Therapeutische Begleitung:Integration im Schutzraum

Therapeutische Begleitung: Hilfe im Hort: Bei der Lebenshilfe in Starnberg und Breitbrunn gibt es vielfältige Betreuungsmöglichkeiten für auffällige Kinder.

Hilfe im Hort: Bei der Lebenshilfe in Starnberg und Breitbrunn gibt es vielfältige Betreuungsmöglichkeiten für auffällige Kinder.

(Foto: Lebenshilfe)

Die heilpädagogischen Horte der Lebenshilfe in Starnberg und Breitbrunn leisten seit 25 Jahren wertvolle Arbeit bei verhaltensauffälligen oder traumatisierten Kindern, für die es in der Gesellschaft sonst keinen Platz gibt

Von Marcella Rau, Herrsching

Nach zwei Jahren in der Schule kann Ben (Name geändert) noch immer nicht lesen und schreiben: Er wird wohl Analphabet bleiben, befürchtet seine Lehrerin. Ben kratzt, er beißt und ist völlig überfordert, wenn er es mit anderen Menschen zu tun hat. Er kann kaum sprechen. An schlechten Tagen schweigt er ganz. Fünf psychiatrische Gutachten gibt es bereits von dem Jungen, da ist er gerade einmal acht Jahre alt. Es ist nicht schwer sich auszumalen, wie Bens Zukunft ausgesehen hätte, wenn er keine Hilfe gefunden hätte. Wohin auch mit Kindern wie ihm, die keine Schule mehr aufnimmt, die von jedem Verein abgewiesen werden, weil sie nicht integrierbar sind und sich nicht an Regeln halten können?

Einen Platz finden solche Kinder zumeist in heilpädagogischen Horten. Zwei solcher Einrichtungen gibt es im Landkreis - die Lebenshilfe in Starnberg und der Hort in Breitbrunn. Auch Ben besucht einen dieser Horte und erhält dort Hilfe, die er braucht. Zwei Jahre später kann der Junge an Gesprächen teilnehmen und mit anderen Kindern spielen. Sogar Freundschaften hat er geschlossen. Und im Lesen gehört Ben heute zu den Klassenbesten.

27 Kinder kommen täglich in den heilpädagogischen Hort in Breitbrunn, die meisten von ihnen im Grundschulalter. Sie besuchen Förder- oder reguläre Schulen; auch Realschüler sind darunter. Gemein haben sie eine existierende, zumindest aber eine drohende seelische Behinderung. Laut Gesetz bedeutet das, dass die seelische Gesundheit der Kinder über längeren Zeitraum von ihrem typischen Zustand abweicht. Vor allem aber heißt es, dass sie für immer von gesellschaftlichem Leben ausgeschlossen bleiben könnten. Es sind junge Menschen, für die es oft nirgendwo anders mehr einen Platz gibt, die von der Schule geflogen oder stark verhaltensauffällig sind. Manche von ihnen haben sexuelle Übergriffe erlebt oder Eltern, die selbst unter einem Trauma leiden. Oft sind auch Kinder darunter, die zu Hause schlecht versorgt werden, berichtet Einrichtungsleiterin Astrid Finger. Das Essen im Hort ist manchmal die erste Mahlzeit.

Nach Mittagessen und Hausaufgaben bleibt genug Zeit, um eines der Angebote des Hortes zu nutzen. Im Keller gibt es eine Turnhalle und einen Werkraum, den die Kinder mit einem entsprechenden "Führerschein" auch allein nutzen können. Auf einem angemieteten Sonnenacker ziehen sie ihr eigenes Gemüse, die Zirkusgruppe hat mittlerweile ein 90-minütiges Programm auf die Beine gestellt, mit dem sie beim Andechser Kinder- und Familientag auftreten. Den Kindern macht das Spaß - und es hilft ihnen beim Erwerb von Kompetenzen, die sie für ein Leben in der Gesellschaft brauchen. Bei psychotherapeutischen Rollenspielen, Sprach-, Ergo- oder Hundetherapie erhalten sie außerdem eine individuelle Förderung. In den Ferien werden Ausflüge unternommen, und auch eine Sommerfreizeit ist jedes Jahr im Angebot. Es ist vor allem diese Zeit, die den Kindern positiv im Gedächtnis bleibt, berichtet Finger.

In diesem Jahr feierte die Einrichtung in Breitbrunn ihr 25-jähriges Bestehen, viele Ehemalige waren gekommen. Dass sie heute ein ganz normales Leben führen, ist sicher auch dem Hort zu verdanken.

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