Talentiade 2019:Einfach umwerfend

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Die 13-jährige Judokämpferin Clara Weidenhagen aus dem Gautinger Ortsteil Buchendorf hat heuer schon die Bayerische Meisterschaft in ihrer Altersklasse gewonnen. Der Trainingsaufwand ist groß, doch der Sport gibt ihr Selbstvertrauen

Von Sabine Bader, Gauting

Da heißt es zupacken: Clara Weidenhagen (re.) aus Gauting bei der Bayerischen Einzelmeisterschaft 2018 in Ingolstadt. (Foto: Stefan Bock/oh)

"Das hab' ich ehrlich im Kampf erworben", sagt die 13-jährige Clara Weidenhagen gleich zu Beginn des Gesprächs und deutet auf ihre Krücken. Clara ist Judokämpferin und ihr Sport ziemlich verletzungsintensiv - Ellenbogen-, Schulter- und Schlüsselbeinverletzungen sind keine Seltenheit. Da hat Clara noch Glück gehabt: Bei der Deutschen Mannschaftsmeisterschaft hat sie sich einen Kapseleinriss zugezogen. "Das ist in zwei Wochen wieder einigermaßen in Ordnung", glaubt ihre Mutter Aiga Weidenhagen. Und sie muss es wissen, denn sie ist Ärztin in einem Münchner Klinikum. "Das ist ein Kampfsport, auch wenn es nach Regeln geht", sagt sie. Dennoch kommt die Verletzung für Clara zu einem ungünstigen Zeitpunkt, denn eigentlich hatten ihre Eltern, ihr Bruder und sie in den Pfingstferien einen Wanderurlaub im Pustertal geplant. Der fällt nun weniger sportlich aus.

Wenn sie nicht verletzt ist, trainiert Clara meist drei bis fünf Mal in der Woche beim TSV Großhadern. Das Training dauert zwischen eineinhalb und zwei Stunden. Mit An- und Abreise von Buchendorf nach Großhadern im Mama-Taxi ist jedes Mal fast der ganze Nachmittag verplant. Viel Zeit für Freunde bleibt da nicht. "Die sagen manchmal schon, dass sie es blöd finden, wenn ich kaum Zeit habe", erzählt Clara.

Aber der Sport ist ihr eben auch sehr wichtig. Das Jahr war bislang für sie schon recht erfolgreich: Clara hat die Bayerische Meisterschaft in ihrer Altersklasse, der unter 15-Jährigen (U 15), gewonnen und holte die zweiten Plätze bei der Süddeutschen Einzelmeisterschaft und beim Bundessichtungsturnier in Backnang.

Die 13-Jährige weiß sich selbst einzuschätzen. "Ich bin eher zurückhaltend. Früher war es für mich undenkbar, mit fremden Menschen zu reden. Das ging gar nicht. Aber der Sport gibt mir Selbstvertrauen." Sie habe auch durch die Wettkämpfe gelernt, mit Druck umzugehen, sagt sie. Schließlich sind alle Augen auf sie gerichtet, wenn sie auf der Matte steht. Was Clara am Judo schätzt, ist auch die Tatsache, dass die Kontrahenten höflich miteinander umgehen: Vor dem Kampf verbeugen sie sich voreinander, und auch am Ende reichen sie sich die Hand. Es geht meist fair zu bei diesem Sport, der nicht nur Kampf, sondern auch Geisteshaltung ist. "Aber blaue Flecken muss man schon einkalkulieren", sagt sie. Schon, weil die Matten nicht gerade weich sind. Es geht um gelungene Schrittfolgen, Würfe und Hebetechniken - aber auch um "Hebel" und "Würger". Das klingt ziemlich unangenehm.

Beim Judo gibt es keine Tore und keine Punkte, sondern Wertungen: Ein Kampf wird umso höher bewertet, je schwung- und kraftvoller man seinen Gegner auf den Rücken werfen kann und je länger es einem gelingt, ihn im Haltegriff dort festzuhalten.

Zur Bewertung hat der Kampfrichter drei Kategorien: Yuko, Waza-Ari und Ippon. Yuko ist eine mittlere Wertung, Waza-Ari ist eine hohe und Ippon die höchste Wertung. Judoka tragen traditionell eine knöchellange weiße Baumwollhose (Zubon) und darüber eine halblange weiße Baumwolljacke (Uwagi), die mit einem Gürtel zusammengehalten wird. An der Gürtelfarbe kann man den Ausbildungsstand eines Judoka erkennen. Es gibt Schüler- und Meistergrade. Die Schüler beginnen mit einem weißen und können sich bis zum braunen Gürtel hocharbeiten. Die Meistergrade beginnen mit dem schwarzen Gürtel.

Zum Judo gekommen ist Clara 2013 über ihren zwei Jahre jüngeren Bruder Dominik. Der war damals an der Stockdorfer Grundschule, die Judo in der Mittagsbetreuung anbot. Während Dominik irgendwann den Spaß am Judo verlor und stattdessen lieber Fußball und Tischtennis spielte, war Clara von Anfang an voll und ganz dabei. Schnell war den Trainern klar: Das Mädchen hat Talent. Vor allem die Abteilungsleiterin aus Großhadern, Doris Auer, die gemeinsam mit ihrem Mann in Stockdorf die Gürtelprüfungen abnahm, redete den Eltern zu, ihre Tochter zum TSV Großhadern zum Training zu schicken. Die Judo-Abteilung des Münchner Vereins ist seit vielen Jahren in der Bundesliga mit einer Männer- und einer Frauenmannschaft aktiv und erfolgreich. Zudem setzt der Verein stark auf Nachwuchs aus den eigenen Reihen.

(Foto: Logo Talentiade)

Eric Rahn trainiert Clara derzeit, und er kann mit dem zurückhaltenden Mädchen offenbar gut umgehen. Auch die Eltern achten darauf, möglichst viele psychische Belastungen von ihrer Tochter fern zu halten. Sie fahren möglichst immer mit zu den Wettkämpfen. Und wenn es geht, schauen sie auch, dass Clara abends wieder daheim im eigenen Bett schlafen kann. Denn das ist ihr wichtig.

Die 13-Jährige besucht die siebte Klasse des Otto-von-Taube-Gymnasiums in Gauting. Und sie hat sich selbst das Ziel gesetzt, dass die Noten trotz des zeitintensiven Trainings nicht schlechter als Drei werden sollen. Auch was das angeht, nimmt es Clara genau. Was sie einmal werden möchte, weiß sie noch nicht - vielleicht Ärztin wie ihre Eltern oder Architektin. Ihr sportliches Ziel ist es, die Deutsche Meisterschaft zu gewinnen.

Junge Sportler, egal aus welcher Sportart, können sich noch bis Dienstag, 18. Juni, sich bei der Talentiade bewerben - oder von ihrem Trainer, dem Verein, von Freunden oder den Eltern vorgeschlagen werden. Die Bewerbungsadresse im Internet lautet: sz.de/talentiade2019.

© SZ vom 13.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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