Süddeutsche Zeitung

Töpfermarkt Dießen:Europäische Dimensionen

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160 Keramiker aus 16 Nationen werden von Christi Himmelfahrt an erwartet. Die mit bis zu 60 000 Besuchern größte Veranstaltung des Fünfseenlands hat wieder einige Neuheiten zu bieten

Von Armin Greune, Dießen

Auch wenn es keine verlässlichen Zahlen gibt, die das belegen könnten: Der Titel des "umsatzstärksten Töpfermarkts in Europa" wird von den Dießener Veranstaltern schon mal vorsichtig beansprucht. Eher beiläufig und inoffiziell fallen diese Worte bei der Vorstellung des diesjährigen Programms im Rathaus - doch an der wirtschaftlichen Bedeutung des Töpfermarkts für die Keramiker, Dießen und die Region am Ammersee bestehen keine Zweifel. Bis zu 60 000 Besucher werden auch heuer erwartet, wenn die bunte Töpferzunft vom 30. Mai bis 2. Juni ihre Zelte in den Seeanlagen aufschlägt.

Die größte jährliche Veranstaltung des Fünfseenlands findet zum 19. Mal direkt am Seeufer statt. Als Wolfgang Lösche im Jahr 2000 gefragt wurde, ob er die Nachfolge von Arthur Sudaus Süddeutschen Töpfermarkt antreten wolle, habe er spontan mit "Nein" geantwortet, erzählt der Marktleiter. Doch dann besann er sich anders: Als Volkskundler, Keramikforscher und Leiter des Ausstellungswesens der Handwerkskammer für München und Oberbayern sowie als Spross einer örtlichen Töpferfamilie und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Dießener Kunst war Lösche für die Marktorganisation prädestiniert. Zudem gehörte er zu den 18 Ausstellern, die bei der noch recht intimen Premiere des Töpfermarkts 1978 dabei waren. Damals lud der heuer verstorbene Alfred Sudau dazu noch in seinen Werkstattgarten ein. Bis zum Jahr 2000, als er aus Alters- und Platzgründen die Lizenz für den Süddeutschen Töpfermarkt nach Landsberg vergab, lockte die Veranstaltung in Dießen schon 50 000 Besucher an.

Parallel zu dieser "exponentiellen Entwicklung" gewannen die Märkte an Bedeutung für das Töpferhandwerk: "Keramiker verkaufen heute ausschließlich an Privatkunden", weiß Lösche. So haben sich auch heuer 360 Werkstätten beworben und die Jury musste 200 Absagen verschicken: "Für Neuzugänge wird es immer schwieriger." Während in den Vorjahren meist 15 neue Aussteller begrüßt wurden, sind 2019 nur zehn erstmals in Dießen vertreten.

Darunter sind mit Bokyung Kim und Minsoo Lee zwei Südkoreaner, die inzwischen in Dießen eine Werkstatt bezogen haben: Sie sind Meisterschüler von Kap-Sun Hwang, der vor 19 Jahren am Dießener Markt teil nahm. Das Ehepaar produziert auf der Drehscheibe puristisch-zartes Porzellangeschirr. Im Gegensatz dazu stehen die Skulpturen, die Sebastian Scheid direkt aus Tonblöcken herausschneidet und deren stereometrischen Formen er als "Vasen und Kasten" bezeichnet. Unter den neuen Ausstellern zeigen auch Aino Nebel und Ulrike Uschmann individuelle Auffassungen von Keramikkunst. Anna Sykora und Claudia Schömig widmen sich dagegen elegantem Porzellan mit klaren Formen. Erstmals in Dießen vertreten ist auch Theo Schipp, in dessen Werkstatt Baukeramik vom Mosaik über Gartenobjekte bis hin zu Öfen entsteht. Weiter hebt der Marktleiter aus den Debütanten Josef Wiesers Naturlehmkeramik hervor: Der Österreicher gräbt den Ton in seiner Heimat selbst und lässt ihn lange reifen, bevor er daraus Ofenkacheln oder Geschirr formt und brennt.

An den insgesamt 160 Marktständen sind 46 ausländische Werkstätten anzutreffen, die aus 16 Nationen stammen: Der Töpfermarkt habe "im wahrsten Sinne des Wortes europäische Dimension" erreicht, findet Lösche. Die Gastronomie aber bleibt auch nach Neuausschreibung in lokalen Händen. Im zentralen Pavillon sind heuer Exponate zum Thema "Kochen, Essen, trinken" ausgestellt, erstmalig bietet dort "Ayses Sofra" türkische Feinkost aus Dießen an. Neu auf dem Töpfermarkt ist auch das Bier der örtlichen Brauer vom Craft Bräu.

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Quelle:
SZ vom 21.05.2019
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