Stephan Fischer, Bootsbaumeister der gleichnamigen Werft in Bernried: Seit drei Jahren hat die Werft einen Lehrling aus Sierra Leone. "Er hat Spaß an der Arbeit, ist immer freundlich und lustig, und wir haben Spaß an ihm", schwärmt Fischer. Klar, anfangs hatte er schon Bedenken, wie die Kundschaft wohl reagieren würde, wenn sie von einem Schwarzen bedient wird. "Wir haben ja ein erlesenes Publikum, viele sind auch etwas älter", erklärt der Bootsbaumeister. Aber seine Sorge erwies sich als unbegründet: "Die Resonanz war super." Beim Sommerfest im Hafen hat ein Kunde sogar für die Ausbildung des Manns aus Sierra Leone gesammelt, denn die Azubis müssen eine Zeitlang nach Travemünde, und das kostet nicht gerade wenig. Für einen Flüchtling ist es jedenfalls unerschwinglich.
Die Idee, einen Westafrikaner einzustellen, kam dem Bootsbauer durch einen Zeitungsartikel, in dem die evangelische Pfarrerin beklagte, dass die Asylbewerber in Tutzing oft angefeindet werden, weil sie beschäftigungslos sind. Kurz entschlossen bot Fischer ein Praktikum an. "Es sollte ein positives Zeichen sein: Ein Schwarzer im Hafen fällt auf, und die Leute sollten sehen, dass uns die Flüchtlinge auch Vorteile bringen." Die Hürden sind allerdings groß, das merkte Fischer schnell, denn es dauerte ziemlich lang, bis der Mann eine Arbeitserlaubnis bekam. Anfangs durfte er nur stundenweise arbeiten. Es war schwierig, denn der Mann aus Sierra Leone war nicht da, wenn die Werft ihn dringend gebraucht hätte.
Doch Fischer hielt unverdrossen an ihm fest, bot ihm schließlich sogar einen Ausbildungsvertrag an. Ein wenig Sorge hat der Chef jetzt schon, ob er in diesem Jahr seinen Abschluss schaffen wird, aber er gibt sich zuversichtlich. "Es wird sehr eng, aber es wird schon hinhauen." Mathematik fällt seinem Schützling schwer, schon weil sein Deutsch nicht so gut ist. Damit er die Prüfung schafft, gibt Fischer ihm nach der Arbeit noch Nachhilfe. Auch handwerklich ist es nicht ganz einfach, gibt der Bootsbauer zu. "Er stöhnt oft darüber, wie exakt, sauber und präzise wir hier arbeiten. Man muss unendlich viel Geduld haben."
Insgesamt ist der Aufwand wesentlich größer als mit einem Deutschen, weiß Fischer. "Einer allein kann das gar nicht bewältigen. Man muss sich abwechseln." Aber auf der anderen Seite ist er begeistert: "Menschlich ist er fantastisch. Er hat mein vollstes Vertrauen, ist höflich zu den Kunden und pünktlich." Kurz: ein Glücksgriff. Fischer würde sogar trotz aller Schwierigkeiten erneut einen Flüchtling engagieren. Ihm ist es wichtig, dass der Mensch in sein Team passt - alles andere ist zweitrangig, auch das Alter. Sein jetziger Lehrling ist 30, aber das stört ihn nicht.