Stockdorf:Teurer Teppichkauf

Frau erhält Bewährungsstrafe, weil sie eine Rentnerin betrogen hat

Von Christian Deussing, Stockdorf

Die Frau hatte unter fremden Namen bei der hochbetagten Rentnerin in Stockdorf angerufen und ihr wertvolle Teppiche aus Restbeständen des bekannten Münchner Geschäftes ihres Vaters günstig zum Kauf angeboten. Der Vater, so sagte sie, habe den Laden altersbedingt aufgeben müssen. Mit dieser Lüge erschlich sich die einschlägig vorbestrafte Angeklagte das Vertrauen der Stockdorferin, die insgesamt für 20 000 Euro völlig überteuerte, eher minderwertigen Teppiche erwarb. Doch dann setzte die berufslose Münchnerin noch einen drauf und lieh sich 6000 Euro, um ihrem angeblich schwerverwundeten Sohn in einem Lazarett in Israel helfen zu können. Statt den Kredit zu begleichen, wollte die Frau dann weitere 11 000 Euro erbetteln - damit der Sohn eine neue Niere erhalten könne. Auch das war erlogen. Die 69-jährige Münchnerin, die sich geständig zeigte, wurde jetzt wegen Betrugs vom Amtsgericht Starnberg zu einer einjährigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilt.

Die Fälle spielten sich bereits im Herbst 2013 ab. Der Betrug war seinerzeit aufgeflogen, weil ein Nachbar des gutgläubigen Opfers auf dem Weg zur Bank misstrauisch geworden war. "Ich habe sie gewarnt und die Polizei verständigt", sagte der Zeuge vor Gericht. Die Rentnerin hatte deshalb auf der Handy-Mailbox der mutmaßlichen Betrügerin mitgeteilt, dass die erwünschten 11 000 Euro nicht vorhanden wären und sie nicht wieder zu kommen brauche. Doch die Nachricht kam nicht an, weil auch die Handy-Nummer falsch war. Das wurde der Täterin am nächsten Tag zum Verhängnis, als sie mit ihrer Nichte den Betrag bei der Gläubigerin abholen wollte. Denn dort warteten schon die Polizisten.

"Ich habe zuerst alles geglaubt und hatte Mitleid", sagte die 92-jährige Stockdorferin im Prozess. Die Vorfälle hatte sie genau protokolliert. Dass sie mit "herzzerreißenden Lügengeschichten so kalt betrogen" worden sei, habe sie sehr enttäuscht und ihr besonders psychisch zu schaffen gemacht, erzählte die Rentnerin. Die Angeklagte entschuldigte sich bei ihrem Betrugsopfer und beteuerte, dass ihr Sohn tatsächlich schwer krank gewesen und mittlerweile gestorben sei. Sie habe ihn retten wollen, aber kein Geld für eine Lebertransplantation gehabt. Es gab auch die Version, dass der Familienvater wegen einer speziellen Operation vom Klinikum Großhadern nach Zürich verlegt werden müsste.

Das Motiv sei die finanzielle Notsituation seiner Mandantin gewesen, die mit "Legenden" das Problem ihres leidenden Sohns noch dringlicher machen wollte. Sie habe aber kein armes Opfer ausgesucht und es "nicht um die Ersparnisse gebracht", betonte der Anwalt. Zudem wolle die Angeklagte versuchen, die 6000 Euro zurückzuzahlen. Nicht nur daran hatte der Staatsanwalt aber seine Zweifel. Er verwies auch auf die Straftaten, mit denen die Frau schon lange Zeit ihr Leben finanziere. Der Ankläger forderte deshalb eine 15-monatige Haftstrafe ohne Bewährung.

Die mittellose Frau muss zwar nicht ins Gefängnis, aber mindestens 600 Euro an die Rentnerin zahlen. Sie erhält zudem einen Bewährungshelfer und soll sich endlich beim Sozialamt melden - und sich vor allem nicht mehr mit Betrügereien über Wasser halten.

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