Süddeutsche Zeitung

Streit um Neubau in Seefeld:Ja zur Klinik, aber nicht hier

Naturschützer sammeln Unterschriften für ein Bürgerbegehren zugunsten eines Neubaus außerhalb des Landschaftsschutzgebiets - und bringen einen Standort in einer anderen Gemeinde ins Spiel

Von Astrid Becker, Seefeld

Die Ortsgruppe Seefeld und Kreisgruppe Starnberg des Bund Naturschutz (BN) und die Bürgerinitiative Eichenallee (BI) starten an diesem Wochenende ein Bürgerbegehren zum geplanten Klinik-Neubau in Seefeld. Es soll unter dem Motto stehen: "Für eine Klinik - außerhalb des Landschaftsschutzgebietes." Dieses Begehren wollen die Initiatoren als Antwort auf das von der Gemeinde für den 27. Juni angesetzte Ratsbegehren verstanden wissen.

Vor allem die Fragestellung des Ratsbegehrens stoße auf Kritik, erklärt Ortwin Gentz von der BI Eichenallee. Sie lautet: "Sind Sie dafür, dass die Gemeinde Seefeld für den Neubau eines Krankenhauses auf einer Fläche östlich des neuen Friedhofes an der Bahnhofstraße die planungsrechtlichen Voraussetzungen schafft?" Diese vernachlässige die ökologische Bedeutung der Fläche, die für einen Klinik-Neubau zur Diskussion stehe. Um diese zu verdeutlichen, habe man sich für ein eigenes Bürgerbegehren entschlossen.

Auch Linda Rüger von der BN-Ortsgruppe hält die Fragestellung des Ratsbegehrens für problematisch, weil sie die Bürger in Gewissenskonflikte bringe: "Man soll sich zwischen Natur oder Gesundheitsversorgung entscheiden. Das reißt die Bürger auseinander. Schon jetzt ist der Ort gespalten." Unter der Drohkulisse, beide Kliniken in Seefeld und Herrsching zu schließen, werde bei den Bürgern als scheinbar einzige Lösung eine Fläche im Landschaftsschutzgebiet für einen Klinik-Neubau zur Abstimmung gebracht, heißt es im Aufruf der Initiatoren: "Die Bürgerinnen und Bürger haben damit faktisch gar keine Wahl." Mit dem Bürgerbegehren wolle man eine Lösung erreichen, die beide Grundbedürfnisse in Einklang bringt: medizinische Versorgung und Naturschutz.

Wo dies allerdings der Fall sein könnte, verraten die Initiatoren bisher nicht: Es gebe schon geeignetere Flächen, sagt Gentz zum Beispiel, will sich dazu aber nicht näher äußern. Dafür spricht er aber wieder über Herrsching, für das es seiner Meinung nach keine finale Absage gebe. Dort war eine Erweiterung der Schindlbeck-Klinik im Gespräch ebenso wie ein Neubau an der Seefelder Straße, just dort, wo einst das Gymnasium geplant war. In beiden Fällen gelten die Grundstücksverhandlungen dafür bisher als gescheitert. Der Gemeinderat wird sich aber in seiner Sitzung am Montag erneut damit befassen. Die Herrschinger Grünen hatten beantragt, sich auf einen Standort in ihrer Gemeinde festzulegen.

Aus Sicht der Seefelder Naturschützer scheint offenbar alles besser als der jetzt angedachte Standort an der Bahnhofstraße, den sie als noch sensibler einstufen als die bereits 2017 diskutierte Fläche im Aubachtal. Gegen einen Neubau dort hatten sich Bund Naturschutz, BI Eichenallee und Landesbund für Vogelschutz ebenfalls mit einem Bürgerbegehren gewehrt und Unterschriften von mehr als 1000 Seefeldern gewonnen.

"Genau deshalb wurde bei der jetzigen Standortsuche das Aubachtal ausgenommen", sagt Seefelds Bürgermeister Klaus Kögel (CSU), der seit 2020 im Amt ist. Er reagiert wenig überrascht auf das Bürgerbegehren des BN und der BI Eichenallee. "Das zeichnete sich ab", sagt er und spielt damit auf deren vorausgegangene Petition mit 1300 Unterstützern an. Bekümmert wirkt er nur in einem Punkt: "Das bedeutet einen administrativen Zusatzaufwand." Ansonsten kann er dem Ganzen auch etwas abgewinnen: "Dadurch wird sicher stärker berücksichtigt werden, dass sich ein Neubau moderat in die Landschaft fügt."

Die Initiatoren wollen nun alle Haushalte in Seefeld mit einer Unterschriftenliste versorgen und das Formular im Internet zum Download bereitstellen. Laut Gentz sind sie zuversichtlich, das Quorum von zehn Prozent, also knapp 600 Unterschriften, zusammenzubekommen - um den Entscheid möglichst parallel zum Ratsbegehren laufen zu lassen. Dieser Wunsch wird sich aber kaum erfüllen. Denn dafür müsste über die Zulässigkeit des Begehrens im Juni abgestimmt werden. Für die Prüfung des Quorums und der Adressen aller Unterzeichner räumt der Gesetzgeber der Gemeinde aber eine Frist von vier Wochen ein. Dies bedeutet: Vor Juli wird das Bürgerbegehren wohl nicht auf der Tagesordnung stehen.

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Quelle:
SZ vom 15.05.2021
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