zuständige Architektenbüro Kupferschmidt Architekten aus München noch mehrere Anregungen des Gemeinderats zur Fassadengestaltung eingearbeitet sowie Vorgaben bezüglich eines Immissionsschutzgutachtens, der Freiflächengestaltung, die sich an der benachbarten Wohnsiedlung Lakeside Living orientiert, und des Weges entlang des Klinik-Geländes zum Benedictus-Krankenhaus. Konkret auf das Gebäude GE3 und die Kritik bezogen, betonte Burgstaller, dass die Wünsche wie eine warme Farbgebung in Brauntönen und das zurückgesetzte Dachgeschoss "gut übertragen" worden seien. "Das ist ein Bürohaus", verwies der Ortsplaner lapidar auf die Funktion.

Auch Bürgermeisterin Marlene Greinwald (Freie Wähler) äußerte, dass man die denkmalgeschützten Villen an der Stelle halt nicht abbilden könne. Noch deutlichere Stimmen kamen aus den Reihen der CSU. Thomas von Mitschke-Collande findet die Planung "sehr gelungen". Der Komplex solle eine Einheit bilden. "Sonst hätten wir dort kein Gewerbegebiet genehmigen dürfen", machte er seinen Standpunkt klar. Sein Fraktionskollege Ernst Lindl ergänzte, es gehe darum einen "hochwertigen Bürostandort zu etablieren, für hochwertige Mieter". Genau dies gelinge mit hochwertiger Büroarchitektur - vorausgesetzt, auch die Materialien fielen später beim Bau entsprechend aus. Denn derartig konkrete Vorgaben lassen sich in einem Bebauungsplan nicht festlegen. Einig ist man sich in Tutzing, dass die finanzschwächste Gemeinde des Landkreises Gewerbeeinnahmen heranschaffen muss - jetzt nach dem Einbruch durch die Corona-Krise mehr denn je. Und dass man anstelle lärmender, immissionsreicher Betriebe lieber ruhige Gewerbetreibende in die Seegemeinde holt, wie es mit der Firma Lobster in einem anderen, bereits genehmigten Bau am Bahnhof gelingt.

Der Projektentwickler übermittelte nach der Sitzung selbstbewusst seine Ansicht zu dem beschlossenen Neubauprojekt: "Mit der Fassadengestaltung fügt sich die Business Area Tutzing gut in das traditionelle Ortsbild ein", schreibt Ehret+Klein. Im nächsten Schritt werde man die Bauanträge für alle drei Gewerbeobjekte einreichen. Die ersten Bauarbeiten sollen noch in diesem Jahr beginnen. Die Fertigstellung des Areals wird für das Jahr 2023 in Aussicht gestellt.

Auf der Gewerbeeinheit GE3 direkt am der Bahnhofstraße soll auf etwa 4100 Quadratmeter Fläche ein Bürogebäude entstehen. Daneben auf der GE4 mit etwa 6500 Quadratmeter Fläche ein Neubau, in den die Hotelgruppe Bari Group B. V. mit der Hotelmarke "Mesura" einziehen soll. Angrenzend auf der GE5 mit rund 6100 Quadratmeter ist ebenfalls eine Gewerbeimmobilie geplant.

© SZ vom 12.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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