SZ-Adventskalender:Ein Laptop für die Ausbildung

Jawad Ahmadi hat in Afghanistan Betriebswirtschaftslehre studiert, sein Abschluss wird hierzulande aber nicht anerkannt. Der 28-Jährige will nun eine deutsche Hochschule besuchen.

Von Christoph Koopmann

Es war im Sommer vergangenen Jahres, als Jawad Ahmadi merkte, dass er von nun an zwei Heimaten hatte. Die eine liegt in Afghanistan, wo er geboren wurde. Die neue, das ist Deutschland, das ist Herrsching. Zu seiner langen und komplizierten Geschichte gehört, dass ihm diese Erkenntnis kam, als er in Iran war. Dort traf er sich mit seiner Familie. "Da wurde mir klar: Ein Teil von mir gehört nach Deutschland", erzählt Ahmadi. Seine Eltern und Geschwister in Afghanistan zu besuchen, war zu gefährlich - obwohl Ahmadi seine alte Heimat bereits 2015 verlassen hat.

Aufgewachsen ist der heute 28-Jährige in einem kleinen Dorf, damals herrschte in Afghanistan Bürgerkrieg. Der Junge musste oft die Schafe seiner Familie hüten. Als er das erzählt, lacht er. "Es kommt mir vor wie ein anderes Leben", sagt er. Ahmadi war ein guter Schüler, konnte studieren. Doch nach seinem Abschluss in Betriebswirtschaftslehre an einer Hochschule in der Hauptstadt Kabul begann es für ihn gefährlich zu werden. Mitarbeiter der Firma, für die er arbeitete, seien von Kämpfern der Taliban entführt und ermordet worden, sagt Ahmadi. Auch er hatte Angst um sein Leben. Was er genau darüber erzählt, soll nicht in der Zeitung stehen. Er fürchtet, dass seiner Mutter, die noch immer in Afghanistan lebt, etwas zustoßen könnte - oder ihm selbst.

SZ-Adventskalender: Seit drei Jahren lebt Jawad Ahmadi in Herrsching - es ist seine zweite Heimat geworden. Seit November macht er eine Ausbildung.

Seit drei Jahren lebt Jawad Ahmadi in Herrsching - es ist seine zweite Heimat geworden. Seit November macht er eine Ausbildung.

(Foto: Arlet Ulfers)

Für Ahmadi stand im Herbst 2015 fest: Er muss weg. "Ich habe eine Reise begonnen, bei der ich nicht wusste, wo das Ziel ist", sagt er. Über Pakistan, Iran, die Türkei, Griechenland führte ihn die Flucht irgendwann nach Schweden - und schließlich nach Herrsching. Seit knapp drei Jahren lebt Ahmadi nun hier, im September 2016 erhielt er offiziell Flüchtlingsstatus. In dieser Zeit hat er sich ein neues Leben aufgebaut, er lernte die Sprache, arbeitete bei einem Hersteller von Kartenlesegeräten, zog in eine eigene Wohnung.

Doch Ahmadi wollte mehr: studieren. Denn sein BWL-Abschluss aus Afghanistan wird in Deutschland nicht vollständig anerkannt. Dass die Uni-Bewerbung ausgerechnet am Deutsch-Test scheiterte, ist schwer zu glauben, erzählt er davon doch in grammatikalisch beinahe perfektem Deutsch. Ein Jahr hätte Ahmadi warten müssen, ehe er den Test hätte wiederholen können. Also suchte er eine Alternative. Im November begann er in einem Betrieb in Pähl eine Ausbildung zum Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik. "Die Arbeit macht großen Spaß", sagt Ahmadi, "obwohl ich vorher nie etwas im handwerklichen Bereich gemacht habe."

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Auch in der Berufsschule laufe es gut, auch wenn er jeden Morgen mehr als eine Stunde im Zug nach München unterwegs sei. Diese Zeit will Ahmadi nutzen, um für die Schule zu lernen, Referate vorzubereiten oder an Übungsprogrammen Energiesysteme in Gebäuden zu planen. Das Problem: Für all das bräuchte er einen Laptop. Doch dafür reicht das Geld, das er in der Ausbildung verdient, nicht aus. "Ich will nicht nur in der Schule lernen", sagt Ahmadi. Deutschland sei ein Land der Chancen, sagt er. Und die Chance, die ihm die Ausbildung bietet, möchte er bestmöglich nutzen.

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