Süddeutsche Zeitung

SZ-Adventskalender:Wenn das Geld nur für Nudeln mit Butter reicht

Der alleinerziehende Frank M. muss im Beruf kürzertreten, um für seine beiden Kinder da sein zu können. Seitdem kommt er kaum über die Runden.

Von Carolin Fries

Es gibt die Tage, da schläft Frank M. (alle Namen geändert) schlecht, weil er nicht weiß, wie es weitergehen soll. Diesen Nächten folgen dann die Tage, in denen es zuhause für die Familie mittags nur Nudeln mit Butter zum Essen gibt. Es gibt dann auch keinen Saft zum Trinken und kein Joghurt als Nachtisch. Wenn der 36 Jahre alte Redakteur in diesen Tagen zum Einkaufen muss, dann macht er den Kindern vorher im Auto klar: In den Beutel kommen nur Brot und Milch - und eine große Packung Nudeln.

In diesen Wochen merken die Kinder, dass das Geld knapp ist. Frank M. leidet dann am allermeisten, denn eigentlich ist der Medienjournalist mehr als bemüht, dass es Mark und Leonie gut geht. Sie haben es doch ohnehin schon schwer genug: Leonie kam mit Spina bifida auf die Welt und braucht besondere medizinische Betreuung und Pflege. Alle drei Stunden muss ihre Blase per Katheter entleert werden, wegen einer Fehlstellung der Beine ist sie nicht besonders gut zu Fuß. Aktuell besucht das Mädchen eine Förderschule, die Ärzte sprechen von einer Lernentwicklungsverzögerung. "Sie liebt die Schule", sagt der alleinerziehende Vater Frank. Der ältere Mark ist gesund, doch emotional sehr verschlossen. "Beide Kinder leiden natürlich unter der Trennung", weiß Frank M. Von der Mutter der Kinder lebt er seit dreieinhalb Jahren getrennt. Frank M. hat darum gekämpft, dass er mit den Kindern in der Zweizimmerwohnung bleiben kann, das erste Jahr nach der Trennung hat er in Vollzeit weitergearbeitet, zuhause wechselten sich Pflegedienste mit der Betreuung von Leonie ab. Schnell wurde ihm klar, dass er selbst an der Seite der Kinder gefragt ist. Die Anforderungen in der Schule stiegen, Arzttermine mussten erledigt werden, vor allem aber: Die Kinder brauchten einen Vater, der für sie da ist und nicht jeden Abend erschöpft nach Hause kommt. Frank M. reduzierte seine Arbeitszeit auf 20 Wochenstunden, "mein Arbeitgeber ist zum Glück sehr verständnisvoll".

Seither ist das Geld knapp, aber das Familienleben funktioniert wieder. Wenn Frank M. nicht in München in der Redaktion ist, dann arbeitet er von zuhause aus und kümmert sich nebenbei um den Haushalt. Er kocht, putzt, wäscht und erledigt den Papierkram, nachmittags unterstützt er bei den Hausaufgaben. Es ist immer noch viel für einen alleine, weshalb der Kinderschutzbund einmal in der Woche eine Familienpatin vorbeischickt. Während diese ein paar Stunden mit Leonie spielt, hat Frank M. Zeit, mit Mark ins Hallenbad zu fahren und mit dem Sohn Schwimmen zu üben. Oder aber er muss mit Leonie zum Arzt. Auch die Mutter von Frank M. hilft und kommt regelmäßig vorbei.

Wenn nicht immer etwas dazwischen käme, würde die Familie auch über die Runden kommen. Doch dann geht zu Jahresbeginn die Spülmaschine kaputt und zu Schulbeginn muss in die Klassenkasse eingezahlt werden. Das Auto muss zum TÜV und für den Sportverein braucht es eine neue Kurskarte. "Im September ging dann finanziell gar nichts mehr", erzählt Frank M. Es macht ihn wütend, dass er sich jeden Tag anstrengt und etwas leistet - es unterm Strich aber doch nicht reicht. So fehlt der Familie ein Staubsauger, die Kaffeemaschine ist kaputt. Frank M. wünscht sich außerdem einen Drucker für die vielen Formulare, die er regelmäßig für Leonies Pflege und Betreuung braucht. Zu Weihnachten würde Frank M. außerdem gern die Kinderzimmer ein bisschen verschönern, zum Beispiel mit kindgerechten Lampenschirmen. Er selbst schläft seit Jahren auf dem Sofa.

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Quelle:
SZ vom 02.12.2019
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