Neueröffnung:Ausbildung mit Job-Garantie

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Mit einer Simulationspuppe, die in Florida hergestellt wird, können die Pflegeschüler üben. Der Lehrer Thomas Riethdorf (links) und Matthias Ziegler zeigen, wie ein Patient aufgerichtet wird. (Foto: Nila Thiel)

Das Benedictus-Krankenhaus in Tutzing hat wieder eine Schule für Gesundheitsberufe. Bis zu 158 Azubis können dort einen Pflegeberuf erlernen. Die ersten haben schon angefangen.

Von Carolin Fries, Tutzing

Der Starnberger Landrat Stefan Frey (CSU) will es genau wissen: „Wie kommt das denn beim Patienten an, wenn die Pflegerin sagt, dass es ihr erstes Mal ist, dass sie einen Katheter legt?“ Ob der sich dem auch verweigern könne, wenn er dabei ein mulmiges Gefühl habe. „Natürlich“, sagt Thomas Riethdorf, „das ist total verständlich“. Doch der Lehrer für Pflegeberufe an der Schule für Gesundheitsberufe am Tutzinger Benedictus-Krankenhaus betont auch, dass frisch ausgebildete Fachkräfte im Simulationslabor derlei Handgriffe ausreichend oft geübt haben und keine Anfänger im klassischen Sinn seien. „Die gehen ganz anders an die Patienten ran.“

Das bayernweit in dieser Art einzigartige Simulationslabor ist der ganze Stolz der Schule, die im vergangenen Jahr in Betrieb gegangen ist und deren Eröffnung am vergangenen Freitag offiziell mit Ehrengästen und Förderern gefeiert wurde. Auf 230 Quadratmetern ist im Untergeschoss ein Patientenzimmer nachgebildet, ausgestattet mit menschenähnlichen Hartplastikpuppen in verschiedenen Größen, elektrisch betriebenen Patientenbetten und Monitoren. Sogar eine Patientennasszelle mit WC und Dusche gibt es hier, um unterschiedlichste Situationen aus dem Klinik-Alltag zu üben. Zwölf Kameras übertragen das Geschehen auf vier Monitore im Regieraum der Pädagogen, die das Vorgehen von dort aus steuern können. Die aufgezeichneten Übungen können später gemeinsam mit den Azubis angeschaut und ausgewertet werden. „Wir verbinden so die wissenschaftlich fundierte theoretische Lehre mit der pflegepraktischen Ausbildung in den Kliniken“, sagt Riehtdorf.

Der Mann in blauem Hemd und blauer Hose gehört zum 13-köpfigen Team aus Berufspädagogen, Praxiskoordinatoren und Praxisanleitern, die momentan 71 Schülerinnen und Schüler in der Ausbildung zum Pflegefachhelfer (ein Jahr) oder zum Pflegefachmann oder der Pflegefachfrau (drei Jahre) unterrichten. Jedes Jahr im September und April nimmt die Schule bis zu 25 Neulinge auf. Sie werden in fünf modern ausgestatteten Klassenzimmern mit digitalen Tafeln unterrichtet, es gibt eine Mensa, eine Bibliothek und eine Azubi-Küche.

Landrat Stefan Frey lässt sich bei der offiziellen Eröffnung von der Schulleiterin Elisabeth Weinfurtner die technische Ausstattung in den Übungsräumen erklären. (Foto: Nila Thiel)
Monika Beer erläutert die verschiedenen Berufe in der Pflege. (Foto: Nila Thiel)

Laut Schulleiterin Elisabeth Weinfurtner, die zuvor 30 Jahre lang die Fort- und Weiterbildung am Klinikum Rechts der Isar in München geleitet hat, habe die neue Schule Platz für 158 Azubis. Sie wünscht sich, dass der Pflegeberuf mit all seinen Vorteilen wieder in die Mitte der Gesellschaft rücke. Dem schloss sich Artemed-Geschäftsführer Rainer Salfeld an. So schlecht wie immer wieder in der Öffentlichkeit dargestellt, sei der Beruf gar nicht. Das Einstiegsgehalt als Pflegefachfrau oder Pflegefachmann liege nach der dreijährigen Ausbildung bei 3400 Euro brutto. Mit den Zuschlägen im Krankenhausbetrieb komme man schnell auf 4000 Euro; das gebe es nur in wenigen Ausbildungsberufen.

Trotzdem sei es nach wie vor nicht leicht, Fachkräfte zu finden. Im Zuge des demografischen Wandels steige wiederum der Bedarf in den Kliniken. Mit der Schule sichere sich das Krankenhaus die Mitarbeiter für die Zukunft, sagt Salfeld. 90 Prozent der Absolventen würden übernommen. Entscheidend sei allerdings, dass die jungen Menschen, die zum Teil einen Migrationshintergrund haben, gut in ihr neues Lebensumfeld integriert werden und dass sie Wohnraum finden, wie Salfeld betonte. Die sprachliche Förderung leiste die Schule mit Deutschkursen und Nachhilfeprogrammen.

Im Untergeschoss ist ein komplettes Patientenzimmer nachgebildet, ausgestattet mit Hartplastikpuppen in verschiedenen Größen, elektrisch betriebenen Patientenbetten und Monitoren. (Foto: Nila Thiel)

Bereits nach dem Zweiten Weltkrieg gab es in Tutzing eine Krankenpflegeschule, damals im Krankenhaus der Missions-Benediktinerinnen. In den Sechzigerjahren war diese sogar in einem eigenen Haus untergebracht. 2006 musste die Schule geschlossen werden, weil die gestiegenen Anforderungen an den Schulbetrieb nicht mehr erfüllt werden konnten. Umso schöner sei es nun, wieder am Standort Tutzing mit einem Ausbildungsangebot vertreten zu sein, sagte der Artemed-Chef Salfeld.

Tutzings Bürgermeister Ludwig Horn (CSU) sprach von einem „Meilenstein“. Er sei sehr stolz auf das neue Angebot im Ort. Landrat Frey sprach von einer „Investition in die Zukunft“. Er kritisierte zuvor allerdings in scharfem Ton die am Donnerstag vom Bundestag beschlossene Krankenhausreform als einen „Blindflug ins Gesundheitssystem“.

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