Süddeutsche Zeitung

SZ-Serie: Mein kleines Biotop, Folge 2:Wasser und Erde

Lesezeit: 2 min

Wer nachhaltig gärtnern will, sollte auch auf die elementaren Ressourcen achten. So trägt torffreies Substrat zum Artenschutz bei, weil es die Hochmoore vor weiterem Raubbau bewahrt. Und Expertin Jana Schmaderer rät zum Hochbeet

Von Armin Greune, Andechs

Endlich Regen! Der Stoßseufzer, der jetzt von vielen Landwirten und professionellen Gartenbauern zu hören ist, gilt in abgeschwächter Form auch für die Hobbygärtner. Die können sich zwar zur Not auch aus dem eigenen Wasserhahn bedienen, um ihre Pflanzen zu gießen. Doch wer auf Nachhaltigkeit bedacht ist, sollte möglichst zu anderen Quellen greifen - schließlich wird Wasser weltweit zum knappen Gut. Und in Zeiten der Klimaerwärmung werden auch im Fünfseenland die Trockenperioden immer länger, selbst wenn sich die jährlichen Niederschlagssummen im Alpenvorland voraussichtlich kaum verändern.

Jana Schmaderer, die in ihrem kleinen häuslichen Grün in Erling versucht, Natur- und Bauerngarten miteinander zu kombinieren, verwendet bei Neupflanzungen bevorzugt Stauden und Bäume mit geringem Wasserbedarf. "Ich verwöhne meine Pflanzen nicht", deshalb gießt sie nur, wenn es absolut nötig ist: zuerst Töpfe, dann die Hochbeete, seltener die Stauden, den Rasen nie. Der hohe Wasserbedarf des Phlox' ist da die Ausnahme von der Regel: "Der darf in einem Bauerngarten nicht fehlen", findet Schmaderer. Doch der ebenfalls recht durstige Rittersporn neben dem Phlox ist drei Jahre lang immer weiter zurückgegangen und nun nach wechselnden Attacken von Trockenheit und Nacktschnecken verschwunden. Nachpflanzen will sie den Rittersporn nun nicht mehr, obwohl die gelernte Gartenbäuerin beim Gießen auf zwei Zisternen zugreifen kann, die beim Bau des Hauses 2013 angelegt wurden. Wer den Aufwand scheut, aber Dachrinnen hat, kann auch bloß eine Regentonne zum Wässern des Gartens anschaffen.

Blauer Enzian

Unter diesem Namen wird meist der Kochsche Enzian Gentiana acaulis angeboten, der saure oder neutrale Böden bevorzugt. Auf den im Alpenvorland häufigeren Kalkböden gedeiht eigentlich der Glockenenzian Gentiana clusii besser. Beides sind typische Alpenpflanzen und streng geschützt. Mit ihren Röhrenblüten locken die Enziane besonders Hummeln an. Im Garten eignen sie sich ebenso fürs steinige Alpinum wie für Beete, besonders gut gedeihen sie auf lehmiger, wenig humose Maulwurfshügelerde. ARM

Lungenkraut

Die hübsche Staude ist ein dankbarer Frühblüher für halbschattige Gartenzonen auf kalkhaltigem Boden. Vor allem Hummeln, Schmetterlinge und Schwebfliegen profitieren vom Pollen, der nur mit langen Rüsseln erreicht werden kann. Das Gefleckte Lungenkraut ist in unseren Breiten nicht allzu häufig in Au- und Laubmischwäldern anzutreffen. Es blüht erst rot, dann azur- bis dunkelblau. Im Handel sind außer der abgebildeten weißen auch rosa, rote und himmelblaue Sorten erhältlich. ARM

Primula veris

Im Vergleich zur Hohen- ist die Wiesenschlüsselblume (Primula veris) in Bayern relativ selten geworden. Sie blüht tiefgelb und später als die eher blasse Primula elatior. Alle heimischen Primelarten sind streng geschützt - auch wegen ihrer Bedeutung für langrüsselige Insekten. Gärtnereien halten neben Wildprimeln jede Menge Sorten, Formen und Farbvarianten bereit, die sich im Garten ausbreiten und kreuzen können. Nur gefüllte Züchtungen sollten Naturfreunde meiden. ARM

Endlich Regen heißt auch: Höchste Zeit für die Aussaat. Wenn jetzt noch Wärme dazukommt, geht sie rasch auf - ohne dass man ständig dafür sorgen muss, dass die Erde feucht bleibt. Apropos Erde: Hier sollte man der Artenvielfalt wegen beim Kauf tunlichst auf torffreies Substrat achten, um die letzten verbliebenen Hochmoore vor weiterem Raubbau zu bewahren. Diese gefährdeten Feuchtgebiete sind für den Artenschutz besonders wichtig, weil sie viele selten gewordene Pflanzen und Tiere beherbergen. Schmaderer bezieht ihre Erde von einem Hersteller aus Weilheim, der ganz auf Torf verzichtet. Zehn Säcke mit 85 Litern braucht sie heuer - das meiste davon für ihre vier Hochbeete, in denen sie Salat, Gemüse und Blumen heranzieht. In d iese Kisten werden zunächst zwei Schichten grober und feiner Strauchschnitt sowie etwas Laub gepackt. Darauf schaufelt man die umgewendete Grassode sowie zwei Lagen gröberer und feinerer Kompost, zum Abschluss kommt dann die Blumenerde aufs Beet. Weil sich die tieferen Schichten allmählich zersetzen, sackt das Hochbeet zusammen: Schmaderer etwa muss alle zwei Jahre Erde zentnerweise nachschütten: "Da hilft mir mein Mann", sagt sie und lacht.

Von der Last der Säcke abgesehen eignen sich Hochbeete auch bestens für ältere Gartenfreunde, die sich nicht mehr gut bücken können. "Doch vor allem sind Hochbeete ideal in Neubaugebieten wie bei uns, wo der Boden von den Baumaschinen verdichtet wurde", empfiehlt Schmaderer: "Und selbst auf Dachterrassen oder Balkonen kann man sie aufstellen, wenn die Traglast es zulässt".

Endlich Regen: Das heißt auch, dass in dieser Episode unserer Serie die Insekten zwangsläufig zu kurz gekommen sind. In der nächsten Folge wird aber wieder mehr zum Thema bienenfreundlicher Garten zu lesen sein.

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Quelle:
SZ vom 30.04.2019
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