Am Samstag erreichte sie die Nachricht: Valeska Schneider aus Söcking wird Ende Mai bei den Weltmeisterschaften im Wellenreiten starten. Die ISA World Surfing Games finden vom 20. bis 28. Mai in Biarritz statt. Nur zwei Surferinnen pro Land werden gemeldet. Für Valeska geht damit der Traum in Erfüllung, für den sie das ganze vergangene Jahr hart gearbeitet hat. Bei den Deutschen Meisterschaften 2016 surfte die 25-Jährige in den Wettkampfklassen Open Women und Longboard Women und belegte beide Male den dritten Platz.
Dass ihre Nominierung für die Weltmeisterschaften erst drei Monate vor dem Contest in Biarritz nun bekannt gemacht wurde, liegt wohl auch daran, dass sich der Deutsche Wellenreit Verband (DWV) aktuell in einer Umbruchphase befindet. Seit 2016 ist Surfen auch olympische Disziplin. Der DWV ist seit Anfang dieses Jahres Mitglied im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und strebt eine Teilnahme an den olympischen Spielen 2020 an.
"Eigentlich hatte ich mir dieses Semester mit richtig vielen Kursen voll geladen", erzählt Valeska am Telefon. Seit Anfang 2016 lebt und trainiert die Starnbergerin in Australien. An der Universität von Griffith, Brisbane studiert sie Advanced Health Service Management und befindet sich im Masterstudiengang. Noch drei Semester hat sie vor sich, doch jetzt muss sie erst einmal umplanen. An ihrer Uni wird das aber kein Problem sein, meint sie. Griffith ist ein Sportcollege, an dem viele Leistungssportler studieren. Ihren Lebensmittelpunkt hat sie in Coolangatta, einem Surfer-Eldorado an der australischen Ostküste. "Ich bin jeden Morgen ein bis zwei Stunden im Wasser," erzählt Valeska, und wenn es Job und Uni zulassen, steht sie auch nachmittags noch mal auf dem Board. Die Nominierung für die deutsche Nationalmannschaft hat ihr in den vergangenen Tagen einen kräftigen Motivationsschub verpasst.
Neben der Freude ist aus ihren Worten allerdings auch die Herausforderung herauszuhören: "Ganz klar rückt der Fokus jetzt vom Studium auf den Sport. Ich werde das Training im Fitnessstudio wieder intensivieren." Balance, Koordination und Explosiv-Kraft, es gibt viel zu tun. Die letzten zehn Tage vor dem Wettkampf werden die sechs Surfer des deutschen Teams, vier Männer und zwei Frauen, sich dann gemeinsam vor Ort vorbereiten. Doch bis dahin will sie noch einiges an ihren Boards verbessern und ist dafür gerade in Kontakt mit einem sogenannten Board-Shaper. Dann gilt es, Flüge zu buchen und Sponsoren zu finden.
Um beim Wellenreiten in der Weltspitze dabei zu sein, ist es wichtig, so viele Wettkämpfe wie möglich mitzusurfen. Die Events finden auf der ganzen Welt statt. Flüge, Unterkunft, Material und Startgebühren kosten. Seit vergangenem Jahr wird Valeska vom australischen Label Rip Curl ausgestattet.
Ihr Talent fürs Wellenreiten hat sie erst nach dem Abitur entdeckt. Im Flugzeug nach Australien sah sie einen Film über die Surferin Bethany Hamilton, die nach einer Hai-Attacke, bei der sie einen Arm verlor, das Wellenreiten nicht aufgegeben hat und trotz ihres Handicaps auch heute noch zu den weltbesten Surferinnen zählt. Sobald Valeska genug Geld verdient hatte, buchte sie einen Vollzeitsurfkurs und legte innerhalb von vier Wochen erstaunliche Trainingsergebnisse hin. Sie wusste: Das war's, was sie in Zukunft machen wollte - Wellenreiten.
Seitdem surfte sie jeden Sommer vor der Küste Frankreichs, das Revier der Weltmeisterschaften kennt sie also schon, trainierte in Indonesien und ritt die Welle auf dem Münchner Eiskanal, bevor sie Australien zu ihrer neuen Wahlheimat erkor.
Hatte sie dort schon einmal Kontakt mit Haien? Kein einziges Mal, erzählt Valeska. Eine Shark-App zeige ihr an, wo Haie gesichtet wurden, und sie vermeidet es, ins Wasser zu gehen, wenn das trüb ist, etwa nach starkem Regen. Aber sobald mehr Menschen draußen sind, fühle sie sich sicher. Delfine dagegen cruisen gerne mit den Surfern in den Wellen. Oft seien es riesige Schwärme. "Das ist jedes Mal wieder ein tolles Erlebnis," schwärmt sie.
Am Starnberger See surft Valeska Schneider nicht. Da geht sie höchstens Schwimmen. Aber jetzt ist erst einmal volle Konzentration auf die Weltmeisterschaften angesagt.