SZ-Serie:So sieht es hinter der Zellentür aus

Rothenfeld ist eine Außenstelle der Justizvollzugsanstalt Landsberg. Wer hierher verlegt wird, hat es auf dem Weg zurück in die Freiheit schon weit geschafft. Tagsüber kann er draußen arbeiten, geschlafen wird in der Zelle.

Von Christian Deussing

Die alte Treppe hinter dem Metalldetektor führt in einen breiten hellen Flur, direkt zur Kapelle in den ersten Stock. Eine Gittertür wird drei Meter weiter geöffnet und kurz darauf eine Zelle mit vier Betten, Schränken und einer WC-Kabine. Hier verbringen die Häftlingen meistens ihre ersten Nächte im offenen Vollzug in Rothenfeld bei Andechs. Das wuchtige Gebäude und das Areal zwischen Äckern und Wäldern wirkt wie ein großer Gutshof, ist aber die Außenstelle der Justizvollzugsanstalt Landsberg. Deren Leiterin Monika Groß entscheidet, wer von dort oder aus ganz Bayern eine Chance erhält und hier seine Reststrafe verbüßen - und sich dabei zum Zerspanungsmechaniker und Teilezurichter ausbilden lassen oder in der Landwirtschaft arbeiten darf.

SZ-Serie: Monika Groß, Leiterin der Justizvollzugsanstalt Landsberg, und Justizvollzugsbeamter Robert Schulz auf dem Flur in der Außenstelle Rothenfeld.

Monika Groß, Leiterin der Justizvollzugsanstalt Landsberg, und Justizvollzugsbeamter Robert Schulz auf dem Flur in der Außenstelle Rothenfeld.

(Foto: Arlet Ulfers)

Darunter seien Diebe, Dealer oder Räuber, erzählt Groß in dem fensterlosen Zimmer hinter dem Wächter-Empfang in dem Gefängnis. Hier sind keine Sexualstraftäter anzutreffen und Mörder erst recht nicht. Aber Männer, die sich sehr gut geführt und es nicht mehr weit haben, um wieder die Freiheit zu erlangen. In Werkstätten bieten die Lehrmeister Ausbildungen zu Metallberufen an, die bereits in 20 Monaten zum Abschluss führen - und nicht erst nach dreieinhalb Jahren wie in der freien Wirtschaft. In dieser kürzeren Zeit ist viel Stoff zu büffeln und Disziplin gefragt. Dafür gebe es für diese Auszubildenden "keine Ablenkungen mit Biergarten und Disco-Besuchen", schmunzelt die Gefängnisdirektorin. Die Juristin freut sich, dass Rothenfeld eine sehr gute Abschlussquote vorweisen könne.

SZ-Serie: Die Zellen der Justizvollzugsanstalt Landsberg wirken aufgeräumt.

Die Zellen der Justizvollzugsanstalt Landsberg wirken aufgeräumt.

(Foto: Arlet Ulfers)

Neben ihr sitzt Robert Schulz, der schon seit 20 Jahren in dieser Außenstelle als Justizvollzugsbeamter tätig ist, wo derzeit 61 Häftlinge untergebracht sind. Die Kapazität liegt bei 101 Gefangenen, doch Rothenfeld ist laut Groß nie vollbelegt. Auch das ist sicher wichtig, um Spannungen zu vermeiden, die natürlich nicht ganz ausbleiben können, wie Schulz weiß. Er kennt die Inhaftierten und den Grund dafür, warum sie verurteilt wurden. Der 54-jährige hat einen Draht zu den Strafgefangenen und ein Fingerspitzengefühl für die richtige Belegung der Zellen. Bis zu 20 Gefangene dürfen in der Landwirtschaft arbeiten, die Betriebsleiter Fritz Ostner verantwortet. Das sei "besonders im Sommer attraktiv", berichtet der Beamte, der überdies den Hofladen in einem Haus am Rande des Gefängnisses führt. Verkauft werden als Selbstvermarkter Eier, Suppenhühner, Wurst und hausgemachte Nudeln - und zur Saison auch Gemüse. Zudem gibt es Brennholz sowie Heuballen für Reithöfe. Der Jahresumsatz beträgt laut Ostner etwa 200 000 Euro. Aber nicht nur die Bilanzen hat er im Blick - sondern auch Kunden, die ihm suspekt erscheinen und womöglich etwas ausspionieren könnten. "Das ist aber sehr selten der Fall", sagt er und schaut nach unten zum Hofkater "Garfield", der hier Wache schiebt.

Rothenfeld ist auch der Ort, wo Uli Hoeneß am Schluss seiner Haftzeit als Freigänger noch übernachten musste. Der Gefängnischefin ist anzumerken, dass sie froh ist, dass diese Zeit wegen des Rummels und der Paparazzi an der Zufahrt vorbei ist.

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