SZ-Dialog vor dem Bürgerentscheid:Bauvorhaben in Gauting erhitzt die Gemüter

Mit Gasballons gegen die Baupläne; Demo in Gauting

Das Bauvorhaben an der Bahnhofstraße bietet reichlich Gesprächsstoff.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die SZ lässt Gegner und Befürworter der Bebauung des ehemaligen Grundschulareals zu Wort kommen: Sonntag, 8. April, 11 Uhr, Breitwandkino Gauting, Eintritt ist frei.

Von Michael Berzl, Gauting

In Gauting herrscht Wahlkampfstimmung. Im ganzen Ort stehen Plakatständer, die zur Abstimmung am Sonntag, 15. April, aufrufen, wenn es um die umstrittene Bebauung des ehemaligen Grundschulareals an der Bahnhofstraße geht. Schon lange hat kein Thema die Gemüter im Ort in den vergangenen Jahren so sehr erhitzt. Oft emotional und teilweise gespickt mit Vorwürfen und Unterstellungen wird seit Monaten darüber gestritten. Sogar unter Parteifreunden gibt es Meinungsverschiedenheiten, die bis zum Zerwürfnis führen. Aktuelles Beispiel: Vize-Bürgermeister Jürgen Sklarek (SPD) verlässt verärgert den Gautinger SPD-Ortsvorstand.

"In letzter Zeit kann ich die Meinung des Ortsvorstandes, was die Ortsentwicklung anbelangt, nicht mehr nach bestem Wissen und Gewissen vertreten", schreibt Sklarek, der bisher als Beisitzer dem Vorstand angehört hat, in einer Erklärung. Damit meint er das geplante Gewerbegebiet an der Grenze zu Gilching, aber auch den Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses. Er unterstützt das Projekt der Erlanger Baufirma Sontowski und damit die Politik von CSU-Bürgermeisterin Brigitte Kössinger. Sklarek musste erleben, dass Vorstandskollegen Flugblätter der Gegeninitiative verteilen.

Nun zieht er seine Konsequenzen, zumal er in Gesprächen mit vielen Gautingern den Eindruck gewonnen hat, dass im Ort eine ganz andere Meinung vorherrscht, als der SPD-Vorstand vertritt. Mitglied in der SPD bleibt er aber, betont er in seiner Mitteilung. Seine Entscheidung als Gemeinderat werde er "nicht von Polemik und Vermutungen bestimmen lassen". Zugleich verwahrt er sich gegen den Vorwurf, er sei "Handlanger" von Kössinger, wie ein Vorstandsmitglied behauptet habe oder ein "Erfüllungsgehilfe" von Bürgergruppierungen.

Auch das macht deutlich, welche Nervosität gut eine Woche vor der Entscheidung über die Bebauung mitten in Gauting herrscht. Auf dem Grundstück in zentraler Lage, das die Gemeinde für neun Millionen Euro verkauft hat, stand bis zu den vergangenen Sommerferien die alte Grundschule. Das Gebäude war sieben Jahre zuvor wegen Baufälligkeit gesperrt worden, nachdem Gutachter festgestellt hatten, dass eine Sanierung wirtschaftlich nicht sinnvoll wäre. Nun befindet sich dort eine leere Fläche, auf der ein fünfstöckiger Gebäudekomplex mit Läden im Erdgeschoss und 60 Wohnungen in den Etagen darüber entstehen soll. So hat es der Gemeinderat mit großer Mehrheit beschlossen.

Mit Gasballons gegen die Baupläne; Demo in Gauting

Das Bauvorhaben an der Bahnhofstraße bietet reichlich Gesprächsstoff.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die Kritiker dieses Vorhabens sind der Ansicht, dass die vorgesehenen Dimensionen und die Gestaltung nicht zur Umgebung passen, sie sprechen von "Baukolossen" und befürchten zusätzlichen Verkehr auf der Bahnhofstraße. Auch die oberirdischen Parkplätze sind ein Streitpunkt. Im vergangenen November hat sich die Gruppe "Gauting aktiv" gegründet, die dieses Vorhaben stoppen will und dazu erfolgreich ein Bürgerbegehren gestartet hat. Die Gegenbewegung mit dem Namen "Zukunft Gauting" tauchte dann mit Beginn dieses Jahres auf. Diese Initiative will einen weiteren Stillstand verhindern und begrüßt, dass neue Wohnungen und Läden entstehen.

Nach diversen Werbe- und Informationsveranstaltungen haben bald die Wähler das letzte Wort. Um möglichst viele Gautinger dazu zu bewegen, ihre Stimme abzugeben, hat es die Gemeinde den Wahlberechtigten diesmal besonders leicht gemacht und mit der Benachrichtigung gleich die kompletten Unterlagen für die Briefwahl und einen frankierten Rückumschlag versandt. "Serviceorientiert" nennt man das im Rathaus. So solle ein möglichst breites Meinungsbild entstehen. Dennoch ist die Zahl der Briefwähler bisher noch nicht außergewöhnlich hoch. Etwa 3600 Stimmzettel sind nach Angaben des Rathauses bisher eingeschickt oder abgegeben worden. Das entspricht knapp 23 Prozent. Da war der Rücklauf eine Woche vor der Bundestagswahl im vergangenen Jahr deutlich höher.

Es muss ein bestimmtes Quorum erreicht werden, das für jede der Fragestellungen einzeln gilt. Laut Gemeindeordnung müssen bei einer Einwohnerzahl wie in Gauting mindestens 20 Prozent der Wahlberechtigten ihr Kreuz machen, damit das Plebiszit gültig ist.

Vor der entscheidenden Abstimmung bietet die Süddeutsche Zeitung den Gautingern die Gelegenheit, sich bei einer Podiumsdiskussion am kommenden Sonntag, 8. April, von 11 Uhr an im Kino Breitwand mit den gegensätzlichen Positionen vertraut zu machen. Als Vertreterin von "Gauting aktiv" kommt Angelika Siegmund, ihr Gegenüber von "Zukunft Gauting" ist Andreas Albath. Aus den Reihen des Gemeinderats beteiligen sich Richard Eck (UBG) als Unterstützer und Heinrich Moser (Grüne) als Kritiker. Bürgermeisterin Kössinger erhält zum Auftakt Gelegenheit zu einer kurzen Einführung in die städtebaulichen Grundlagen der Ausschreibung. Die Moderation übernehmen SZ-Redakteur Michael Berzl und Redaktionsleiter David Costanzo.

Die Podiumsdiskussion beginnt um 11 Uhr, um 10.45 wird der Saal geöffnet. Reservierungen sind nicht möglich; bereits beim Kino abgegebene Wünsche können aus technischen Gründen nicht berücksichtigt werden. Der Eintritt ist frei.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: