Talentiade 2019:Balanceakt auf schmalem Grat

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Der Schwebebalken ist die Paradedisziplin der erst 15-jährigen Kunstturnerin Elena Engelhardt

Von Christine Setzwein, Gilching

Auf dem Schwebebalken sind Balance, Akrobatik und Mut verlangt. Für den Erfolg bei Wettbewerben trainiert Elena Engelhardt intensiv. (Foto: Engelhardt/oh)

So ein Tag ist oft sehr lang für Elena Engelhardt. Vormittags Schule am Christoph-Probst-Gymnasium, nachmittags von 15 bis 20 Uhr Training in Unterhaching oder in München - und das fünfmal pro Woche. Wenn die 15-Jährige dann abends nach Hause kommt, muss sie noch Hausaufgaben machen. "Das ist manchmal schon anstrengend", sagt sie. Trotzdem denkt die junge Gilchingerin nicht daran, ihren Sport, das Kunstturnen, aufzugeben. Und der Erfolg gibt ihr recht: Bei der Sportlerehrung des Landkreises Starnberg wurde sie jeweils in der Altersklasse 14 für den 1. Platz der Bayerischen Jugendmeisterschaft im Mehrkampf und für den 1. Platz bei der Bayerischen Meisterschaft Barren, Balken und Boden ausgezeichnet.

Überschlag vorwärts, gefolgt von einem Flickflack, Rad, ganzer Drehsprung im Seitverhalten und Salto vorwärts gestreckt als Abgang - und das alles auf einem schmalen Schwebebalken. In ihrer Paradedisziplin konnte Elena Engelhardt auch bei einem internationalen Wettkampf der Kunstturner in Stockholm im vergangenen Herbst überzeugen. Die Sportlerin, die für den TSV Unterpfaffenhofen-Germering antritt, vertrat dort mit vier weiteren Athletinnen aus dem Landeskader Bayern. Auf dem Schwebebalken qualifizierte sie sich für das Finale. Und trotz eines Sturzes reichte es für die Silbermedaille.

Sprung, Stufenbarren, Schwebebalken und Boden sind die Disziplinen beim weiblichen Wettkampfturnen. Den Balken mag Elena am liebsten, weil Sprünge, Salti und Doppelschrauben Können, aber auch "viel Mut erfordern". Aber auch am Boden fühlt sie sich wohl. Akrobatik gepaart mit Musik und Tanz, Kraft und Eleganz, das ist es, was ihr gefällt. Dafür nimmt sie auch noch einmal in der Woche Ballettunterricht.

Am Boden kommen zur Akrobatik noch Tanz und Eleganz dazu. Neun bayerische Meistertitel im Kunstturnen hat die 15-jährige Gilchingerin schon geholt. (Foto: Engelhardt/oh)

Das Turnen war Elena quasi in die Wiege gelegt. Ihre Eltern, Karen und Uli Engelhardt, haben sich beim Turnen in Germering kennengelernt. Die beiden älteren Brüder sind Turner. Mama Karen hat eine Zeitlang Leistungssport betrieben und nimmt heute noch an Seniorenmeisterschaften teil. Klar, dass sie und ihr Mann ihre Tochter, die im Alter von zehn Jahren mit dem Leistungssport angefangen hat, unterstützen. Karen Engelhardt fährt Elena jeden Tag von Gilching aus zum Training, ihr Mann Uli holt sie ab und bringt sie heim. Und sie leiden mit, wenn sich Elena verletzt und Schmerzen hat.

Zwei gebrochene Knie, ein gebrochener Mittelfuß und ein angebrochener großer Zeh, da braucht es einen starken Willen, um nicht aufzugeben und sich immer wieder zurückzukämpfen. Den hat das Mädchen, weil sich, in einem Satz ausgedrückt, "die Bewegung beim Turnen einfach gut anfühlt".

Für ihren Sport hat sie auch schon mal auf den Familienurlaub verzichtet. Für Treffen mit Freunden ist sie oft zu müde. Fürs Shoppen mit Freundinnen bleiben dann nur die Ferien. Trotzdem ist ihr Freundschaft wichtig. Besonders gefällt der Neuntklässlerin das Training mit den Mädels der Bundesligamannschaft beim TSV Unterhaching 1860, wo sie "ideale Bedingungen" vorfinden. "Wir sind eine tolle Gruppe, trösten uns und bauen uns gegenseitig auf", sagt sie. Auch mit ihrem Coach Stefan Mutiu, der neuer Landestrainer im Gerätturnen der Mädchen und Frauen beim Bayerischen Turnverband ist, versteht sie sich gut.

(Foto: Logo Talentiade)

Die nächsten Herausforderungen stehen an. Am 25. und 26. Mai finden in Bretten die Deutschen Jugendmeisterschaften statt - wo Elena Engelhardt die einzige Teilnehmerin aus Bayern in der Altersklasse 15 ist. Und am Abend des 26. Mai tritt sie mit dem Ballettensemble der Musikschule Gilching im Münchner Gasteig auf.

Aber bald sind Pfingstferien. "Und da fahren wir weg", sagt Karen Engelhardt bestimmt. Das Training geht danach weiter. Was die Disziplinen Balken und Boden angeht, ist Elena punktemäßig nicht weit weg von den Spitzensportlerinnen. Beim Stufenbarren aber "ist noch Luft nach oben", meint sie. Eine Herausforderung, die sie gerne annimmt.

© SZ vom 17.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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