Streit:Herrschinger CSU entmachtet Fraktionschef wegen Bürgerbegehrens zum Gymnasium

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Weil er die Unterschriftensammlung angestoßen hat, muss Willi Welte sein Amt niederlegen - und er erhebt neue Vorwürfe gegen Bürgermeister Christian Schiller.

Von Marcella Rau, Herrsching

Nachdem er das Bürgerbegehren zum geplanten Gymnasium angestoßen hat, muss Willi Welte das Amt des Fraktionssprechers der CSU im Herrschinger Gemeinderat niederlegen. An seiner Stelle wird Roland Lübeck die Fraktion führen, die sich klar gegen das Bürgerbegehren ausgesprochen hat. Diese Entscheidung haben die CSU-Gemeinderäte am Montag getroffen. Welte selbst war dem Fraktionstreffen ebenso ferngeblieben wie die Gemeinderäte Klaus Pittrich, der sich an Weltes Seite für das Bürgerbegehren über den Standort der Schule einsetzt, und Hermann Jäger.

"Wir haben uns diese Entscheidung mit Sicherheit nicht leicht gemacht", erklärt die Dritte Bürgermeisterin Christina Reich. Welte sei, so die Ansicht der Fraktion, jedoch kaum länger in der Lage, diese adäquat zu vertreten, schließlich gäbe es immer wieder Besprechungen von Bürgermeister und Fraktionssprechern. Auch durch das Bürgerbegehren wird wohl die eine oder andere Sitzung notwendig werden. Welte jedoch, der als dessen Initiator nicht unbefangen sei, könne an diesen nicht teilnehmen. An der Entscheidung habe also kein Weg vorbei geführt. "Das hat nichts mit Welte als Person zu tun."

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Welte selbst hat dafür kein Verständnis. Ein Bürgerbegehren in die Wege zu leiten sei schließlich nichts Unrechtes, findet der CSU-Gemeinderat, der aus seiner Enttäuschung keinen Hehl macht. "Immerhin habe ich mich seit 35 Jahren immer mit viel Engagement im Gemeinderat eingebracht", so Welte. Auch wenn er das Amt des Fraktionssprechers niederlegen muss, ein Parteiaustritt kommt für ihn nicht in Frage, in seiner Fraktion jedoch fühle er sich nicht länger zu Hause. "Ich sehe mich inzwischen mehr als Einzelkämpfer." Sein Mandat will Welte noch bis zum Ende der Wahlperiode ausüben. Ob er sich dann noch einmal zur Wahl stellt, bleibt jedoch fraglich. "Unter Bürgermeister Christian Schiller habe ich dazu sicherlich keine Lust. Das Vertrauensverhältnis ist komplett zerstört."

Welte will auch nicht mehr recht daran glauben, dass das Bürgerbegehren am Ende Erfolg haben wird. Schuld daran gibt er nicht zuletzt dem Rathauschef, gegen den Welte erneut schwere Vorwürfe erhebt. Dieser, so hätten es ihm mehrere Ladeninhaber berichtet, habe in Herrschinger Geschäften darum gebeten, die Unterschriftenliste, die diese ausgelegt hatten, zu entfernen. Schiller weist die Vorwürfe klar von sich. Sicherlich führe er beim Einkaufen im Ort auch das ein oder andere Gespräch. Dabei sei man natürlich auch auf das Bürgerbegehren gekommen. "Die Initiatoren dürfen Unterschriften sammeln, wo sie wollen. Ich habe lediglich empfohlen, sich gründlich zu informieren", sagt der Bürgermeister. Eine Aufforderung, die Liste wegzulegen, habe es niemals gegeben. "Wenn mich aber natürlich jemand fragt, ob ich selbst unterschreiben würde, sage ich natürlich nein."

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Welte selbst hält das Begehren nach wie vor für richtig, auch wenn ihm die massive Kritik, der er sich ausgesetzt sieht, durchaus nahe geht. Jens Waltermann (FDP) indes mahnte in der Gemeinderatssitzung am Montag an, bei all den Unstimmigkeiten einen vernünftigen Umgang beizubehalten. Der Ton in der Debatte hatte sich in den letzten Tagen deutlich verschärft, als der Mitinitiator des Begehrens, Gerhard Knülle, den Bürgermeistern Nazi-Methoden vorgeworfen hatte, nachdem diese entschieden, seine Frau solle beim diesjährigen Besuch des Chors aus Herrschings italienischer Partnergemeinde nicht als Übersetzerin fungieren.

© SZ vom 19.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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