Amtsgericht Starnberg:Frau attackiert Krankenpflegerin und Polizisten
Lesezeit: 1 Min.
Eine suchtkranke Angeklagte erhält einen Strafbefehl wegen versuchter Körperverletzung, Bedrohung und Angriffs auf Vollstreckungsbeamte.
Von Christian Deussing, Starnberg/Tutzing
Die Frau auf der Anklagebank war psychisch angegriffen. Sie stützte ihren Kopf mit den Ellenbogen ab und rang um Fassung. Ja, sie sei verhandlungsfähig, versicherte die 43-Jährige der Richterin zu Beginn des Prozesses. "Aber ich brauche Hilfe und Klarheit, sonst drehe ich irgendwann durch." Genau das war der Starnbergerin im November vergangenen Jahres passiert - als sie laut Anklage erheblich alkoholisiert, aggressiv und unter Einfluss von Medikamenten abends in der Notaufnahme des Tutzinger Krankenhauses aufgetaucht war. Dort hatte sie lautstark "den Professor oder Chefarzt" für eine Behandlung verlangt.
Als eine Pflegerin ihr stattdessen Blut abnehmen wollte, eskalierte die Situation: Die Frau drohte dem Klinikpersonal, es mit HIV anzustecken. Nachdem sie kaum noch zu bändigen war, wurden zwei Polizeistreifen gerufen, die Beamten mussten die 43-Jährige schließlich fesseln. Denn sie versuchte die Polizisten zu beißen und zu bespucken, sie beleidigte und bedrohte auch noch einen Sanitäter im Krankenwagen auf dem Weg in eine Suchtklinik.
Die Angeklagte konnte sich an Details der Vorfälle, die sich vor einem knappen Jahr ereignet hatten, nicht mehr erinnern. "Ich weiß nur, dass ich etwas Böses gemacht habe", erklärte sie im Prozess reumütig. Die 43-Jährige erzählte mit weinerlicher Stimme von Misshandlungen in ihrer Kindheit, posttraumatischen Belastungsstörungen und zerbrochenen Beziehungen. Sie habe klinische Entgiftungen hinter sich und befinde sich derzeit in einer Entwöhnungstherapie, wofür sie weitere Kraft benötige.
Die Frau versichert glaubwürdig, ihre Suchttherapie fortzusetzen
Hierbei wollten die Richterin, die Staatsanwältin und der rechtsmedizinische Sachverständige der Starnbergerin nicht im Wege stehen - zumal sie bei ihren Attacken vermutlich vermindert schuldfähig gewesen ist. Um ihr jetzt weiteren Druck zu nehmen, wurde der Fall mit einem Strafbefehl von einem Jahr Haft auf Bewährung abgeschlossen. Dies wurde auch deshalb so entschieden, weil die Angeklagte ehrlich aufgetreten war und glaubwürdig versichert hatte, ihre stationäre Therapie fortsetzen zu wollen. Das solle unbelastet von einem Strafverfahren geschehen, zu dem man ansonsten noch einen psychiatrischen Sachverständigen hätte hinzuziehen müssen, wie das Gericht betonte.
Der Verteidiger und seine Mandantin waren über dieses Prozessende erleichtert. Die Angeklagte entschuldigte sich danach im Gerichtsflur für ihr damals schlimmes Verhalten bei den Polizisten und den betroffenen Personen. Diese mussten nicht mehr als Zeugen aussagen.