SZ-Adventskalender:Verzweifelter Kampf gegen den Krebs

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Der krebskranke Petar P. wünschte sich Weihnachtsgeschenke für die Familie. (Foto: Nila Thiel)

Die fortschreitende Krankheit von Petar P. hat seine vierköpfige Familie in finanzielle Not gebracht. Das Weihnachtsfest wollen sie noch einmal zusammen genießen - doch für Geschenke fehlt das Geld.

Von Carolin Fries, Herrsching

Manchmal schenken sie sich einen schönen Moment. Dann kocht Jovanna P. ( alle Namen und Wohnort geändert) Kaffee und sie genießen im Wohnzimmer, dass sie sich haben und wie viel sie schon zusammen geschafft haben. Kaffee kann ihr Mann Petar mühelos in kleinen Schlucken trinken, das klappt trotz seiner schweren Krebserkrankung. Wäre es nicht winterlich kalt, säßen sie draußen auf der Terrasse. Der 42-Jährige kann es noch immer kaum glauben, dass sie eine Wohnung mit mehreren Zimmern und einem eigenen kleinen Garten haben. Vor einem Jahr erst sind sie in die Sozialwohnung in Herrsching gezogen. "Die letzten Jahre hatten wir immer nur ein Zimmer", sagt er und zieht die Augenbrauen in die Stirn. Seine rechte Gesichtshälfte bleibt dabei allerdings starr - die Muskeln machen nach den vielen Operationen in den vergangenen Jahren nicht mehr mit.

Sie haben jetzt ein bisschen mehr Platz für die Familie, für die gemeinsame Tochter Anja, 4, und Jovannas 17 Jahre alte Tochter Gorana aus erster Ehe. "Wenn ich Anja ansehe, dann weiß ich, dass wir weitermachen müssen", erzählt Jovanna. Dann sagt die 36-Jährige zu Petar: "Du musst weiterleben!" Er wisse dann nicht, was er sagen soll, erzählt er. Seit drei Jahren hat er Krebs, hat eine Chemo- und Strahlentherapie gemacht, außerdem drei Operationen überstanden. Doch der Krebs kam immer wieder. Er fühlt sich der Krankheit ohnmächtig ausgeliefert. Anstatt seine Familie zu ernähren und sich um die Kinder zu kümmern, falle er ihnen zur Last. "Ich bin nutzlos", sagt der Familienvater und zuckt mit den Schultern, nur ein kleines Stück. Brust- und Schultermuskulatur kann er kaum nutzen. Auf der einen Seite haben die Ärzte für eine Transplantations-Operation Gewebe entnommen, auf der anderen hat man ihm vor ein paar Tagen einen Port gelegt: Kommende Woche beginnt eine weitere Chemotherapie, "eine Alternative gibt es nicht".

"Soll ich darauf warten, zu sterben oder versuchen, zu leben?"

Petar P. sagt, die Krankheit mache ihn nervös. Nachts kann er vor lauter Grübeln kaum schlafen, deshalb nimmt er jetzt Antidepressiva. Seit bald drei Jahren kann er seine Arbeit als Lastwagenfahrer nicht mehr machen, damals entdeckten die Ärzte bei einer Routineuntersuchung einen bösartigen Tumor in seiner Nase. Seither kämpft er verzweifelt gegen die Krankheit an. Während der ersten Chemotherapie und Bestrahlung verliert er 15 Kilogramm, muss über eine Magensonde ernährt werden. Es dauert sechs Monate, bis er wieder selbständig trinken und flüssige Nahrung zu sich nehmen kann. Kaum dass er sich erholt hat, hat der Krebs die Lymphknoten befallen, innerhalb eines Jahres wird er zweimal operiert. "Die Ärzte sagen nach der OP immer, sie hätten alles erwischt", erzählt Petar P. Doch im August diesen Jahres, er kommt gerade aus der Reha zurück, ist die Haut befallen und er muss wieder in die Klinik. Was soll er machen? "Soll ich darauf warten, zu sterben oder versuchen, zu leben?"

Weil Petar P. nicht mehr arbeiten kann, bekommt die Familie monatlich 1000 Euro Arbeitslosengeld und etwa 600 Euro Aufstockung vom Jobcenter, außerdem 219 Euro Kindergeld. Für die Miete und das Auto, das sie in Raten abzahlen, sind monatlich 1100 Euro fällig - bleiben also knapp 700 Euro im Monat zum Leben. Zu wenig, um die teure Zuzahlung für hochkalorische Trinknahrung für Petar P. zu bezahlen. Er isst deshalb alle paar Stunden ein paar Löffel eines selbstgemachten Breis aus Gemüse und Polenta und zwischendurch Suppe. Die Hälfte der Zunge ist taub, Kauen und Schlucken strengt an und immer wieder muss er helfen, das Essen mit Wasser "runterzuspülen". Mit der Physiotherapie ist es das Gleiche: Er hat zwar ein Rezept, doch das bleibt wegen der zu leistenden Zuzahlung in der Schublade.

Jovanna P. putzt an drei Vormittagen in der Woche, damit genug Geld da ist

Seit wenigen Wochen wird die Familie vom Ambulanten Kinderhospiz München (AKM) mit Sitz in Inning betreut. Die Hausärztin von Petar P. hat den Kontakt hergestellt. Lukas Schachtschneider von der Angehörigenbetreuung der Stiftung hilft jetzt beim "Papierkram". Er will einen Antrag auf Pflegegrad stellen, damit Petar P. besser versorgt werden kann. Aktuell übernimmt Jovanna P. die Pflege ihres Mannes, nebenbei arbeitet sie an drei Vormittagen in der Woche als Putzhilfe in privaten Haushalten. Sie hat große Sorge, dass die finanzielle Not größer wird. Die Familie hat Schulden in Höhe von zwei Monatsmieten - vor lauter Krankheit und Reha hat Petar P. nicht alle Anträge rechtzeitig ausgefüllt und weggeschickt, weshalb zwei Monate kein Geld reinkam.

An Weihnachten wollen sie versuchen, die Krankheit und die Sorgen kurz zu vergessen, der SZ-Adventskalender will dabei helfen. Denn für die Geschenke hat die Familie eigentlich kein Geld. Anja weiß aber genau, was das Christkind bringen soll: "Eine Puppe, die sprechen und die Augen auf und zu machen kann." Ihre große Halbschwester wünscht sich eine Spielekonsole. Und Jovanna und Petar P., womit könnte man ihnen eine Freude machen? "Kranke Menschen haben nur einen Wunsch", sagt die 36-Jährige: "gesund zu werden."

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